Jede Menge aktuelle Herausforderungen
20. Spalter Rohstofftag | „Die Probleme bei Getreide und Hopfen hätten alleine schon gereicht, um diesen Rohstofftag mit Inhalt zu füllen. Und dann noch der Krieg in der Ukraine, die Energiekosten, die Lieferkettenprobleme ... Man fühlt sich dem nahezu hilflos ausgeliefert, aber genau dafür sind Veranstaltungen wie diese gut!“
Das sagte Mario Schäfer, Private Brauereien Bayern, anlässlich des 20. Spalter Rohstofftag am 11. Oktober 2022 in der Hopfenhalle der HVG Spalt vor ca. 100 Teilnehmern. Diese stimmten dem zu, waren sie doch wieder nach Spalt gekommen, um sich bei dieser gemeinsamen Veranstaltung der Privaten Brauereien Bayerns, dem Bayerischen Brauerbund (BBB) und der HVG Spalt über die ersten Ernteergebnisse und die Situation auf dem Braugersten- und Hopfenmarkt zu informieren.
Hopfenjahr 2022: Zu trocken, zu warm, zu teuer
Gastgeber Dr. Frank Braun, HVG Spalt, und Wolfgang Jank, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth, gaben einen Einblick in die regionale Ernte- und Marktsituation im Hopfen. „Ich kann es kurz machen: Dieses Jahr war zu trocken, zu warm und zu teuer!“ sagte Jank. In Spalt erwartet man 2022 nur 390 t Hopfen. Zur kleinen Erntemenge kommen geringe Alphawerte hinzu. „Wir haben etwa ein Drittel einer Normalernte“, sagte Braun. „Im Vergleich zu dem guten Jahr 2021 war es sogar nur ein Viertel, aber dank des Vorjahres haben wir gut gefüllte Läger.“
Die regionalen Ernteergebnisse ergänzte Dr. Johann Pichlmaier, HVG Wolnzach, um den Blick auf die nationale und internationale Situation: Der Weltbierausstoß zeigt nach 2021 auch 2022 wieder einen leicht positiven Trend. Die großen Biernationen China und USA liegen allerdings im Minus, in den USA sind erste Anzeichen einer Marktsättigung im Craft Bier-Bereich zu erkennen, und auch die Befürchtung, dass die aktuellen Krisen und die Inflation zu einem geringeren Konsum von Premiumbieren führen könnten, sorgen zusätzlich zum Kostendruck für Unsicherheiten auf dem Hopfenmarkt. Für das Jahr 2022 rechnet man global mit 109 962 t Hopfen (2021: 129 917 t) und etwa 11 500 t Alphasäure, was gegenüber 2021 einen Minderertrag von 20 Prozent bedeutet. In Deutschland erntete man 35 850 t Hopfen bzw. 3900 t Alphasäure (2021: 47 862 t Ertrag bzw. 6240 t Alphasäure).
(Anmerk. der Redaktion: Die offiziellen Werte der Arbeitsgruppe Hopfenanalyse zu den Alphasäuregehalten der frühen Hopfensorten in Deutschland finden Sie auf Seite 1082. Die komplette Liste folgt nach Abschluss der Analysen aller Sorten.)
Auch Dr. Pichlmaier rechnet trotz der schwachen Ernte kurzfristig nicht mit Versorgungsproblemen. Trotzdem werden sich die aktuellen Herausforderungen von Klimawandel über Kostensteigerungen bis zu den Folgen des Ukrainekrieges auf das Vorvertragswesen (kürzere Laufzeiten, Preisaufschläge für späte Jahre, höhere Kontraktpreise) auswirken. Langfristig seien steigende Risiken nicht auszuschließen. Hier gelte es, frühzeitig mit Maßnahmen wie Sortenwechsel, Bewässerung, (höheren) Lagerbeständen, Beschaffungskontrakten für Betriebsmittel, aber auch Preisanpassungsklauseln gegenzusteuern.
Braugerste 2022
Der zweite Themenblock war dem Gersten- und Malzmarkt gewidmet. Christoph Neugrodda, Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie der TUM-Weihenstephan, fasste die Sommergersten-Ernte 2022 so zusammen: In diesem Jahr stehen ca. 1,3 Mio t Braugerste zur Verfügung, der Eiweißgehalt liegt bei durchschnittlich 10,4 Prozent, der Vollgerstenanteil bei 89,3 Prozent. In Bayern, Sachsen und Thüringen sind die Vollgerstenanteile unbefriedigend, was der Trockenheit geschuldet ist. Dafür ist das Getreide sehr gesund. Erste Ergebnisse der Frühvermälzungsversuche am Lehrstuhl ergaben bei Wassergehalt, Rohproteingehalt und Wasserempfindlichkeit durchschnittliche Werte. Neugrodda wies aber auf mögliche Veränderungen der Verkleisterungstemperatur hin, die nicht auszuschließen seien und mit einer Anpassung der Sudhausarbeit korrigiert werden sollten.
Volker Schenkel, Fa. Ireks, Kulmbach, ergänzte dies mit einem Blick auf den Getreidemarkt. Seit 2017 liegen im weltweiten Getreidehandel Produktion und Bedarf auf gleichem Niveau, so dass keine Bestände aufgebaut werden können. Trotz Hitze und Trockenheit war die Ernte in Deutschland recht gut, dennoch besteht ein Importbedarf von ca. 1,1 Mio t Braugerste, also weiterhin eine große Abhängigkeit vom Ausland. Erschwerend kommt hinzu, dass wegen der schlechten Getreideernte 2021 schon frühzeitig auf die neue Ernte zurückgegriffen werden musste, so dass Landwirtschaft und Handel nun auf eine gute und frühe Ernte 2023 hoffen (vgl. Beitrag Braugerstenreport auf dieser Seite).
Die Rohstoffversorgung
Den letzten Themenblock Rohstoffversorgung gestalteten die Organisatoren selber. „Wie nachhaltig ist unsere Rohstoffversorgung?“, fragte Walter König, BBB, und zeigte am Beispiel des Hopfenringes auf, wie aus einer Forderung des Heineken-Konzerns nach zertifiziert nachhaltigem Hopfen ein Programm entstand, das die Forderung des Brauriesen bei weitem übererfüllte und dem Hopfenbau im Bereich Nachhaltigkeit einen gewaltigen Schub verlieh. Und es ist inzwischen noch mehr passiert: Seit 2018 gibt es Ansätze, die Systematik des Erzeugerrings Hopfen auf den Bereich Braugerste zu übertragen, was nicht zuletzt darin resultierte, dass der BBB zusammen mit der Uni Herdecke das Online-Tool Nachhaltigkeits-Manager entwickelte, das Brauereien nutzen können, um ihren Betrieb zu prüfen (siehe auch BRAUWELT Nr. 14/15, 2022, S. 346).
Strategien für die Risiko-minimierung in der komplexer werdenden Rohstoffversorgung zeigte schließlich Mario Schäfer auf. Sowohl für den Hopfen- als auch den Malzbezug sind dies vor allem Kontrakte und Verträge als Absicherung. Auch regionale Erzeugergemeinschaften und ökologische Produkte können sinnvoll sein. Schäfer riet den Brauern zum Ausprobieren neuer Züchtungen und zum evtl. Anpassen von Rezepten als Reaktion auf die Folgen des Klimawandels. Letztendlich gehört aber auch die Kontaktpflege zwischen Hopfenpflanzer, Landwirt, Mälzer und Brauer dazu.
Und dafür war der 20. Hopfentag in Spalt auch in diesem Jahr wieder ein gelungenes Beispiel.
Schlagworte
Braugerste Hopfen Nachhaltigkeit Seminar
Autoren
Lydia Junkersfeld
Quelle
BRAUWELT 42, 2022, S. 1077-1078