Ein bunter Themenstrauß rund um die Braugerste
Braugerstenseminar | Das Braugerstenseminar im Rahmen der 106. VLB-Oktober-Tagung am 15. Oktober 2019 startete mit einer traurigen Nachricht. Am Tage zuvor war der Gründer des Braugerstenseminars Prof. Reinhold Schildbach im Alter von 86 Jahren in Berlin verstorben.
VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine würdigte den langjährigen wissenschaftlichen Leiter der VLB, den Buchautor und weltweit anerkannten und mit zahlreichen Auszeichnungen versehenen Experten für Braugetreide. Die Teilnehmer des Seminars ehrten den Verstorbenen mit einer Schweigeminute.
Europa ist gut versorgt
Prof. Schildbach wäre sicher mit dem diesjährigen, wiederum vielfältigen Programm „seines“ Braugerstenseminars einverstanden gewesen. Den Anfang des von Henrike Vorwerk moderierten Nachmittages machte Matthias Wree, Evergrain, Hamburg, mit dem traditionellen Beitrag über die aktuelle Situation auf den nationalen und internationalen Braugerstenmarkt nach der Ernte 2019. Wree stellte Erntemengen, Importbedarf und Exportmöglichkeiten gegenüber, um mit einem beruhigenden Fazit zu enden: Auch wenn es in einigen Regionen Deutschlands Probleme mit trockenheitsbedingten Mindererträgen gab, steht dank der guten Ernte in Frankreich europaweit genügend Braugerste zur Verfügung. Es gab lediglich kleinere Probleme mit regional zu geringen Eiweißgehalten französischer Gersten. In der EU wird mit einem Überschuss von 800 000 t Braugerste gerechnet plus 300 000 t aus Großbritannien. Auf Grund des erwarteten Überschusses sind die Preise aktuell niedrig.
Pflanzenzüchtung oder Klimawandel – wer ist schneller So lautete der Vortrag von Dr. Claus Einfeldt, Ackermann Saatzucht, Irlbach. Er zeigte die zu erwartenden Folgen steigender Temperaturen, zunehmender Dürre und immer extremeren Wetterereignissen auf und stellte die Möglichkeiten der Züchtung vor, Dürre-, Hitze- und schädlings- oder krankheitsbedingten Schäden zu begegnen. Neue Züchtungsziele sind Effizienz in der Wasser- und Nährstoff-Aufnahme, Resistenz gegen Virosen, Blatt- und Ährenkrankheiten oder auch Sorten mit veränderten Reifezeiten. Viele Projekte sind schon angelaufen, und Dr. Einfeldt sieht die Forschung auf einem guten Weg, in der eingangs genannten Frage zumindest ein „unentschieden“ zu erreichen.
Vom Malz zum Bier
Neben den Aspekten zur Braugerstenzüchtung und -ernte sind beim Seminar auch stets die Brauerei-relevanten Themen vertreten. Henrike Vorwerk berichtete von der jetzt erfolgenden branchenweiten Umstellung der Malzanalytik ausschließlich auf das Isotherme 65 °C-Maischverfahren. Siehe hierzu auch das ausführliche Interview in dieser BRAUWELT-Ausgabe mit Dr. Georg Stettner und Walter König als Vorsitzendem bzw. Geschäftsführer der Braugerstengemeinschaft ab Seite 1253.
Zum Abschluss des Seminars gewährte Michael Féchir, Hochschule Trier und Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, einen Einblick in die Analytik von Malzaromakomponenten. An 25 Malzen und zehn Bieren aus Versuchssuden untersuchte er die flüchtige Zusammensetzung in Malz, Bier sowie deren Zwischenprodukte sensorisch und analytisch. Dabei identifizierte er als Haupteinflussfaktoren bei Darrmalz die Getreideart, die Keimfeuchte und -temperatur sowie die Abdarrtemperatur. Im Gegensatz zu den schwierig und nur mit großem Aufwand analysierbaren Schlüsselaromastoffen stellte er eine Auswahl an Markersubstanzen vor, die mit der angewendeten Methode vergleichsweise leicht nachweisbar sind und dabei signifikante Konzentrationsunterschiede zwischen einzelnen Malzsorten zeigen. Durch chemische Ähnlichkeiten dieser beiden Substanzgruppen lassen sich möglicherweise Korrelationen zwischen Schlüsselaromastoffen und definierten Markersubstanzen nachweisen, die eine Vorhersage sensorischer, von der Mälzungstechnologie abhängiger Eigenschaften im Bier erleichtern, wie er an weiteren Versuchen zeigen möchte.
Das 48. Internationale Braugerstenseminar schloss in guter Tradition mit einem Ausklang bei Bier und Imbiss im Hotel Berlin.