Kleine Projekte mit großer Wirkung
Wissenschaftliche Station für Brauerei | Großen Anklang hatte die Einladung der Wissenschaftlichen Station für Brauerei in München zur 141. Ordentlichen Mitgliederversammlung gefunden. Mit fast 50 Teilnehmern aus Wissenschaft und Forschung durfte sich ihr Vorsitzender Werner Mayer über eine große Runde interessierter Zuhörer freuen, die sich am 29. Juni 2023 im Besucherraum der Spatenbrauerei in der Münchner Marsstraße zusammengefunden hatten.
Zu Beginn der Sitzung wurde zunächst in einer Schweigeminute der verstorbenen Mitglieder gedacht: Im November waren im Alter von 97 Jahren Ehrenmitglied Prof. Ludwig Narziß und im Januar 2023 Dr. Georg Ohneis mit 85 Jahren verstorben.
Bevor die Tagesordnung zu den Berichten über geförderte Forschungsvorhaben kam, galt es einige Regularien zu absolvieren. Dazu gehörten die Entgegennahme des Tätigkeitsberichtes des Vorstandes und der Jahresabrechnung für 2022 sowie des Berichts des Schatzmeisters. Trotz steigender Zinsen haben sich die Fördermöglichkeiten der Wissenschaftlichen Station nicht wesentlich verbessert. „Die Station hat sich aber gut geschlagen“, betonte Mayer, und auch in diesem Jahr konnten allen sechs Neuanträgen eine Förderung zugesagt werden (siehe Kasten). Dabei unterstützt die Station die verschiedenen Projekte in den kommenden Monaten mit insgesamt 44 000 EUR, weitere 35 000 EUR für zwei der Projekte übernimmt die Edith-Haberland-Wagner-Stiftung, der dafür seitens des Vorstandes herzlich gedankt wurde.
Vorstandsmitglied Christian Dahnke betonte im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung die Notwendigkeit, die Ergebnisse bearbeiteter Projekte zu publizieren, um Transparenz zu schaffen und – zum Nutzen der gesamten Branche – die Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis zu ermöglichen.
Spannende, praxisnahe Forschungsergebnisse
Die Moderation der Forschungsberichte übernahm in bewährter Weise Vorstandsmitglied Dr. Peter Hellich. Den Anfang machte Dr. Florian Lehnhardt, Forschungszentrum Weihenstephan, der über die Entwicklung einer Schnellmethode zur Erfassung phenolischer Aromen aus Mikroorganismen berichtete. Die Methode ist am Forschungszentrum mittlerweile regelmäßig im Einsatz zur Analyse von Fehlaromen, bzw. konkret von Phenolic Off Flavor (POF) aus Mikroorganismen, und verspricht weitere Verwendungsmöglichkeiten.
Neue Forschungsprojekte der Wissenschaftlichen Station
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Daran schloss Dr. Martina Gastl, Forschungszentrum Weihenstephan, mit einem Vergleich der Qualitätseigenschaften von Sommerbraugersten in Frühjahrs- oder Herbstaussaat an, da die Herbstaussaat von Sommergerste angesichts der veränderten klimatischen Bedingungen zunehmend interessant wird. Auch wenn der Stichprobenumfang aktuell noch klein ist, so zeigen sich doch bereits Tendenzen. Die Herbstaussaat-Malze erreichen die geforderten Spezifikationen, haben jedoch etwas differierende Malzqualitäten: Cytolyse und Proteolyse sind weiter fortgeschritten, Alpha- und Beta-Amylaseaktivitäten liegen tendenziell niedriger, wie auch die Verkleisterungstemperaturen.
Nur kurze Ausblicke zu ihren gerade anlaufenden Projekten gaben Kathrin Lutz und Florian Weiß, beide Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), zu zwei Projekten im Bereich Pflanzenschutz im Hopfen (Biologischer Pflanzenschutz bzw. Früherkennung von Verticillium-Welke). Weiter ist da Dr. Bianca Büttner, LfL, die aus ihrem Projekt zur Nach-Sequenzierung des Hopfengenoms ein Vorhersagemodel entwickeln konnte, das die Ausprägung phänotypischer Merkmale aufgrund genotypischer Daten ermöglicht. Am besten sei die Vorhersagbarkeit bei der Unterscheidung weiblicher und männlicher Pflanzen, beim Alphasäuregehalt und in puncto Mehltauanfälligkeit, betonte sie. Dieses Vorhersagemodel würde in der sonst langwierigen Züchtung neuer Hopfensorten erhebliche zeitliche und finanzielle Einsparungen bedeuten, wenn z. B. die Anfälligkeit für Verticillium-Welke frühzeitig erkannt werden könnte.
Den Abschluss des Vortragsprogramms übernahmen Lisa Obermaier und Simone Jahner aus der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Rychlik, Lehrstuhl für Analytische Lebensmittelchemie, mit ihrem Projekt zur Bestimmung des Vitamin B6- und -B9-Gehaltes im Verlauf des Brauprozesses. Bisher konnte bereits die Methodik optimiert werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Gehalte von Vitamin B6 und B9 in erster Linie von den Rohstoffen beeinflusst werden. Weitere Untersuchungen sollen den Einfluss der Keimungsbedingungen beim Mälzen, die Möglichkeiten durch Anpassung des Maischverfahrens und den Einfluss der Hefe klären. Ziel des Projektes wäre möglichst eine Auslobung der Vitamingehalte auf alkoholfreien Bieren.
Nach diesen vielen spannenden Forschungsergebnissen kamen die Teilnehmer der Einladung zum Abendessen auf dem Siloturm mit fantastischem Ausblick über München gerne nach.
Schlagworte
Braugerste Hopfen Bieranalytik Verbandstreffen Forschung Züchtung Pflanzenschutz Malzanalytik
Autoren
Lydia Junkersfeld
Quelle
BRAUWELT 29, 2023, S. 705-706
Firmen
- Wissenschaftliche Station für Brauerei in München e.V., München, Deutschland