„Durch den Wegfall traditioneller Gemeinschaften, den Zerfall bestehender Sicherheit sowie die Liberalisierung der Märkte wächst die Sehnsucht nach vorbildlichen und zuverlässigen Wegbegleitern. Die Marke von Morgen wird zu einer Art Glaubensersatz …“
Rohstoffknappheit, Lebensmittelverteuerung, Energiekosten – wenn der Brauer nach einem harten Arbeitstag daheim den Fernseher anschaltet oder die Zeitung aufschlägt, wird er mit denselben Problemen konfrontiert wie im Betrieb. Die Probleme sind nahezu überall identisch – der Druck, eine Lösung zu finden, steigt.
Die drohenden Gewitterwolken der EU-Alkoholpolitik lassen uns nicht los. Da berichtet die FAZ am 22. April, einen Tag vor dem des Deutschen Bieres, über ein europäisches Forum „Alkohol und Gesundheit“ in Brüssel. 46 Unternehmen sowie Nicht-Regierungsorganisationen haben sich zu einer wirkungsvolleren Bekämpfung des Alkoholmissbrauches verpflichtet. Angesichts von jährlich 200 000 Toten durch Alkoholmissbrauch in der EU erwarte die zuständige EU-Kommissarin von der Alkoholindustrie, dass sie ihre Produkte verantwortungsvoll vermarktet und sie nicht bei Minderjährigen bewirbt, ist weiter zu lesen. So, als würde bisher nichts, aber auch gar nichts unternommen, um den Verbraucher von schädlichem Alkoholkonsum abzuhalten und zu einem maßvollen, genussvollen Trinken zu bewegen.
Eine große Bierkultur zu haben und zu pflegen – das schreiben sich die Kulmbacher besonders auf die Fahnen. Immerhin nennen sie sich „die heimliche Hauptstadt des Bieres“. Auch der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein ist sich der Bedeutung Kulmbachs für das Bier bewusst, weshalb er höchstpersönlich die neue Abfüllanlage der Kulmbacher Brauerei offiziell in Betrieb nahm. „Bier ist ein Kulturgut, Teil bayerischer Lebensart und nicht zuletzt ein Imageträger“, hob er in seiner Rede heraus. Er werde sich in Brüssel dafür einsetzen, dass beim Thema Alkoholpolitik nur so viel geregelt werde, wie unbedingt geregelt werden müsse. Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei!
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Ob alte Floskel oder altbekannte Weisheit, hoch aktuell ist es allemal. Wie sieht die Getränkewelt von morgen aus? Mit welchem Produkt treffe ich den Kundengeschmack? Es gilt, einen Spagat zu schaffen zwischen den steigenden Qualitätsansprüchen des Kunden und dem Wunsch, die Kosten bzw. den Preis zu senken. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob der „Kunde“ eine Brauerei oder der Endverbraucher ist.
Dieses Szenario entwarf Dr. Johann Pichlmaier, HVG, Wolnzach, in seinem Vortrag auf der 95. Brau- und Maschinentechnischen Arbeitstagung der VLB in Kulmbach. Aufgrund der schlechten Versorgungslage beim Hopfen und der zu erwartenden Entwicklung sei es, „weltweit betrachtet, nicht auszuschließen, dass Bier nicht gebraut werden kann, weil es an Hopfen mangelt“ (S. 361). Inwieweit sich die Marktlage entspannen wird, ist vom Bierabsatz, den künftigen Anbauflächen, klimatischen Schwankungen sowie der Verwendung vorisomerisierter Produkte abhängig. Bei deren Herstellung herrschen jedoch Kapazitätsengpässe.
Sie werden sich sicherlich fragen, was eine solche Überschrift über dem Editorial der Brauwelt zu bedeuten hat. Nun, sie soll Anregung geben. Anregung, über die üblichen Themen im Bereich Marketing hinauszugehen. Peter Zernisch, Köln, hatte es beim vergangenen Bayerischen Brauertag drastisch formuliert: „Die Brauer sprechen in Richtung ihrer Konsumenten zu viel über Technologie und Geschmack, aber zu wenig über Genuss!“ Mutig, so fand ich damals seine Aussage vor den zahlreich anwesenden Technologen. Zernisch überzeugte aber mit seinen Ausführungen, wahrer Genuss bedeute sehr viel mehr als „nur“ ein hervorragendes Produkt. Dazu braucht es Emotionen. Die Technologie ist unverzichtbar für ein gutes Produkt – eine gute Marketing-Strategie, eine gute Geschichte, ein gutes Image sind essentiell, um das Produkt Bier auch zu verkaufen.
Was bleibt in einer Zeit steten Wandels? Diese Frage stellte Hans Georg Sarx anlässlich der Verleihung des Dr.-Sarx-Gedächtnispreises. Während draußen die Abrissarbeiten an den Silos der ehemaligen Friedrich Weissheimer Malzfabrik für einen kurzen Moment ruhten, wurde im Inneren der Genoveva-Kapelle auf dem altehrwürdigen Firmengelände zum zehnten Mal der Dr.-Sarx-Gedächtnispreis an junge Wissenschaftler verliehen (S. 281). „Es bleibt eine Kultur des Wissens und der wissenschaftlichen Neugier, die wir Ihnen als Erbe mit auf den Weg geben wollen“, so Sarx. Diese Auszeichnung soll der Förderung der Brauwissenschaft dienen und junge Brauwissenschaftler zur Fortführung ihrer Arbeiten ermutigen. Ein vorbildliches Beispiel, das zur Nachahmung empfohlen wird.
„Betriebe, die sich der Wissenschaft verschließen, werden irgendwann Nachteile gegenüber ihren klügeren Mitbewerbern haben.“ Dies sagte Hans-Georg Sarx bei der Verleihung des Dr. Sarx-Gedächtnispreises der Weissheimer-Stiftung am 28. Februar in Andernach (Die Brauwelt wird darüber gesondert berichten.) Umso wichtiger ist es, durch kontinuierliches Engagement Forschungskapazitäten und Know-how zu halten, denn Expertise lässt sich nicht auf Knopfdruck herbeizaubern. Gut, dass sich im Lande (bisher) eine traditionsreiche Kultur des Wissenstransfers in die Praxis hinein erhalten hat. Beispielhaft seien Veranstaltungen wie die VLB-Tagungen (die 95. findet demnächst in Kulmbach statt) oder das 41. Technologische Seminar in Weihenstephan. Wie sehr Theorie und Praxis ineinandergreifen – davon können Sie sich in unserem Bericht über „Moderne Hefetechnologie“ beim diesjährigen Technologischen Seminar ab Seite 237 überzeugen.
Der Rückblick auf ein turbulentes Jahr 2007 in der Braubranche, den der Bayerische Brauerbund während seiner Pressekonferenz Anfang Februar bot, gab gleichzeitig den Blick frei für weitere aufsteigende Rauchwolken. Auf der gut besuchten Veranstaltung kamen die aktuellen „Baustellen“ der Branche zur Sprache.
Diese ebenso alte wie nach wie vor gültige Weisheit kam mir sofort in den Sinn, als ich die verschiedenen Artikel und Nachrichten las, die Sie im vorliegenden Heft finden. Diese Botschaft zieht sich durch auffallend viele Beiträge, so als wäre nun ein Wendepunkt erreicht.
Es gibt derzeit viele Themen, die die deutsche Brauwirtschaft beschäftigen. Bei einigen Themen ist eine Lösung absehbar. Inwiefern die Brauer inhaltlich Einfluss nehmen können, bleibt abzuwarten. So soll voraussichtlich zum Jahresende die Nachfolge von Prof. Werner Back am Lehrstuhl für Technologie der Brauerei I in Weihenstephan geklärt sein. Dies stellt er selbst am ersten Tag des 41. Technologischen Seminars in Freising in Aussicht, das unter dem Motto „Rückblick und Ausblick“ stand (S. 113). Dr. Lothar Ebbertz, Schirmherr der Veranstaltung, forderte in seinem Grußwort einen engen Schulterschluss von Instituten, Verbänden und der Brauwirtschaft, um die Bedürfnisse des Brauwesens in Weihenstephan vernehmbar in Richtung Politik zu äußern. Andere Fakultäten machen es uns mit einer bemerkenswerten Entschlossenheit vor.
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