Der richtige Kniff – bei Lagerbieren geht es ins Detail
Herausforderung „Helles“| Lagerbiere sind weltweit die beliebtesten Biere und machen den größten Sortenanteil aus. In Deutschland schreibt seit einigen Jahren gerade das Helle eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Aber was macht ein gutes Helles bzw. ein gutes Lagerbier aus? Was sind die Anforderungen bzw. die Erfolgsrezepte, und welche brautechnologischen Zusammenhänge bestehen bei der Herstellung?
Mit wichtigen Detailinformationen hierzu werden die Teilnehmer der Doemens Impulse am 2./3. Februar 2023 versorgt. Die Veranstaltung widmet sich in einem „Rundumschlag“ den Besonderheiten im Brauprozess und den sensorischen Auswirkungen von Lagerbieren. Dr. Michael Zepf, Leiter der Doemens Genussakademie, schildert im folgenden Interview mit Andreas Hofbauer, Leiter PR Doemens, die Besonderheiten klassischer Lagerbiere und warum die Teilnehmer der Doemens Impulse bei ihrer täglichen Arbeit profitieren werden.
Herr Dr. Zepf, warum erfahren klassische Lagerbiere in den letzten Jahren eine so hohe Beliebtheit in ganz Deutschland?
Dr. Michael Zepf: Lagerbiere sind nicht nur in Deutschland, sondern weltweit seit über hundert Jahren die beliebtesten Biere und machen prozentual mit Abstand den größten Anteil des Bierkonsums aus.
Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale eines klassischen Lagerbieres?
Dr. Zepf: Ein Lagerbier muss überzeugen durch seinen ausgewogenen Charakter, seinen milden Abgang und seine hervorragende Drinkability. Dies gilt in gleichem Maße für ein Pils mit ausgeprägtem Hopfen-Charakter als auch für ein Märzen mit eher malzbetonten sensorischen Eigenschaften.
Welche Bedeutung haben Farbe, Schaum und Tannin?
Dr. Zepf: Die Farbe muss natürlich exakt dem Bierstil entsprechen, was insbesondere bei sehr hellen Bierstilen wie Hell oder Pils durchaus eine technologische Herausforderung darstellt. Eine schöne, stabile und cremige Schaumkrone auf einem Hell oder einem Pils stellt die Visitenkarte des Braumeisters mit seinem Team dar, weil nur eine perfekte Brautechnologie einen sehr guten Schaum hervorbringt. Die Zusammensetzung der einzelnen Gerbstoff-Fraktionen wird zwar selten näher betrachtet, hat aber einen sehr wichtigen Einfluss auf den Nachtrunk des Bieres und beeinflusst daher die Drinkability nachhaltig.
Wie würden Sie persönlich ein wohlschmeckendes Helles charakterisieren?
Dr. Zepf: Ein Helles ist vielleicht einer der am meisten missverstandenen Bierstile überhaupt. Denn ein Helles soll nicht mit einer ausgeprägten Charakteristik überzeugen, sondern vielmehr durch eine elegante Balance aus den Malz- und Hopfen-Aromen. Es soll weder zu süß noch zu bitter sein, weder zu viel noch zu wenig vollmundig, eine leichte Hopfenaromatik ja, aber nicht zu viel. Im Antrunk frisch, im Abgang weich. Diese balancierte und elegante „Unaufgeregtheit” bei einem Hell ist genau der Schlüssel zur Perfektion, die die Biertrinker außerhalb Bayerns lange nicht verstanden und den Bierstil häufig als „langweilig” und „nichtssagend” eingestuft haben. Genau dies ändert sich erfreulicherweise in den letzten Jahren.
Der Titel der Doemens Impulse 2023 klingt provokant. Die Herstellung eines klassischen Lagerbieres wird oft unterschätzt, so das Credo?
Dr. Zepf: Das Rezept eines hellen Lagerbieres ist weitgehend festgelegt, und es bestehen hierbei nur sehr beschränkte Möglichkeiten der Kreativität. Setzt man die Auswahl an hochqualitativen Rohstoffen als gegeben voraus, entscheidet sich die Qualität eines hellen Lagerbieres fast ausschließlich über die Brautechnologie vom Schroten bis zur Abfüllung. Jeder noch so kleine Schritt auf dem gesamten Weg des Brauprozesses hat seine Wirkung auf die Qualität. Das technologische Wissen, ein Verständnis für die Zusammenhänge sowie eine ausreichende Erfahrung des Brauer-Teams ist die Grundvoraussetzung für ein „ganz normales Helles“.
Der Konsument schmeckt die „Bierfehler“ bzw. die Unterschiede „seines“ Lagerbieres. Ein konstant gleichbleibendes hohes Niveau muss daher oberste Priorität haben?
Dr. Zepf: Insbesondere bei einem Lagerbier treten jegliche Bierfehler viel deutlicher in den Vordergrund. Eine Maskierung von leichten Fehlern, wie etwa bei hopfen-betonten obergärigen Bieren, ist bei einem Lagerbier so gut wie nicht gegeben. Eine gleichbleibende und lückenlos überwachte Brautechnologie ist daher eine Grundvoraussetzung für eine konstante Qualität ohne Schwankungen.
Was sind die wichtigsten Einflussfaktoren im Rahmen der Sudhausarbeit bei der Herstellung von Lagerbieren?
Dr. Zepf: Viele unterschiedliche Wege führen häufig zum gleichen Ziel. So auch in der Sudhaustechnologie, in der es nicht nur einen Weg gibt, sondern die Aneinanderreihung unterschiedlicher Technologien in ihrem Zusammenspiel und ihrer Wirkung aufeinander bestimmend sind. Das Wissen und die Erfahrung sind auch hier sehr gefragt. Als Beispiel seien hierbei nur die unterschiedlichen Schrotungsverfahren genannt, die alle diverse Vor- und Nachteile mit sich bringen und immer auch im Zusammenhang mit den jeweiligen Maisch- und Läuterverfahren zu sehen sind.
Sie gelten als ausgewiesener Hefeexperte: Wie sieht ein effizientes Hefemanagement bei der Herstellung von Lagerbieren aus?
Dr. Zepf: Die Qualität eines Lagerbieres wird nicht von der Endproduktkontrolle in der Brauerei bestimmt, sondern vom Konsumenten im Augenblick des Verzehrs. Dem Konsumenten sind alle analytischen Werte völlig gleichgültig. Für ihn zählen nur die Optik und der Geschmack. Daher sind zwei Faktoren sehr entscheidend, die beide maßgeblich auf das Hefemanagement zurückzuführen sind: der Schaum und die Frische. Beides hängt enorm davon ab, wie das Brauer-Team das Werkzeug „Hefe“ versteht und damit richtig umgeht.
Sie werden im Rahmen der Doemens Impulse zwei Vorträge halten. Einer beschäftigt sich mit der langen Kalt-Lagerung. Was ist dabei in Ihren Augen Mythos, was Wahrheit?
Dr. Zepf: Wie so oft gibt es auch hierbei zwei Seiten einer Medaille. Auf der einen Seite fördert eine kalte und lange Lagerung eine gute kolloidale Stabilität, und CO2 wird gut und feinperlig eingebunden, was zu einem angenehmen Mundgefühl beiträgt. Auf der anderen Seite kann ein zu frühes Abkühlen auf die kalte Lagerkellertemperatur zu geschmacklichen Problemen führen. Ist ein Bier nach der Gärung qualitativ nicht einwandfrei, führt auch eine noch so lange kalte Lagerung zu keiner Verbesserung. Achtet man nicht ausreichend auf die Entfernung von abgesetzter Hefe, führt eine längere kalte Lagerzeit weniger zum gewünschten Ergebnis als vielmehr zu qualitativen Problemen.
Die Doemens Impulse 2023 mit dem Titel „Klassische Lagerbiere kann jeder? – Brautechnologische Kniffe für Helles und Pils auf Topniveau“ machen einen „Rundumschlag“ bei der Themenauswahl. Inwiefern profitiert der interessierte Brauer/Braumeister von einer Teilnahme?
Dr. Zepf: In einem sorgfältig zusammengestellten Seminarprogramm von nur zwei Tagen bekommen die Teilnehmer viel Detailinformation aus den für das Brauen von Lagerbieren wichtigen Bereichen.
Gerade dieser „Rundumschlag” macht dieses Seminar so attraktiv, weil es trotz seiner Breite immer fokussiert bleibt auf die Besonderheiten im Brauprozess und die sensorischen Anforderungen von Lagerbier. Da Lagerbier in Deutschland und weltweit mit Abstand die wichtigste Biergattung darstellt, wird jeder Teilnehmer des Seminars enorm für seine tägliche Arbeit profitieren und von den zwei Tagen viel Erfahrung und Wissen mit nach Hause nehmen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Andreas Hofbauer, Doemens Academy.
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Autoren
Andreas Hofbauer
Quelle
BRAUWELT 51-52, 2022, S. 1370-1372
Firmen
- Doemens Academy GmbH, Gräfelfing, Deutschland