Alkoholfrei bewegt
Doemens Impulse | Die Doemens Impulse 2024 am 1. und 2. Februar 2024 zur Technologie der alkoholfreien Biere standen unter dem Motto „Der Wurm muss dem Fisch schmecken“.
Denn auf die eingangs von Doemens-Geschäftsführer Dr. Werner Glossner gestellte Frage: „Wer liebt alkoholfreies Bier?“ wollte kaum einer der anwesenden über 100 Braumeister positiv antworten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht war die Zustimmung höher. Der anhaltende Trend zum alkoholfreien Bier und dessen auf zehn Prozent hin steuernder Marktanteil ist angesichts rückläufiger Bierabsätze für kaum eine Brauerei mehr zu ignorieren.
Dr. Uwe Lebok, K & A Brand-Research AG, spannte den marketing-technischen Rahmen auf. Das gegenwärtige Marktumfeld ist zwar auch für „alkoholfrei“ schwierig, doch bieten sich immer noch viele Chancen für individuelle Positionierung. Aber: Einfach nur nachmachen … wenig erfolgversprechend. Man blicke auf den abflachenden Trend zum Hellen. Hier sorgt ein Übermaß weiß-blau-bayerischen Marken-Getümmels für Langeweile am POS. Der Verbraucher benötigt aber einen möglichst einfachen Zugang zum Produkt. Am besten mit prägnanten Kontexten, die ihn immer wieder überraschen.
Eine Frage des Geschmacks
Hier knüpfte Dr. Michael Zepf, Doemens, an und konzipierte ausgehend vom Bierstil „hell, untergärig, filtriert“ verschiedene Geschmacksprofile und Möglichkeiten, diese zu modulieren: Beim gestoppten Gärer erfahren die Parameter Vollmundigkeit, Süße, Würze eine Betonung, bei physikalischen Verfahren der Entalkoholisierung sind es genau diese Parameter, die im entalkoholisierten Bier weniger stark in den Vordergrund treten. In der Vergangenheit führte das in beiden Fällen zu sensorisch einseitigen Bieren, die nicht die erwartete Harmonie eines klassischen Lagerbiers erfüllten. Das eine perfekte Alkoholfreie? Soll nicht das Ziel sein. Denn insbesondere ausgeprägte Eigenschaften wie Fruchtigkeit, Hopfenaroma und Süße könnten beim Alkoholfreien den „Joker“ darstellen, der ein Fehlen des Alkohols ausgleichen könne. Und hier bieten sich durch Verschneiden und geschickte Auswahl von Rohstoffen ausreichend Möglichkeiten zur Kreation sensorisch ansprechender alkoholfreier Lagerbiere.
Rundumschlag Technologie
Um den Teilnehmern eine sensorische Grundlage für die Technologie zu bieten, präsentierten Julia Steiner und Dorothea Schiffmann, beide Doemens, vier alkoholfreie Biere, die sie mit unterschiedlichen Herstellungsverfahren gebraut hatten: einen gestoppten Gärer, ein Bier im Kältekontaktverfahren, ein Alkoholfreies mit Spezialhefe und ein Bier, das mit Umkehrosmose-Membranfiltration entalkoholisiert wurde.
Nach diesem sensorischen „Priming“ erfolgte ein Rundblick über die gängigen Verfahren zur Herstellung alkoholfreier Biere durch Doemens-Mitarbeiter: Marlene Speck-Waller legte die rechtlichen Rahmenbedingungen und technischen Voraussetzungen in der Brauerei bei Anwendung der gestoppten Gärung dar. Dr. Gerrit Blümelhuber stellte das wohl älteste Verfahren zur alkoholfreien Bierherstellung vor, das Kältekontaktverfahren. Und Florian Huber berichtete über die Möglichkeiten und Risiken bei der Anwendung von gärschwachen Hefen. Die theoretischen Grundlagen vervollständigte Lukas Schappals mit einem Überblick über die wichtigsten Punkte, auf die bei der Qualitätssicherung zu achten ist. Denn geringerer Alkoholgehalt sowie unvergorener Restextrakt machen alkoholfreies Bier anfälliger für Bierschädlinge. Pasteurisation, am besten im abgefüllten Gebinde, ist Pflicht. Auch sind die Anforderungen an die Laboranalytik im Punkt Alkoholmessung sehr hoch, gerade bei den immer beliebter werdenden 0,0 %-Bieren.
Neben den biologischen Verfahren sind die physikalischen Verfahren zur Entalkoholisierung auf dem Vormarsch. Sie lassen sich in thermische und Membranverfahren unterteilen. Insgesamt fünf Anlagenbauer hatte Doemens eingeladen, um kurz und prägnant ihre Verfahren und Anlagen zur Entalkoholisierung vorzustellen.
Ralf Scheibner stellte für GEA eine modulare Umkehrosmose-Anlage vor, die mit einer für Ethanol selektiven semipermeablen Membran arbeitet. Die Firma banke, vertreten durch Korbinian von Terzi, setzt ebenfalls auf ein Membranverfahren, hier sind es Hohlfasermembranen in Kombination mit Nanofiltration.
Auf der thermischen Seite stellten Matthias Hubert, Centec, und Stefan Meyering, Corosys, Verfahren auf der Basis von Vakuumrektifikation vor. Ebenfalls auf der Seite der thermischen Verfahren arbeitet die Anlage von Kaspar Schulz. Diese ist, wie Jörg Binkert erläuterte, vor allem mit Blick auf die mittelständischen Brauer konzipiert worden.
Der Wurm schmeckt auch dem Angler!
Abgerundet wurde das Programm mit Präsentationen von Michael Vöß, Weyermann, über den Einsatz von Spezialmalzen bei der Produktion alkoholfreier Biere. Frank Peifer, Hopsteiner, hatte Praxisbeispiele für die Verwendung verschiedener Hopfenprodukte zur Aromatisierung alkoholfreier Biere dabei. Und da ein inspirierendes Beispiel nicht fehlen darf, blickte Andre Block, Erdinger Brauerei, auf die sehr erfolgreiche, inzwischen schon zwanzig Jahre dauernde Marketing-Erfolgsgeschichte von Erdinger Alkoholfrei.
Bleibt noch anekdotisch die abschließende Verkostung verschiedener auf dem Markt befindlicher alkoholfreier Biere zu erwähnen, die mit unterschiedlichsten Methoden produziert worden sind: In der generellen Akzeptanz konnte bei den versammelten Brauern eher unerwartet der gestoppte Gärer die höchste Punktzahl erreichen.
Schlagworte
Alkoholfrei Alkoholfreie Biere Brautechnik
Autoren
Christian Dekant
Quelle
BRAUWELT 4, 2024, S. 120-121
Firmen
- Doemens Academy GmbH, Gräfelfing, Deutschland