Dem Hopfen sein Recht
Verband Deutscher Hopfenpflanzer | Dass Hopfen etwas Besonderes ist, wissen die Hopfen- und die Braubranche. Aber auch, wo sich die Besonderheiten des Hopfens im deutschen und europäischen Recht widerspiegeln? Diese Zusammenhänge herauszuarbeiten, war das Ziel der ersten Fachtagung „Dem Hopfen sein Recht – Rechtliche Herausforderungen rund um die Sonderkultur“ am 6. Oktober 2023 im Deutschen Hopfenmuseum in Wolnzach.
Zur gemeinsamen Veranstaltung des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer und des Instituts für Landwirtschaftsrecht (ILR) der Universität Göttingen hatte Anna Kiermeier eingeladen, Fachanwältin für Agrarrecht und Lehrbeauftragte am Institut für Landwirtschaftsrecht (ILR) der Universität Göttingen, selbst Tochter eines Hopfenpflanzers aus der Hallertau.
Beim Hopfen sind sehr unterschiedliche juristische Bereiche zu berücksichtigen. Das reicht vom Baurecht, über das Wasserrecht bis zum Arbeits- und Lebensmittelrecht. Und trotz dieser breiten Basis an gesetzlichen Regelungen sei „der Untergrund mitunter morastig“, wie es Kiermeier bei der Begrüßung des mit 130 Teilnehmern vollbesetzten Sitzungssaals formulierte. Wann wird der Hopfen zum Lebensmittel, welche Folgen hat das, was ändert sich durch die Reform der Hopfenzertifizierung – diese und weitere Fragen wurden diskutiert.
Viel Stoff für eine Auftaktveranstaltung, der gegebenenfalls weitere folgen sollen und die zunächst mit einer Einführung ins Thema von Rechtshistoriker Prof. Reinhard Heydenreuter, dem ehemaligen Leiter des Archivs der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, begann. In seinen Anmerkungen zur Rechts- und Kulturgeschichte des Hopfenanbaus in Bayern tauchten allerlei Kuriositäten auf. So wurde beispielsweise schon 1225 geregelt, dass Hopfen, der über den Zaun wächst, vom Nachbarn geerntet werden durfte. 1599 gab es in der Oberpfalz die Pflicht zum Anbau von Hopfen in Gärten, in denen Obstbäume nicht wachsen konnten, und 1860 gab es in Au in der Hallertau erste Versuche, Hopfen statt an einzelnen Stangen an Drähten aufzuleiten. Laut Archivunterlagen wurde der Versuch aber als gescheitert eingestuft …
Das Baurecht
Dann wurde es besonders für aktive Hopfenpflanzer spannend. Rechtsanwältin Kiermeier befasste sich mit dem Baurecht: mit Hopfengärten und Bebauungsplänen, mit Baugenehmigungen für die Hopfengärten wie auch mit deren Eingrenzung durch Zäume. Aktuelle Streitfälle zeigten auf, wo es Nachholbedarf im Gesetz gibt, und die Rückfragen aus dem Publikum, wie aktuell das Thema ist, wo Hopfengärten und Neubaugebiete doch überall aufeinander zuwachsen.
Hopfenzertifizierung
Werner Albrecht vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Bonn erläuterte die Neuerungen bei Förderungen im Hopfenbau und bei der Zertifizierung des Hopfens, wobei sich für große Hopfenanbauländer wie Deutschland bei letzterem im Prinzip nichts ändert. In kleineren Ländern erhalten die Hopfenpflanzer die Möglichkeit, unter gewissen Voraussetzungen den Hopfen selbst zu zertifizieren. Albrecht wies auch darauf hin, dass das wachsende Interesse am Thema Nachhaltigkeit zu strengeren Vorgaben führen könne, z. B. bei der Verpackung von Hopfen. „Da kommt was auf Sie zu“, warnte Albrecht.
Hopfen als Lebensmittel
Nach den Ausführungen von Karl Schwab, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in München, zur Rolle des Grundwassers und der Grundwasserentnahme für die Bewässerung, befasste sich Christian Ballke, München, mit der Frage, wann Hopfen zum Lebensmittel wird und welchen Regelungen er dann unterliegt. Juristisch gesehen wird Hopfen zu Brauzwecken mit der Abtrennung der Dolden von der Rebe bei der Ernte zu einem Lebensmittel – und damit der Hopfenpflanzer (und alle anderen, die Hopfen verarbeiten, vertreiben oder transportieren) zu Lebensmittelunternehmern. Das hat rückwirkend zur Folge, dass schon vor der Ernte des Hopfens zahlreiche für Lebensmittel relevante Regelungen zu beachten sind (Vermarktungsnormen, Regelungen zur Zertifizierung, Lebensmittelhygiene u.v.m.).
Multifunktionale Flächennutzung
Bereits in der BRAUWELT-Ausgabe Nr. 9-10, 2023 hatten wir an dieser Stelle über das Agri PV-Projekt von Josef Wimmer berichtet. Wimmer hatte einen Teil seiner Hopfengärten in der Hallertau mit Photovoltaik- Anlagen überbaut. Dr. Bernhard Gruber, AgrarEnergie, Mainburg, hatte die Anlage geplant und berichtete über die technischen Risiken sowie die behördlichen und organisatorischen Schwierigkeiten, die zu bewältigen waren. Hopfenpflanzer Wimmer lässt sich aber davon nicht abschrecken: Nach den ersten erfreulichen Ergebnissen bei der Strom- wie auch bei der Hopfenernte denkt er aktuell über eine Erweiterung auf zusätzlichen 13 Hektar nach. Und das Potential der Hallertau ist groß, wie Dr. Gruber vorrechnete: Ersten Schätzungen nach könnte dies fast die Leistung des ehemaligen AKWs Isar 2 (ca. 11 500 GWh/Jahr) erreichen.
Der Hopfen und sein Personal
Auf großes Interesse stieß der abschließende Vortrag von Dr. Thomas Sanhüter zu den arbeitsrechtlichen Aspekten des Hopfenbaus. Seine Ausführungen zum Arbeitsverhältnis insbesondere bei Saisonarbeitskräften in puncto Form des Arbeitsvertrages, Arbeitszeiten, Urlaub und zum Sozialversicherungsrecht wurden vielfach und teilweise emotional kommentiert. Die Umsetzung des geltenden Rechts hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes und der Sozialversicherung scheint angesichts der Gegebenheiten und Erfordernisse auf den landwirtschaftlichen Betrieben in der Erntezeit kaum möglich.
Das Thema Arbeitsrecht hat große Chancen, bei einer Fortführung der Fachtagung Hopfenrecht ganz oben auf die Agenda zu kommen. Die Auftaktveranstaltung war ein gelungener Überblick über die Gesetzeslage mit Hopfenbezug. Der eingangs geäußerte Wunsch Anna Kiermeiers, zu prüfen, wo Nachhol- und Verbesserungspotential besteht, ist gelungen und man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.