E-Commerce – wie die Braubranche vom digitalen Aufschwung profitieren kann
Chancen nutzen | Die Digitalisierung schreitet stetig voran. Sie durchzieht unseren Alltag und somit unsere Verhaltensweisen. Informationen suchen wir online, wir kommunizieren mithilfe des Internets am Smartphone und auch unser Kaufverhalten ändert sich schleichend. Dies stellt jedoch nicht zwangsläufig eine Gefahr für den Einzelhandel dar, wenn es auch zu Einbußen im stationären Handel führt. Es kann auch als Chance für die Erschließung neuer Vertriebswege wahrgenommen werden. Ein Wandel, den sich auch die Braubranche zunutze machen kann.
Ähnlich wie bei der Presse, deren Fokus sich von Printmedien auf Onlinemedien verschiebt, steht es um das Kaufverhalten der deutschen Bevölkerung. Der Einzelhandel verlagert sich, der Kunde shoppt nun online statt im Geschäft zu stöbern. Besonders in kleinen Städten werden stationäre Läden um einen Onlineshop ergänzt oder von diesem ersetzt, da ein reines Ladengeschäft als alleinige Einnahmequelle oft nicht mehr rentabel ist. Im Jahr 2018 wuchs der Onlinehandel in Deutschland auf 53,4 Mrd EUR, ein Plus von 4,7 Mrd im Vergleich zum Vorjahr (vgl. Abb.1).
Einzelhandel im Umbruch
Bis zum Jahr 2022 wird der Umsatz laut einer Prognose weiter auf über 82 Mrd EUR steigen. Der Deutsche kauft längst nicht mehr bloß Mode und Elektronik online, auch wenn diese Güter rund die Hälfte des Onlineumsatzes ausmachen.
Das Lebensmittel- und Drogerie-Sortiment macht als Nische bislang nur einen kleinen Sektor des Onlineerfolgs aus, dies soll sich innerhalb der nächsten Jahre ändern. Durch die bisher geringe Marktausschöpfung sehen Experten die Expansionschancen vergleichsweise höher als in den anderen Produktkategorien. Von 2017 bis 2022 wird ein Wachstum um 54,2 Prozent vorausgesagt (vgl. Abb. 2).
Als Gründe für die zunehmende Onlinepräferenz gaben die Deutschen im Rahmen einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom an, der Hauptfaktor für den Onlinekauf sei die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten. Auch die Lieferung an die Haustür und die resultierende Zeitersparnis sind ihnen wichtig. Sortimentsvielfalt und Exklusivität der Onlineprodukte werden ebenfalls von rund der Hälfte der Befragten als Grund angegeben, ihre Einkäufe nicht lokal zu tätigen [1]. Der deutsche Kunde schätzt die Bequemlichkeit des Onlinekaufs. Der jungen Generation fehlt durch die Alltagsherausforderungen von Arbeit und Familie die Zeit, sich ausgiebig mit dem Kauf zu beschäftigen, wogegen bei älteren Menschen die Mobilität ein Problem darstellen kann, weshalb auf komfortablen Versand zurückgegriffen wird. So profitiert jeder Kunde auf seine Weise von den Vorzügen des Onlinehandels, unabhängig von Produkt oder Zielgruppe. Dank immer schnellerer Versandmöglichkeiten und -arten wird dem klassischen Einzelhandel der letzte große Vorteil genommen, da viele Produkte inzwischen unmittelbar verfügbar werden.
In Bezug auf den Handel mit Lebensmitteln, speziell Getränken, kann Multi-Channeling neue Absatzmöglichkeiten eröffnen, sofern die Marktmechanismen erkannt und zum eigenen Vorteil genutzt werden.
Möglichkeiten und Hürden des neuen Vertriebswegs
E- und Mobile Commerce haben einige deutliche Vorteile für den Endkunden: Sie sind bequem, keiner Wetterlage unterlegen, sparen Zeit und Spritkosten. Doch der Einzelhandel im Lebensmittelbereich unterliegt einem stark preisorientierten Wettbewerb. Der durchschnittliche Bierkäufer vergleicht im Supermarkt oder Getränkemarkt die Preise und entscheidet sich für das aus seiner Sicht beste Angebot. Die lokale Verfügbarkeit und gleichzeitige Marktsättigung stellen ein Problem für überregional agierende Brauereien dar, die ihre Biere online vertreiben möchten: Der Kunde ist nicht bereit, den Aufpreis an Verpackung und Versand auf ein Produkt zu zahlen, das er günstig im benachbarten Getränkehandel erwerben kann.
Hier entsteht ein klarer Vorteil für mittelständische Brauereien. Vor allem der Craft Bier-Trend der letzten Jahre kommt dem entgegen, dessen Käufergruppe laut einer Zielgruppenanalyse besonders aus jungen Männern mit einem überdurchschnittlichen Einkommen besteht – eine Gruppe, die als besonders internetaffin gilt [2]. Auch wenn immer mehr Großbrauereien wie Becks oder Warsteiner versuchen, in der Craft-Szene Fuß zu fassen, bleibt es bislang das Paradegebiet der kleinen, unabhängigen Brauereien. Ihr Bier wird als Genuss- und nicht als Lebensmittel verstanden. Hier greift auch der Vorteil einer Onlinepräsenz.
Spezialitäten statt Massenware
Die Herausforderung eines Onlineshops im Lebensmittelsegment ist es, Kaufanreize zu schaffen, die als Gegengewicht für zusätzlich anfallende Versandkosten und Margen fungieren und den gewohnten Kaufgrund vom Preis zum Produkt oder Service verschieben. Dies ist bei den Bieren von lokalen und regionalen Brauereien gegeben. Handwerk, Qualität, Tradition und besonders die meist regional beschränkte Verfügbarkeit sind eindeutige Alleinstellungsmerkmale, nach denen die Kunden ihre Kaufentscheidung richten.
Der Onlineshop dient auch als Marketingtool. Über die Onlinepräsenz erschließt sich eine neue Reichweite, gerade regionale Produkte können so überregional Neukunden gewinnen oder überzeugte Kunden halten. Bierfreunde, die im Urlaub ein neues Lieblingsbier gefunden haben, haben so die Möglichkeit, es in die Heimat zu bestellen und dem Freundeskreis zu präsentieren.
Auch Spontankäufer müssen überzeugt und in ihren Interessen bedient werden. Je visuell ansprechender und benutzerfreundlicher der Shop gestaltet ist, desto mehr Zeit verbringt der Kunde beim Bummeln – ähnlich eines Schaufensters im klassischen Geschäft. Er dient als Visitenkarte und kommuniziert Unternehmenswerte, die im Einzelhandel häufig weniger Beachtung finden. Detaillierte Produktseiten mit allen nötigen Informationen und ausreichende Bebilderung ergänzen das Einkaufserlebnis, sie machen das Produkt „greifbar“.
Jeder noch so interessante Internetauftritt ist aber hinfällig, wenn der Kunde ihn nicht findet. Je höher die Webseite im Suchmaschinenranking gelistet ist, desto höher die Chance, Beachtung zu finden. Eine suchmaschinenoptimierte Webseite erfordert einiges an technischem Know-how.
Eine weitere Möglichkeit, die Markenbekanntheit zu erhöhen und die Umsätze ergänzend zu steigern, bieten digitale Marktplätze. Amazon, Ebay und Co. profitieren von ihrem vielfältigen Angebot. Im Gegenzug profitiert der einzelne Anbieter von den Nutzerzahlen der Giganten. Amazon dominiert den deutschen E-Commerce-Markt mit deutlichem Abstand zur Konkurrenz. Im Jahr 2018 lag der Umsatz bei etwa 17 Mrd EUR, mit steigender Tendenz [3]. Mit wenig aufwändiger Produktpflege können bei einem guten Angebot Kunden auf den eigenen Onlineshop aufmerksam und durch positive Kundenbewertungen von der Seriosität und Qualität überzeugt werden.
Nicht nur Endkunden profitieren von einem Onlinevertrieb der Brauerei, es bietet sich auch die Möglichkeit der einfachen und schnellen Bestellabwicklung im B2B-Bereich. So können Händler und andere Unternehmen ihre Bestellungen selbst elektronisch aufgeben, Staffelpreise übersichtlich einsehen und getätigte Bestellungen mit ein paar Klicks zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgeben. Dies spart Ressourcen im Mitarbeiterbereich und ist für beide Seiten komfortabel.
Erfolgreiche Positionierung durch Kooperation
Nun bringt ein eigener Onlineshop, der an die Unternehmenswebseite angeknüpft ist, deutliche Vorteile. Der Aufwand sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Zum Aufbau eines Onlineshops gehören neben der visuell möglichst attraktiv gestalteten, intuitiv nutzbaren Oberfläche auch viele Aufgaben, die für die Funktionalität essentiell sind: Die andauernde Betreuung und Wartung des Shopsystems, die Produktpflege der einzelnen Waren, das spezifische Online-Marketing, beispielsweise über Social Media Kanäle, ein Kundenservicebereich und ein komplexes Warenwirtschaftssystem, das im Hintergrund alle Abläufe in Bezug auf waren- und kundenbezogene Daten, Warenein- und ausgang, Rechnungen, Inventur und Statistiken verwaltet. Logistische Hindernisse wie räumliche Kapazitäten und die zusätzlich benötigte Arbeitskraft für Lagerinstandhaltung und Versandabwicklung seien an dieser Stelle auch erwähnt. Diese lassen sich mithilfe eines Kooperationspartners umgehen.
Als gutes Beispiel sei an dieser Stelle der Flensburger „Online-Plop-Shop“ erwähnt (vgl. Abb. 3). Mithilfe eines Vertriebsspezialisten wurde ein attraktiv gestalteter Onlineversand an die Brauereiwebseite angeknüpft – im klassischen Flensburger Layout. Alle Produkte der Flensburger Brauerei werden präsentiert und sind als Einzelflaschen oder im Geschenkset erhältlich. Auch die Bestellung eines Mischkartons nach eigenem Geschmack ist möglich.
Die Betreuung des Onlineshops hat die Flensburger Brauerei an den Spezialisten BierSelect übergeben, der sich um die Darstellung, Versandabwicklung, Instandhaltung und die Logistik kümmert. BierSelect hält einen gewissen Vorrat an Flensburger Produkten in seinem eigenen Lager vor. Zur Pflege der Website versorgt Flens den Partner mit allen Informationen zu den Produkten und Neuigkeiten aus der Brauerei. Durch die logistische Erfahrung und vorteilhaften Konditionen werden Kunden in der Regel innerhalb von 24 Stunden beliefert. Beide Seiten profitieren von dieser Form des Geschäftsmodells.
Überlegenheit durch Vielfalt schaffen
Eine simplere Option, die eigenen Produkte über das Internet zu vertreiben, bieten Bierspezialitäten-Shops als Dienstleister beziehungsweise Kooperationspartner der Brauerei. Hier werden die zahlreichen Aufgaben gegen eine Aufwandsentschädigung vom spezialisierten Zwischenhändler übernommen, für die es der Brauerei häufig an Fachwissen, Budget oder Ressourcen mangelt.
Beim BierSelect Onlineshop für lokale und regionale Bierspezialitäten wird der Brauerei ein Rundum-Service geboten. Es wird sich um das Marketing, den Vertrieb über den Webshop sowie über die verschiedenen Marktplätze wie Amazon und Ebay gekümmert. Die Brauerei erhält einen eigenen Produktbereich, der über Geschichte und Philosophie informiert und die ausgewählten Produkte präsentiert. Jedem Artikel wird zudem eine eigene Produktseite mit sämtlichen nötigen Informationen zuteil. Es ist ein Bild hinterlegt, Geschmack und Besonderheiten werden beschrieben und ähnliche Artikel werden angezeigt.
BierSelect funktioniert wie ein digitaler Getränkehändler mit einem weit gefächerten Sortiment und hier liegt ein klarer Vorteil gegenüber dem Shop der einzelnen Brauerei. Das klassische Kaufverhalten wird auf den Onlinemarkt übertragen, denn der Kunde kann durch eine Vielzahl von Artikeln stöbern und sie einzeln in seinen Warenkorb, den digitalen Einkaufswagen, legen.
Ein weiteres Plus sind die verschiedenen themen- und anlassbezogenen Bierpakete. Dem Kunden werden so speziell zusammengestellte Biere nach seinem Geschmack aus dem Sortimentsmix auf einen Blick präsentiert, ohne sich mühsam einzelne Biere aus der großen Auswahl selbst zusammensuchen zu müssen. Favorisierte Biersorte, Geschmacksnote, Jahreszeit, bevorstehende Feiertage oder auch Brauereipakete bieten auf einen Klick eine schnelle Alternative zum Einkaufsbummel. Der einzelnen Brauerei kommt die Teilnahme an den Paketen zugute, da der Kunde neue Biere entdeckt, die er beim Kauf der einzelnen Flaschen womöglich übersehen hätte. Er wird bewusst an neue Produkte herangeführt, die ihm bei Gefallen im Gedächtnis bleiben.
Logistische Probleme werden durch lokale Lagerung behoben. Die Brauerei liefert die angeforderte Ware oder lässt sie abholen, alle weiteren Versandaufgaben werden vom Dienstleister übernommen. Ein bedeutender Vorteil, da die Geschwindigkeit des Versands über den Wiederkauf entscheidet. Die verschiedenen Anforderungen von Privat- und Geschäftskunden können koordiniert werden, es sind auch Mischbestellungen größeren Umfangs, beispielsweise für Getränkemärkte, als Paletten-Versand möglich. Durch das Trusted Shops-Gütesiegel gewinnt der Kunde Vertrauen in den Shop und kann sich Bewertungen und Erfahrungen anderer Kunden ansehen.
Onlinevertrieb als Chance wahrnehmen
Kaum ein Produkt steht für Tradition wie das deutsche Bier. Der Bierkonsum der letzten Jahre ist jedoch rückläufig, was im Gegensatz zur wachsenden Zahl der deutschen Brauereien steht. Kleine Brauereien können erfolgreich am Wunsch des Konsumenten nach Qualität statt Masse ansetzen. Hierzu muss ein Umdenken stattfinden, die junge Zielgruppe muss abgeholt werden, um die Zukunft am Markt zu sichern. Das konsequente Wachstum der Onlinebranche ist für mittelständische Brauereien eine Chance zur Umsatzsteigerung und Markenbildung. Breite Onlinepräsenz inklusive überregionalem Onlinevertrieb der regionalen Biere über verschiedene Kanäle kann über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
Der hohe Kosten- und Ressourcenaufwand ist ein Faktor, der bei der Überlegung nach einem eigenen Onlineshop berücksichtigt werden muss. Eine Alternative bietet die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister, der den Onlineshop verwaltet. Hier profitiert die Brauerei von Erfahrung und Ressourcen des Profis, wodurch sich die Kosten senken lassen.
Ein Onlinevertriebsspezialist mit umfassendem Sortiment zahlreicher Brauereien, der auf der eigenen Webseite als externer Shop verlinkt werden kann, ist ebenfalls eine Lösung. Finanzielle Risiken werden so minimiert. Eine Win-win-Situation für beide Geschäftspartner. So können die mittelständischen Brauereien über das Onlinegeschäft dem Wettbewerb mit den großen Brauereien standhalten.
Quellen
- Tropf, T.M.; Meinecke, C.: „Elf Gründe fürs Online-Shopping“, Bitkom, 2019. URL: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Elf-Gruende-fuers-Online-Shopping
- Splendid Research: „Craft-Bier trinken vor allem junge Männer mit hohem Einkommen“, Splendid Research GmbH, 2017. URL: https://www.splendid-research.com/de/statistiken/item/untersuchung-zielgruppe-craftbier.html
- Börsenblatt: „Jahresbilanz 2018 – Amazon verdreifacht Gewinn“, Börsenblatt, 2019. URL: https://www.boersenblatt.net/2019-02-01-artikel-jahresbilanz_2018.1592168.html
- Brandt, M.: „ECommerce-Umsatz -Möbel und Lebensmittel wachsen besonders stark“, Statista Digital Market Outlooks, 2017. URL: https://de.statista.com/infografik/11303/prognose-ecommerce-umsatz-in-deutschland/