Verblüffen statt begeistern lautet die Devise
Dies gilt lt. Edgar K. Geffroy in erster Linie für gesättigte Märkte. Die Kunden wollen so richtig Spaß mit den Produkten haben sowie besser und schöner leben (S. 1592). Allerdings, so Geffroy, falle es in Deutschland nicht so schwer, die Kunden zu verblüffen, weil sie auf diesem Gebiet noch nicht allzu sehr verwöhnt sind, wie jeder Kunde nach seinen täglichen Erfahrungen sicher bestätigen kann.
Verblüfft sind die Brauereitechnologen immer wieder über Ideen aus dem Steinecker-Technologie-Center. Die neueste präsentierte Klaus Wasmuth am 7. Dezember 2005 bei der Steinecker-Jahresrunde 2005: Gesamtenergiekonzept für eine moderne Brauerei auf der Basis von alternativen Energiesystemen (S. 1587). Alle Prozesse sollen dabei durch erneuerbare Energien versorgt werden.
Verblüffung führt zu zufriedenen Kunden, so Geffroy, und diese sagen es mindestens drei weiteren. Dabei spielen aber Geschmack und Image des Produktes eine wichtige Rolle. Dieses Thema behandelte der Bayerische Brauertag 2005 am 29. November 2005 in München (S. 1590). Für Michael Weiß, Präsident des Bayerischen Brauerbundes geht es darum, auf dem schwindenden Biermarkt mit besserer Ausschöpfung des vorhandenen Marktes, mit der Suche nach neuen Käuferschichten oder generell neuen Märkten zu reagieren. Informationen über die Kunden bzw. der Strukturen in bestimmten Absatzbereichen ist Voraussetzung zur Entwicklung neuer, Erfolg versprechender Strategien.
Auch mittels Sensorik kann man den Kunden verblüffen. Dies wird aber meistens übersehen. Durch „Sensorisches Marketing“ soll nicht nur die geschmackliche Wahrnehmung durch den Konsumenten bestimmt, sondern auch die Rezeptur entsprechend der Zielgruppen erstellt werden. Wichtig ist und bleibt die Kommunikation der geschmacklichen Vielfalt des Bieres. Beim Wein ist diese Vielfalt gelernt, beim Bier, wie man bei Bierproben im privaten Bereich immer wieder feststellen kann, ist sie oft doch verblüffend. Die Geschmacksvielfalt wird auch durch die Aktion „ProBier Vielfalt“ der Baywa herausgestellt, eine Verkostungsaktion mit den Gewinner-Bieren des European Beer Star 2005 (S, 1592). Nicht ohne Stolz verweist die Baywa darauf, dass die prämierten Biere fast alle mit den Braugerstensorten Auriga, Anabell, Barke und Sarlett gebraut worden waren. Wie sich diese Sorten aus der Ernte 2005 in der Frühvermälzung verhalten haben, ist dem Beitrag ab S. 1599 zu entnehmen.
Der Rohstoff Hefe ist ein Schlüssel für die Geschmacksvielfalt. Leider findet aber dieser Rohstoff nicht immer die nötige Aufmerksamkeit in den Betrieben. Das beginnt bei der Auswahl der Hefestämme, bei der die Brauer in der Regel sehr risikoscheu sind, und endet beim Hefemanagement im Betrieb. Wie dieses optimal gestaltet werden kann, beschreibt der Artikel von Thiele und Back ab S. 1594, der über zehn Jahre Praxiserfahrung mit der Assimilationstechnik berichtet.
Verblüffend für den Laien sind die zahlreichen Maßnahmen, die der Brauer ergreift, um Reinheit und Stabilität des Geschmacks sicherzustellen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Thema Hygienic Design, dem sich auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und die Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung (IVLV) verschrieben haben
(S. 1612). Der Rohrleitungs- und Behälterbau für Gär- und Lagerkeller nach dem Stand der Technik berücksichtigt dieses Thema, das aber in der Praxis manchmal noch etwas stiefmütterlich behandelt wird (S. 1608).
Verblüffend für den Leser ist sicher wieder die Themenvielfalt dieser Brauwelt-Ausgabe. Zeigt diese doch einmal mehr, dass Technik und Technologie die Voraussetzungen bieten, um die Kunden mit entsprechenden Produkten verblüffen zu können. Es gilt: „Die geschmackliche Akzeptanz entscheidet über das Wiederkaufsverhalten“. Die Frage ist nur, wie sag ich es meinem Kunden.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 50, 2005, S. 1585