Biermangel wegen Rohstoffknappheit
Dieses Szenario entwarf Dr. Johann Pichlmaier, HVG, Wolnzach, in seinem Vortrag auf der 95. Brau- und Maschinentechnischen Arbeitstagung der VLB in Kulmbach. Aufgrund der schlechten Versorgungslage beim Hopfen und der zu erwartenden Entwicklung sei es, „weltweit betrachtet, nicht auszuschließen, dass Bier nicht gebraut werden kann, weil es an Hopfen mangelt“ (S. 361). Inwieweit sich die Marktlage entspannen wird, ist vom Bierabsatz, den künftigen Anbauflächen, klimatischen Schwankungen sowie der Verwendung vorisomerisierter Produkte abhängig. Bei deren Herstellung herrschen jedoch Kapazitätsengpässe.
„Quo vadis hordeum?“ Diese Frage versuchte Prof. Dr. Frank Rath, VLB, im anschließenden Referat zu beantworten. Flächenabnahme und Wettereinflüsse lassen Braugerste zu einem gefragten Gut werden – mit entsprechenden Preisen und einer „gewissen Qualitätstoleranz“. Prof. Rath sieht 2008 noch keine Entwarnung, höchstens eine Minimierung des zu erwartenden Defizits – bei normalem Witterungsverlauf.
Keine Preisentlastungen bei Braugerste sieht Dipl. Ing. Dipl.-Kfm. Thomas Kraus-Weyermann, Bamberg, der beim 11. Bad Kissinger Brauertag des Instituts Romeis die Rohstoffversorgung aus der Sicht eines Mälzers darlegte (S. 362). Sein Credo: „Gute Braugerste in ausreichender Quantität ist langfristig nur bei einem für den Landwirt attraktiven Preisniveau zu gewährleisten.“ Einen Kampf um die Braugerste wird es wohl nicht geben, aber die Preise werden anziehen. Zur Absicherung bei Ernteausfällen gilt es, schon heute logistische Voraussetzungen für eine Versorgung mit Braugerste aus anderen Ländern zu schaffen.
Das Hopfenaroma im Bier unterliegt ähnlich dem Alphagehalt im Hopfen jahrgangsbedingten Schwankungen. Darauf verweist Willi Mitter, Mainburg, in seinem Beitrag ab S. 372. Da in den Brauereien der Hopfen in der Regel nach Alphasäure dosiert wird, ergibt sich in Abhängigkeit vom Erntejahr ein unterschiedliches Aromaprofil. Der Brauer kann dem entgegen wirken, indem er den Gabezeitpunkt für den Aromahopfen geringfügig variiert. Schon Marcus Jentsch, Institut Romeis, hatte empfohlen, die Aromagabe nicht mehr nach dem Alphasäuregehalt zu bemessen, sondern nach dem gewünschten Wert an Linalool im Bier. Bedingt durch die stark schwankenden Linaloolgehalte im Hopfen seien deutliche Einsparungen zu erzielen (Brauwelt Nr. 12/13, 2008, S. 317).
Das kohlenhydratreiche Quinoa stellt sicher keine ernsthafte Alternative zur Braugerste dar, aber eine gute Basis zur Herstellung glutenfreier Lebensmittel und Getränke, wie der Beitrag ab S. 374 zeigt. Dieser beschäftigt sich mit der Optimierung der Mälzungsbedingungen von Quinoa. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass sich Quinoa durchaus zur Malzbereitung eignet und als Basis für glutenfreie Lebensmittel, Getränke und auch Bier dienen kann.
Braukunst rückt wieder mehr in den Fokus, wenn die Rohstoffe knapp werden bzw. nicht mehr in der entsprechenden Qualität zur Verfügung stehen. Bier macht sich nicht mehr von alleine. Know-how zahlt sich wieder stärker aus. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Rohstoffe Gerste und Hopfen, sondern auch verstärkt für den Umgang mit Wasser und Energie.
Nachhaltiges Umgehen mit den Rohstoffen bringt nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch ökonomische und lässt sich dem Kunden gegenüber gut darstellen.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 14, 2008, S. 359