Rohstoffqualitäten bleiben ein Thema
Das Braugerstenjahr 2008 dürfte zumindest in Unterfranken nicht weniger Probleme bringen als 2007. Das Urteil der Fachleute: „Wir haben eine schwierige Ernte und ein ebenso schwieriges Verarbeitungsjahr vor uns“. In ganz Bayern rechnet man mit einem Braugerstenaufkommen von etwa 320 000 t, bei etwas „toleranteren“ Proteingehalten könnten es 400 000 bis 420 000 t sein. Auch in punkto Anbauflächen kann keine Entwarnung gegeben werden. Zu gut waren im vergangenen Jahr die Preise für Weizen, zu groß die Schwierigkeiten bei der Braugerste(S. 892).
Gushing tritt bei Bieren der Gerstenernte des Jahrgangs 2007 wieder besonders stark in Erscheinung. In den Brauereien geht die Angst um. Sie fühlen sich diesem Phänomen hilflos ausgeliefert. Die vorliegende Ausgabe der Brauwelt enthält eine Reihe von Fachbeiträgen zum Thema „Gushing“, von der Bestandsaufnahme der bisherigen Forschungsergebnisse bis hin zu neuesten Erkenntnissen aus den gushing-forschenden Instituten.
Dem Gushing-Puzzle fehlen immer noch Teile. Praktikable Ratschläge für die betroffenen Brauereien werden seit Jahren eingefordert. Der Königsweg zur Lösung des Problems ist aber trotz aller Bemühungen noch nicht gefunden. Der Beitrag ab S. 894 gibt Hinweise auf eine Reihe von Faktoren, die einen signifikanten Einfluss auf die Gushing-Neigung eines Bieres haben, sowie auf technologische Maßnahmen zur Minimierung der Risiken und auf spezifische Eigenschaften der Gerste 2007, die zur Erklärung des Phänomens herangezogen werden können, wie hoher Proteingehalt, verstärkte Keimruhe, verdeckter Auswuchs, hoher Gehalt an spelzenverletzten Körnern, hoher Schimmelpilzgehalt und hohes Gushing-Potenzial. Wie der Befall der Gerste mit Fusarienarten die Gushing-Neigung des Bieres durch eine Wechselwirkung zwischen den Proteasen der Fusarien und der Gerste erhöhen kann, zeigt der Beitrag ab S. 904.
Zur Gushing-Prophylaxe bei Malzen aus der Ernte 2007 empfiehlt Dr.-Ing. Martina Gastl in ihrem Beitrag ab S. 896 den Einsatz von Malzen mit einem möglichst niedrigen Eiweißgehalt, möglichst trockene Einlagerung, Vermeidung von zu intensiver Eiweißlösung, ausgiebige Eiweißausscheidung, intensive Heiß- und Kühltrubausscheidung, Einsatz einer vitalen Hefe mit möglichst wenig Führungen, Reduzierung des Kohlensäuregehaltes des Bieres, keine Nachkarbonisierung und im Notfall Flaschenpasteurisation.
Die Qualität des Bieres ist von Gushing nicht betroffen. Gushing führt aber zu Reklamationen und zu Imageverlusten. Diese Einschätzung des Phänomens ist für die Praxis natürlich wenig hilfreich. Der Kunde unterscheidet sicher nicht zwischen dem Überschäumen eines Bieres und seiner sonstigen Qualität. Er wird, wenn er die Wahl hat, erst einmal zu einer anderen Marke greifen und dann erstmal bei dieser bleiben. Ihn wieder zu gewinnen, wird viel Überzeugungskraft verlangen. Die Nervosität in der Branche ist also durchaus verständlich.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 32, 2008, S. 887