Biergeschmack in seiner ganzen Vielfalt
Hefe zur Differenzierung im Biergeschmack: Unter diesem Motto stand der 4. Workshop „Wege zu innovativen Bieren“ der Bier-Quer-Denker. Aufgezeigt wurde an diesem Nachmittag sehr deutlich, wie der Einsatz verschiedener Hefestämme und Hefearten den Biergeschmack verändern kann, und das nicht nur aus der Sicht der Brauer, sondern auch aus dem Blickwinkel eines erfahrenen Biersommeliers (S. 550 und S. 584). Mittlerweile finden sich in Deutschland immer mehr Spezialbiere, die, mit unterschiedlichen Hefen und nach speziellen Rezepten gebraut, in hochwertiger Ausführung die Biergenießer begeistern.
Das uralte Kulturgetränk Bier – Es stand auch im Mittelpunkt der 2. Weltmeisterschaft der Sommeliers für Bier in Anif (S. 551). Das Ziel der Veranstaltung wurde voll erreicht: Demonstration der Biervielfalt sowie der Bierkultur weltweit. Im Finale der sechs Besten kam es zu einer Präsentation von Bieren mit Geschmacksnuancen, von denen man als Bierliebhaber normalerweise nur träumen kann. Insgesamt ist es interessant, dass sich beide Bewegungen, Bier-Quer-Denker und Biersommeliers, etwa zur gleichen Zeit etabliert und entwickelt haben. Denn gerade die kleineren und mittleren Brauereien werden verstärkt auf Geschmacksvielfalt und auf die damit verbundene Braukunst und Innovationskraft ihrer Braumeister angewiesen sein, um im harten Konkurrenzkampf bestehen zu können. Sie brauchen jedoch ebenso fachkundige Biergenießer, die den interessierten Konsumenten die enorme Bandbreite der Bieraromen entsprechend erläutern und näherbringen können.
Bitter-, Aroma- und Gerbstoffe bedingen die Hopfenqualität – Dies gilt vor allem bei der Herstellung von alkoholreduzierten Bieren (S. 562), aber nicht nur dort, wie ja bereits beim 2. Workshop zu innovativen Bieren im Jahre 2009 gezeigt werden konnte (BRAUWELT Nr. 49, 2009, S. 1458). In seinem Beitrag zeigt Dr. Adrian Forster, dass sich naturbedingte Mängel von Leicht- und alkoholarmen Bieren im Geschmack durch den Einsatz von Aromapellets kompensieren lassen. Allerdings muss man dann die Hopfengaben steigern. Das sollte aber im Sinne einer geschmacklichen Verbesserung nicht das große Thema sein.
Trend zu wenig bitteren Bieren hält an – Darauf verwies Dr. Michael Möller, Vorsitzender des Vorstandes der Gesellschaft zur Hopfenforschung (S. 552). Damit habe die deutsche Hopfenwirtschaft ebenso zu kämpfen wie mit dem Bier-Boom in den Ländern, die generell schwach gehopfte Biere bevorzugen. Laut Dr. Möller sank die durchschnittliche Alphasäuregabe von 1997 bis 2010 um 36 Prozent auf 3,9 g Alpha pro hl Bier. Dennoch ist die Hopfenanbaufläche in Deutschland in den letzten zwei Jahren nur um 1,7 Prozent zurückgegangen, nicht zuletzt auch wegen der Sortenvielfalt und der Qualität des deutschen Hopfens. Gespannt darf man sein, wie Hopfenanbau und Hopfenhandel auf die zunehmende Nachfrage nach ganz speziellen Hopfensorten mit ausgeprägtem Eigenaroma reagieren werden.
Geschmacktests für den Praktiker – In einer Reihe von Publikationen stellen die Autoren einen Geschmackstest vor, mit dessen Hilfe der Praktiker auf einfache Art und Weise Änderungen im Prozess anhand des Kundenverhaltens abgesichert bewerten kann. Auch bei der Entwicklung, innovativer Biere kann dieser Geschmackstest gute Dienste leisten (S. 579). Womit wir wieder beim Thema wären. Es gilt aber auch: Der Wurm, sprich das Bier, muss dem Fisch, also dem Konsumenten, schmecken und nicht dem Angler bzw. dem Braumeister.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 18, 2011, S. 547