73. Arbeitstagung in Mayrhofen
BÖBB | Das Zillertal zeigte sich Anfang Oktober 2024 nicht von seiner Sonnenseite, denn Dauerregen und Schneefall in den höheren Regionen beherrschten das Wetter. Trotzdem war die Stimmung unter den insgesamt 220 Teilnehmern außerordentlich gut.
Präsident Dr. Andreas Urban wurde auf der Mitgliederversammlung für eine weitere Amtszeit bestätigt. Im Europahaus in Mayrhofen fanden der Begrüßungsabend, die Vortragsveranstaltung und der Festabend statt, was für die meisten Teilnehmer kurze Wege von den zahlreichen Hotels im Ortskern bedeutete.
Österreichischer Biermarkt
Traditionell startet die Arbeitstagung mit einem Überblick über den österreichischen Biermarkt. Präsident Dr. Urban berichtete von einem Rückgang des Bierausstoßes um 3,0 Prozent, mit –2,5 Prozent im Inland und –5,9 Prozent im Export. Das entspricht knapp 300.000 Hektolitern. Der Pro-Kopf-Verbrauch sank auf 99,4 Liter (2022: 101,9 l, ohne alkoholfreies Bier). In den letzten zehn Jahren hat sich auch das Sortenspektrum leicht verschoben: Hinzugewonnen haben die Lager- und Märzenbiere (68,6 Prozent Gesamtanteil), alkoholfreies Bier und Radler (jeweils 3,4 Prozent).
Bei den Rohstoffen hatte Österreich 2024 ein eher schwieriges Jahr. Obwohl die Fläche für den Gerstenanbau leicht zulegte (1,4 Prozent) sank die Erntemenge um 10,6 Prozent. Hauptgründe dafür waren ergiebige Niederschläge im Herbst und ungewöhnlich hohe Temperaturen im März und April 2024. Erste Mälzungsergebnisse deuten aber auf gute bis sehr gute Qualitäten hin. Auch die Hopfenernte liegt nach Frost im Frühjahr und Hagelunwetter in Juli und August weit unter dem Durchschnitt. Für das Mühlviertel rechnet man mit 30 Prozent, in Leutschach sogar mit 50 Prozent weniger Ertrag.
Für die Biersommelier-Weltmeisterschaft in München im Vorfeld der drinktec warb Dr. Urban noch für die „Mission 25“. Das Nationalteam der Biersommeliers sucht Gelegenheiten für Bierpräsentationen in der Öffentlichkeit, um die „Expertise und Eloquenz“ der zehn Teilnehmer vor Publikum trainieren zu können.
Die Cybersicherheit ist ein Dauerthema und für viele Menschen doch ein eher abstraktes Thema. Walter Unger, Bundesministerium für Landesverteidigung, berichtete anhand vieler realer Cyberattacken, welchen Gefahren wir ausgesetzt sind, welche Mechanismen eingesetzt werden und mit welcher strategischen Zielsetzung diese in militärischen Konflikten wie dem Krieg in der Ukraine lange vor einer bewaffneten Auseinandersetzung eingesetzt werden.
Energiekonzepte
Helge Kohler, Ziemann Holvrieka GmbH, Ludwigsburg, stellte ein Energiekonzept für die Brauerei vor, bei dem man mit einer thermischen Verwertung der Treber sowohl den Wärme-, aber auch den Kältebedarf zu einem Großteil decken kann. Möglich wird das durch einen Trommeltrockner, einer Vermahlung der getrockneten Treber vor der Verbrennung und einer Absorptionskälteanlage. Kohler betonte, dass dabei keine neuen Techniken zur Anwendung kommen, sondern diese nur neu kombiniert werden. Das Konzept gibt es in verschiedenen Abstufungen: „δ Brew“ verwendet keine Primärenergie beim Maischen, „ω Brew“ gewinnt Kälteenergie zurück und mit „Chill&Heat“ wird mittels Hochleistungswärmepumpen Wärme- und Kälteenergie in einem Schritt erzeugt.
Mit der Biomassekonversion „Phoenix“ stellte Dr. Ralph Schneid, Steinecker GmbH, Attaching, ebenfalls ein Energiekonzept für eine energetisch autarke Brauerei vor. Grundvoraussetzung ist, dass Verbräuche weitgehend reduziert und Lastspitzen gesenkt werden. Mit „Brewnomic“ werden alle energetisch verwertbaren Reststoffe der Brauerei zu Biogas fermentiert. Dies wird dann über ein Blockheizkraftwerk in thermische und elektrische Energie umgewandelt. Aber viele Reststoffe im Brauprozess wie Malzstaub, Treber und Hefe können in einer Biogasanlage nicht wirklich effektiv verwertet werden. Die Biomassekonversion ermöglicht nun die Abtrennung einer Proteinwürze und die Gewinnung von hochwertigem Mineraldünger, die während des Prozesses abgetrennt werden. Die Folge ist eine raschere Umsetzung der verbleibenden Reststoffe in der Biogasanlage, die auch wesentlich kleiner dimensioniert werden muss. Außerdem verbessern Erlöse für hochwertiges Protein und Dünger die Wirtschaftlichkeit (siehe auch BRAUWELT Nr. 50, 2022, S. 1328–1331).
Prof. Werner Back ließ die „Meilensteine der Getränkebiologie der letzten 40 Jahre“ seines Forschungsbereichs Revue passieren. Für dieses vielfältige Themengebiet wurde extra die Vortragszeit verlängert. Verbesserte Methoden zur Differenzierung von Bierschädlingen, z. B. durch Bestimmung des Guanin- und Cytosingehalts der DNA, führten zu einer systematischen Einteilung der Brauerei-Mikroorganismen wie Kulturstämme (z. B. Hefen), Bierschädlinge und Bierverderber sowie der Begleitflora. Durch die Entwicklung neuer Nährböden – der Name von Prof. Back ist untrennbar mit den NBB-Medien verbunden – führte zu schnelleren und effektiveren Nachweismethoden. Die Erkennung der großen Bedeutung von Biofilmen für die Analyse mikrobiologischer Schwachstellen in der Brauerei und die Entwicklung eines Stufenkontrollplans verbesserten die mikrobiologische Betriebsüberwachung und Sicherheit entscheidend. In der Hefetechnologie wurden mit den Assimilationsverfahren in Propagatoren die Grundlagen für eine stets vitale Hefe in der Brauerei geschaffen, die auch positive Auswirkungen auf die Geschmacksstabilität hat. Und durch die biologische Säuerung lassen sich mit einfacher Anlagentechnik positive Auswirkungen auf den Gärverlauf sowie sensorische Verbesserungen bei den Bieren erzielen.
Wie „Hopfen und Hefe im Wechselspiel“ stehen, erläuterte Dr. Christina Schönberger, BarthHaas, Nürnberg. Die Stoffgruppe der Thiole steht für intensive Aromen nach tropischen Früchten, Beeren oder Zitrusfrüchten. Während der Gehalt an freien Thiolen im Hopfen sehr niedrig ist, z. B. 3–60 ng/g, sind Vorläufersubstanzen in bis zu 200facher Konzentration vorhanden. Spezielle Hefen können während der Gärung diese Aromastoffe enzymatisch freisetzen. Diese mit dem Oberbegriff Biotransformation bezeichneten Prozesse werden international durch den Einsatz von genmodifizierten Hefen erreicht, sind aber auch mit normalen Hefen möglich, wie entsprechende Versuche zeigen. Durch die Verwendung von Pellets zu verschiedenen Gabezeitpunkten, wie beim Maischen, im Whirlpool oder während der Lagerung, lässt sich die Fruchtigkeit von Bieren erhöhen.
Die neue, einheitliche 0,33l Mehrwegflasche steht in Österreich kurz vor der Markteinführung. Erich Jaquemar, Vetropack Austria GmbH, Kremsmünster, berichtete über den Entstehungsprozess und die dabei berücksichtigten Parameter. Das Ergebnis ist eine Flasche aus thermisch gehärtetem Echovai Glas, die sich durch eine Gewichtseinsparung und Reduzierung von Scuffing auszeichnet. Durch eine logistische Optimierung können sechs Reihen auf eine Europalette gepackt werden. Insgesamt wird dadurch der CO2 Ausstoß pro Flasche um ca. zwei Drittel reduziert und der Pfandsatz soll 20 Cent betragen.
Wie wichtig Pausen für uns sind, darüber sprach Gisela Obermayr, Arbeitspsychologin und Coach, Linz. Es geht dabei um eine Achtsamkeit sich selbst gegenüber und wie man den persönlichen Stress reduziert. Einfach mal das Smartphone bewusst auf die Seite legen, sich Mikropausen von ein bis zwei Minuten gönnen und kräftiges Durchschnaufen bewirkt schon eine ganze Menge.
Mit dem festlichen Bundesabend mit zahlreichen Ehrungen und einem dicken Dankeschön an die Organisatoren fand die Veranstaltung einen würdigen Abschluss. Vor der Heimreise standen noch ein Abstecher in die Zillertaler Brauerei und ihrem wirklich sehenswerten Besucherzentrum sowie ein geselliger Ausklang beim Frühschoppen auf dem Programm. Die nächste Arbeitstagung wird bei der Brauerei Schwechat stattfinden.