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25.04.2017

Der Hefe auf die Finger schauen

Die Hefe macht das Bier – wichtig also, genau hinzuschauen, was die Hefe oder die anderen Mikroorganismen da gerade so treiben. Wie man das anstellt und welche Entwicklungen gerade vorangetrieben werden, das veranschaulichte in diesem Jahr schon zum 5. Mal das Seminar Hefe- und Mikrobiologie des Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ). Nach unserer Zusammenfassung der Hefe-Themen in der BRAUWELT Nr. 15-16, 2017, folgt nun, was es am 14. und 15. März in den Bereichen Nachweismethoden und Mikroorganismen allgemein zu erfahren gab.

Mit dabei war natürlich auch BLQ-Urgestein Dr. Klaus Litzenburger. Er widmete sich diesmal der Frage, was zu tun ist, wenn durch das Betriebslabor an irgendeiner Stelle der Brauerei Infektionskeime festgestellt wurden. „Es erfordert verdammt viel Erfahrung und Wissen, um dahinter zu steigen, wo man da suchen muss.“ Praktisch, dass das Wissen dazu unter anderem Seminare wie das des BLQ vermitteln. Zum Beispiel das Wissen darum, wie man ganz genau hinschaut. Robert Riedl, BLQ, fasste in seinem Vortrag zusammen, welche klassischen und neuartigen Methoden das Mikroskop im Braulabor bietet. Durchlicht- und Auflichtmikroskopie werden im Labor des BLQ seit kurzem durch eine weitere Methode ergänzt: „Wir haben uns im letzten Jahr dazu entschieden, ein RAMAN-Konfokallaser-Mikroskop anzuschaffen.“ Dieses ergänze die klassische Partikelmikroskopie (Stichwort: Kunststoff in Bier) und erlaubt eine Identifikation von Mikroorganismen.

Robert Riedl zeigte die klassischen und modernen Methoden der Mikroskopie

Nützlinge

Dass bestimmte Eigenschaften von Mikroorganismen durchaus auch nützlich sein können, verdeutlichten zum einen Konrad Müller-Auffermann, Krones AG, und zum anderen Maximilian Michel, BLQ. Konrad Müller-Auffermann erläuterte, wie nisinbildende Mikroorganismen in der Getränkeproduktion eingesetzt werden können. Nisin ist ein antibiotisch wirkendes Peptid, das das Wachstum fast aller grampositiven Bierschädlinge verhindert. Das als Pulver erhältliche Nisin wird laut Müller-Auffermann von großen Brauereigruppen bereits zur Hefewäsche eingesetzt. Nisin habe außerdem keinerlei Auswirkungen auf die organoleptischen sowie chemisch-physikalischen Eigenschaften von Bier. „Wenn wir einen Lactococcus Lactis-Stamm finden würden, der Nisin bildet und auf einem Brauerei-relevanten Rohstoff vorkommen würde, könnte man unter Umständen das Ganze sogar Reinheitsgebots-konform machen.“

Nisinbildende Mikroorganismen im Brauereieinsatz: wie und wo erklärte Konrad Müller-Auffermann

 

Maximilian Michel stellte seine Arbeit im Bereich der Nicht-Saccharomyces-Hefen zur Bierherstellung vor und konnte einige praxisrelevante Ansätze zeigen. Es sei durchaus möglich, mit Wildhefen bzw. Nicht-Saccharomyces-Hefen ein „normales“ Bier zu brauen, allerdings müssen dann gewohnte Vorgehensweisen etwa bei Anstellhefezellzahlen oder der Einsatz der biologischen Säuerung auf den Prüfstand gestellt werden. „Wir versuchen weiterhin, ganz viele Stämme zu charakterisieren“, so Michel (mehr dazu in unserem letzten Bericht zum Seminar in BRAUWELT Nr. 15-16 oder im Artikel von Maximilian Michel in BRAUWELT Nr. 19-20, 2016, Seite 555 ff).

Betriebskontrolle

Einen umfassenden Gesamtüberblick über die biologische Betriebskontrolle, früher und heute, gab Prof. Werner Back, TU München-Weihenstephan. Für die Betriebskontrolle ist wiederum eine exakte mikrobiologische Probenahme wichtig, denn: „Um eine richtige Aussage zu einer biologischen oder chemisch-technischen Analyse treffen zu können, müssen alle Schritte, die im Vorfeld erfolgt sind, beachtet werden“, so Holger Grawe, Bitburger Braugruppe. Das schließe sowohl die Probenahmegefäße, die eigentliche Probenahme, den Probentransport als auch die Probenverarbeitung mit ein. Falsch-negative oder -positive Ergebnisse kosten schließlich bares Geld. Grawe beleuchtete, welche Punkte im Detail beachtet werden müssen und zeigte, wie dies in der Praxis bei der Bitburger Braugruppe umgesetzt wird.

 

Angeregte Diskussion beim Seminar Hefe und Mikrobiologie - hier mit Prof. W. Back (re.)

 

Nach erfolgreicher Probenahme geht es an den Nachweis: Ist etwas Bierschädliches zu finden und wenn ja, was? In diesem Zusammenhang genießt seit einigen Jahren die Real-Time-PCR viel Aufmerksamkeit. Entsprechende Test-Kits werden unter anderem von Biotecon Diagnostics GmbH, Potsdam, angeboten, deren Funktionsweise und Vorteile im Brauereibetrieb Markus Fandke, Biotecon, vorstellte. Besonders ist man natürlich auf der Suche nach Keimen, die durch eine bestimmte Eigenheit, etwa hohe Hopfentoleranz, auch besonders gefährlich für Bier werden können. Zwei Gene, die auf den Namen horA und horC hören, stehen hier im Fokus der Forscher bzw. werden zur Vorhersage des produktschädlichen Potentials herangezogen, erklärte Andre Breitbach, Milenia Biotec GmbH, Gießen. Zwar bedeute die Anwesenheit von horA oder horC nicht automatisch, dass es sich um einen stark bierverderbenden Mikroorganismus handelt und umgekehrt. Allerdings: „Der Nachweis solcher Marker-Gene kann bei einem konkreten Verdachtsmoment und unter Zeitdruck tatsächlich eine große Hilfestellung sein, um den Entscheidungsprozess in eine Richtung zu treiben“, so Breitbach.

Die Lebensweise der Bierverderber

Noch tiefer in die Welt der „Bierschädlichkeitsgene“ stieg Dr. Andreas Geisler, Lehrstuhl für technische Mikrobiologie, TU München-Weihenstephan, ein. Als Teil seiner Promotionsarbeit unter dem Titel „Genomische Plastizität – der Schlüssel zur Lebensweise bierverderbender Milchsäurebakterien“ untersuchte Dr. Geisler unter anderem Plasmide als Quelle neuer Produktschädlichkeitsgene. Durch diese aufwändige Arbeit wurden insgesamt sieben speziesunabhängige Produktschädlichkeitsgene identifiziert, was wiederum dazu führe, dass bestehende Nachweissysteme verbessert werden können.

Legionellen

Auch abseits von Hefen, Mikroorganismen zur Bierherstellung und bierschädlichen Mikroorganismen muss in der Betriebsmikrobiologie einiges im Auge behalten werden. Das zeigen Fälle wie 2013 der Legionellen-Befund in Warstein. Warum der Nachweis von Legionellen im Abwasser ein Spagat zwischen rechtlichen Vorgaben und diagnostischen Möglichkeiten ist, erklärte Dr. Claudia Beimforth, vermicon AG, München. Das Standardverfahren zur Quantifizierung von Legionellen im Trinkwasser sei leider sehr langwierig. Schnellere Methoden per PCR oder FISH/VIT Gensondenverfahren stehen aber zur Verfügung. Dr. Beimforth gab auch einen Erklärungsansatz, warum gerade Brauereien in den Fokus bei der Suche nach Legionellen geraten. Bei der Untersuchung von Abwasserproben einer Brauerei per VIT-Gensondenverfahren auf Legionella pneumophila, wurden in Hefezellen dicht gepackt Bakterienzellen nachgewiesen. Die Hypothese: „Evtl. benutzen die Legionellen in der Brauerei gerne die Hefe als Shuttle, um sich vor widrigen Umständen zu schützen.“ Dazu werden weitere Untersuchungen unternommen, vielleicht gibt es ja schon beim nächsten Seminar Hefe und Mikrobiologie in Weihenstephan mehr zu berichten.

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