Ohne geht es nicht
Der Brauer macht die Würze, die Hefe macht das Bier. Ein alter Spruch, der nichts an Gültigkeit eingebüßt hat. Ohne Hefe kein Bier, daran ändert auch nicht, dass es heute nicht mehr „nur“ obergärige und untergärige Hefe gibt. Wer sich in kompaktem Format einen Eindruck von den aktuellen Entwicklungen im Bereich Hefe und Mikrobiologie verschaffen möchte, hatte dazu am 14. und 15. März Gelegenheit. Das Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) widmete dem Thema in diesem Jahr nun schon zum fünften Mal ein zweitägiges Seminar. 71 Teilnehmern wurde ein hochinteressantes, vielfältiges und praxisnahes Programm rund um die kleinen Helfer, aber auch Problemkinder der Brauerei-Mikrobiologie geboten.
Einen Namen machen
Hefe rückt immer mehr als wesentliche Stellschraube für das fertige Bier in den Vordergrund. Am BLQ ist man daher bestrebt, diesen Stars und Sternchen der Mikrobiologie auch entsprechend klangvolle Namen zu geben und passend zu charakterisieren. Namen wie „LeoBavaricus (TUM 68) und „LunaBavaria“ (TUM 127) fielen daher im Laufe des Seminars häufiger. Tim Meier-Dörnberg, BLQ, stellte die aktuell schon etablierten und mit Markennamen wie den obigen versehenen Hefe-Stämme kurz vor und erläuterte die Herangehensweise zur Charakterisierung der einzelnen Hefen. (Kleiner Tipp am Rande: Einen Überblick über die zehn wichtigsten TUM-Hefestämme, die Stars, gibt das TUM-Hefeposter, das über http://www.carllibri.com/poster-TUM-Hefen bezogen werden kann.) Die aufstrebenden Sternchen der TUM-Hefen seien zum Beispiel solche wie Saccharomyces cerevisiae var. diastaticus. Diese Hefe könne etwa zur Herstellung Kohlenhydrat-reduzierter und für Diabetiker geeigneter Bier herangezogen werden. Vorsicht sei allerdings geboten, da je nach Diastaticus-Gattung immer noch das bekannte Schadpotential der Hefe gegeben ist, wie ungewollte Trübungen oder Bombagen. Daher taucht Saccharomyces cerevisiae var. diastaticus auch immer wieder im Jahresbericht zur Brauereimikrobiologie auf, welchen Dr. Mathias Hutzler, BLQ, für das Jahr 2016 kurz darstellte. Neben der Suche nach Schadkeimen, begibt sich Dr. Hutzler aber auch auf Hefejagd und ist damit schon fast zum Fernsehstar geworden. Beim Seminar in Weihenstephan erläuterte er noch einmal, wie bei der Hefejagd in alten Braukellern vorgegangen wird.
Die Vielfalt der Hefen bringt Dr. Martin Zarnkow zum Einsatz, der am Beispiel der Haferbierbereitung ausprobiert hat, welche Hefe wie mit dem gegenüber normalen Gerstenmalzwürzen veränderten Substrat umgeht. Generell seien die Vergärungsgrade von Haferbieren etwas niedriger, und es werden vermehrt Ester gebildet. Die breite Varianz an unterschiedlichen Bieren, die in den beschriebenen Versuchen erreicht wurde, beeindruckt. „Das ist schon gewaltig, was man damit machen kann“, so Dr. Zarnkow.
Hat Einfluss
Wie die Würzezusammensetzung und der Hefestamm bei „normalen“ Gerstenmalzwürzen auf die Bildung von DMS während der Gärung einwirken, verdeutlichte Matthias Baldus, TU Berlin. Er setzt sich schon längere Zeit mit der Bedeutung des DMS-Vorläufers DMSO für den Brauprozess auseinander (siehe mehrteiliger Beitrag ab BRAUWELT Nr. 36/2014). Versuchsgärungen haben laut Baldus gezeigt, dass alle getesteten Hefestämme in der Lage sind, DMSO zu reduzieren. Das Resultat war dann eine signifikante Zunahme von DMS. Aber: „Der Großteil [an DMS] wird in der Brauerei im ZKG wahrscheinlich durch CO2- Desorption entfernt.“ Dennoch sei es daher immer noch sehr wichtig, den DMSO-Gehalt in der Würze zu kennen. Einen ebenfalls wichtigen Kennwert der Würze stellt der Zinkgehalt dar. Wie der Zinkgehalt in der Würze auch im Rahmen des Reinheitsgebotes beeinflusst werden kann, dass erklärte Dr. Hubertus Schneiderbanger, BLQ (ganz genau nachzulesen in BRAUWELT Nr. 3/2017, ab Seite 58).
Die Hefe wiederum nimmt Einfluss auf die Aromaausprägung der Hopfennote. Wie, darauf versucht Korbinian Haslbeck, BLQ, eine Antwort zu finden. Als von der Hefe beeinflussten und für das Aroma wichtigen Hopfeninhaltsstoff hat Haslbeck vor allem die Terpenalkohole, also etwa Geraniol, ausgemacht. In Versuchen habe sich gezeigt, dass Hefen die Ausbeute an Monoterpenalkoholen beeinflussen. Die Kombination aus Hopfensorte und Hefestamm spiele eine wichtige Rolle, die Ausprägung und Intensität des Hopfenaromas sei über eine Kombination aus Hopfensorte/Gabezeitpunkt und Hefestamm zu beeinflussen.
Reinzucht
Immer wichtig für die Ausprägung der von der Hefe gebildeten Aromastoffe ist deren Vitalität. Um möglichst gärkräftige, vitale Hefe zur Verfügung zu stellen, stehen den Brauern heute Anlagenkonzepte von der Hefereinzuchtlösung für die Mikrobrauerei bis zum Hefemanagementcenter zur Verfügung. Helmut Kühnl, Verkausleiter bei Esau und Hueber, stellte die verschiedenen Anlagenlösungen der Schrobenhausener vor. Die Reinzuchtanlagen stellen dann einen möglichst vitalen Hefesatz zur Verfügung, natürlich möglichst frei von anderen ggf. bierschädigenden Mikroorganismen. Dennoch kommen diese in Bier zuweilen vor.
Wie den ungeliebten Mirkoorganismen auf die Spur zu kommen ist, welche Methoden dazu derzeit entwickelt werden und dass einige der Störenfriede sich evtl. sogar als nützlich erweisen können, war auch Thema beim Seminar. Was genau hierzu präsentiert wurde, lesen Sie in der nächsten BRAUWELT.
Schlagworte
Hefe Laborausrüstung Mikrobiologie Bakterien
Autoren
Christoph Habel
Quelle
BRAUWELT 15-16, 2017, S. 425-426