20.03.2023
Sicherer Betrieb von Kälte- und Klimaanlagen
Kälteanlagen und Verordnungen | In Brauereien werden Kälte- und Klimaanlagen für zahllose Anwendungen benötigt: von der Lagerkühlung über die Würzekühlung, die Brauwasservorkühlung bis hin zur Klimaanlage im Büro, um nur einige Einsatzbereiche zu nennen. Betreiber müssen neben dem störungsfreien und energieeffizienten Betrieb auch sicherstellen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
In den meisten Brauereien kommen Kälteanlagen mit dem Kältemittel Ammoniak zum Einsatz. Mit diesem erprobten und für Industriekälteanlagen hervorragend geeigneten Kältemittel sind Betreiber gut gerüstet für die Herausforderungen, denen sich die Kälte- und Klimabranche derzeit stellen muss. Denn als natürliches Kältemittel ist Ammoniak von vielen Verordnungen und Verboten nicht betroffen – ganz im Gegensatz zu fluorierten Kältemitteln (F-Gasen).
Dennoch gibt es auch in Brauereien zahlreiche Kälte- und Klimaanlagen, in denen F-Gase verwendet werden. Bei der Verwendung dieser Kältemittel – auch bei Ammoniak – gibt es viele Betreiberpflichten, die es zu beachten gilt. Aber auch neue nationale und europäische Verordnungen haben Auswirkungen auf die künftige Nutzung von Kältemitteln. Diese müssen Betreiber bei ihren Investitionsentscheidungen heute schon beachten.
Dokumentationspflichten
Mehrere europäische Verordnungen und Normen, z. B. die EU-VO 517/2014 (F-Gase-Verordnung), sowie die nationale Gesetzgebung, z. B. die Chemikalien-Ozonschichtverordnung (ChemOzonSchichtV) und Chemikalien-Klimaschutzverordnung (ChemKlimaschutzV), stellen die Betreiber von Kälte- und Klimaanlagen mit fluorierten Kältemitteln vor umfassende Aufgaben.
Dazu zählen u. a. regelmäßige Leckagekontrollen, Maßnahmen zur Emissionsreduzierung, die Optimierung der Energieeffizienz, Wartungsaufgaben, Protokollpflichten und die Erfassung direkter und indirekter Emissionen. Aufgrund der Anlagengrößen in der Brauereiwirtschaft und der dadurch vorhandenen großen Füllmengen an Kältemittel werden die meisten Betriebe hierzu verpflichtet sein. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der EG-VO 517/2014 sind Betreiber von Anlagen, für die eine Dichtheitskontrolle vorgeschrieben ist, zum Führen umfassender gesetzlich festgelegter Aufzeichnungen verpflichtet. Dazu gehören u. a.:
- Menge und Art der fluorierten Treibhausgase;
- Menge der fluorierten Treibhausgase, die hinzugefügt wurde;
- Angaben dazu, ob die eingesetzten fluorierten Treibhausgase recycelt oder aufgearbeitet wurden;
- Menge der rückgewonnenen fluorierten Treibhausgase;
- Zeitpunkte und Ergebnisse der nach Artikel 4 Absätze 1 bis 3 durchgeführten Kontrollen.
Novelle des Chemikaliengesetzes
Viele dieser Anforderungen und speziell diejenigen, die sich aus der F-Gase-Verordnung ergeben, sollten bekannt sein – sind sie doch schon seit Jahren gültig. Ob sie auch alle umgesetzt werden, steht auf einem anderen Blatt. Relativ neu ist eine Ergänzung des deutschen Chemikaliengesetzes (ChemG), durch die es erforderlich wird, einen Nachweis zu erbringen, dass die verwendeten F-Gase den Vorgaben der F-Gase-Verordnung und des Chemikaliengesetzes entsprechen.
Konkret geht es vor allem darum, den illegalen Kältemittelhandel zu unterbinden oder zumindest zu erschweren. Die durch die F-Gase-Verordnung vorgegebene Reduzierung (sog. Phase-down) der verfügbaren Kältemittelmenge (umgerechnet in CO2-Äquivalente), die in der EU in Verkehr gebracht werden darf, hat zu einer Verknappung und einem damit einhergehenden Preisanstieg bei fluorhaltigen Kältemitteln geführt. Dies wiederum sorgte für illegale Kältemittelimporte, die nicht von der gesetzlich erlaubten maximalen Quote erfasst werden.
Um dieser Entwicklung Einhalt zu bieten, hat der Gesetzgeber das ChemG modifiziert. Händler, Fachbetriebe und auch Betreiber müssen nun jederzeit nachweisen und dokumentieren können, dass das verwendete Kältemittel legal in den Markt gebracht wurde. Zuwiderhandlungen können gem. § 26 Abs. 1 Chemikaliengesetz und §§ 4 und 13 Chemikalien-Sanktionsverordnung mit Geldbußen bis zu 50 000 EUR pro Verstoß belegt werden oder gem. §§ 3 und 12 Chemikalien-Sanktionsverordnung mit Freiheitsentzug bis zu zwei Jahren bestraft werden.
Besonderheiten bei der Verwendung natürlicher Kältemittel
Anlagen mit natürlichen Kältemitteln wie R290 (Propan), R717 (Ammoniak), R718 (Wasser) oder R744 (CO2) sind weder von der EU-VO 1005/2009 noch von der EU-VO 517/2014 erfasst. Aber obwohl die F-Gase-Verordnung für diese Kältemittel keine Dichtheitsprüfungen vorschreibt, ergibt sich z. B. aus dem Chemikaliengesetz und der Betriebssicherheitsverordnung die Pflicht zu regelmäßigen Überprüfungen der Anlagen.
Auch bei Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln müssen also Betreiberpflichten erfüllt werden und es empfiehlt sich das Führen eines Logbuchs. Hierbei geht es vor allem um den sicheren Betrieb der Anlage. Egal, welches Kältemittel eingesetzt wird, Betreiber müssen in jedem Fall eine Gefährdungsanalyse durchführen (Betriebssicherheits-VO § 3).
Arbeitgeber müssen Art, Umfang und Fristen der erforderlichen Prüfungen für den sicheren Betrieb des Arbeitsmittels „Kältemittel“ ermitteln und festlegen. Gefährdungsanalysen dürften meist zum Ergebnis kommen, dass eine regelmäßige Lecksuche erforderlich ist.
Auch wenn es keinen zeitlich festgelegten Rahmen für Dichtheitsprüfungen bei Anlagen mit natürlichen Kältemitteln durch die F-Gase-Verordnung gibt, kann zur Ermittlung von Prüffristen die Empfehlung in Teil 4, Anhang D Tabelle D3 der DIN EN 378 herangezogen werden, in der jährliche Prüfungen ab 3 kg, halbjährliche ab 30 kg und vierteljährliche ab 300 kg Füllmenge genannt werden. Dichtheitskontrollen nach der Installation und vor der Inbetriebnahme der Anlage sind in jedem Fall erforderlich [1].
Branchensoftware bietet Rechtssicherheit
Um die vielfältigen Dokumentationspflichten beim Umgang mit fluorhaltigen Kältemitteln einfach und rechtssicher bewältigen zu können, hat der VDKF e.V. (Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe, www.vdkf.de) bereits 2006 mit VDKF-LEC (www.vdkf-lec.de) eine Branchensoftware entwickelt, die in unterschiedlichen Versionen sowohl von Betreibern als auch von Kälte-Klima-Fachbetrieben eingesetzt werden kann.
Da VDKF-LEC immer den gesetzlichen Vorgaben entsprechend aktualisiert wird, besteht jederzeit Rechtssicherheit durch die Berücksichtigung neuer Gesetze und Verordnungen. Logbücher und Dichtheitsbescheinigungen in Papierform sind durch den Einsatz der Software nicht mehr nötig, nicht mehr auffindbare Anlagendokumente oder unterschiedliche Versionen bei Fachbetrieben und Betreibern gehören der Vergangenheit an.
VDKF-LEC wird vor allem von den mit der Wartung beauftragten Kälte-Klima-Fachbetrieben eingesetzt. Viele Betreiber möchten jedoch selbst jederzeit einen möglichst umfassenden und aktuellen Überblick über ihre Kälte- und Klimaanlagen haben. Hierbei unterstützt die VDKF-LEC-Betreiberversion, die als zentrale Datenbank beim beauftragenden Unternehmen installiert werden kann. Sie dient Anlagenbetreibern als Controlling-Instrument im Hinblick auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften, die beim Betrieb von Kälteanlagen beachtet werden müssen. Der Betreiber hat jederzeit Zugriff auf alle Anlagendaten und Dokumente in Form von Anlagenlogbüchern, Dichtheitsbescheinigungen, etc.
Novellierung der F-Gase-Verordnung
Die eingangs erwähnte und seit 2015 gültige F-Gase-Verordnung regelt die in der EU zur Verfügung stehende Menge an F-Gasen, die durch den Phase-down schrittweise reduziert wird. Die F-Gase-Verordnung befindet sich derzeit in einem Novellierungsprozess, und die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verschärfungen hätten deutliche Auswirkungen auf die zur Verfügung stehende Menge an fluorierten Kältemitteln. In der Novellierung ist nämlich vorgesehen, dass der Phase-down deutlich beschleunigt und für weitere Anwendungen ein Verwendungsverbot eingeführt wird. In wenigen Jahren hätten wir eine Kälte- und Klima-Welt, in der praktisch nur noch natürliche Kältemittel verwendet werden könnten, weil fluorierte Kältemittel kaum noch verfügbar wären. Dies betrifft sowohl Neuanlagen als auch Bestandsanlagen, falls für Servicezwecke Kältemittel nachgefüllt werden muss.
Der Großteil der Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen im Bestand in Deutschland verwendet fluorierte Kältemittel, und diese lassen sich in den meisten Fällen nicht auf natürliche Kältemittel umrüsten. Im Fall einer Leckage an einer Anlage wäre künftig möglicherweise kein Kältemittel verfügbar, um die Anlagen zeitnah wieder in Betrieb zu nehmen. Was dies für den zwingend erforderlichen Betrieb bei systemrelevanten Anwendungen bedeuten würde, liegt auf der Hand: Stillstand mit allen Konsequenzen. Für Betreiber, die auf der sicheren Seite sein wollen, bleibt nur der Komplettaustausch einer funktionierenden Anlage als Option – was mit hohen Investitionen verbunden ist und jeglichem Nachhaltigkeitsgedanken widerspricht.
Sowohl Hersteller- als auch Handwerksverbände wie der VDKF und die Landesinnung Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg (LIK) haben den Entwurf kritisch kommentiert und auf die drastischen Auswirkungen für Betreiber, Hersteller, Handwerk sowie die Wirtschaft und den Klimaschutz hingewiesen, die sich durch eine Verschärfung der F-Gase-Verordnung ergeben würden.
Noch ist nicht entschieden, ob die Verordnung wie beschrieben novelliert wird. Betriebe der Brauereiwirtschaft, die fluorhaltige Kältemittel im Einsatz haben oder Neuanlagen planen, sollten sich aber mit der Thematik näher beschäftigen. Hierfür eignet sich u.a. ein Brandbrief zur Novellierung der F-Gase-Verordnung, mit dem sich mehrere Verbände an die Politik gewandt haben (www.vdkf.de/brandbrief-zur-novellierung-der-f-gase-verordnung). Darin werden einige Sachverhalte in diesem Zusammenhang erläutert. Wer weitere Informationen benötigt, kann sich auch gerne an den Autor wenden.
PFAS-Verbote und REACH-Verordnung
Es gibt noch eine weiteres Kältemittelthema, das die Kälte- und Klimabranche beschäftigt: PFAS. PFAS sind Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, für die auf EU-Ebene ein Beschränkungsverfahren innerhalb der REACH-Verordnung (Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) angestrebt wird. PFAS werden in sehr vielen Produkten verwendet, darunter Mobiltelefone, Kosmetika, Farben und Feuerlöschschäume. Einmal freigesetzt verbleiben sie jedoch aufgrund ihrer außerordentlichen chemischen Stabilität über Jahrzehnte in der Umwelt und können schädliche Wirkungen auf Mensch und Natur haben.
Zur PFAS-Stoffgruppe gehören, bis auf wenige Ausnahmen, auch die meisten fluorierten Kältemittel. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat am 7. Februar 2023 den Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, der Verwendung und des Inverkehrbringens (einschließlich der Einfuhr) von PFAS veröffentlicht. Voraussichtlich 2025 kann mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission über diesen Vorschlag gerechnet werden.
Sollte der PFAS-Beschränkungsvorschlag angenommen werden, wäre dies eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe seit Inkrafttreten der REACH-Verordnung 2007. Sofern die eigentlich bereits durch die F-Gase-Verordnung regulierten Kältemittel zusätzlich auch unter die REACH-Verordnung und das mögliche PFAS-Verbot fallen sollten, würde dies den Einsatz von fluorierten Kältemitteln künftig erschweren oder unmöglich machen.
Zusammenfassung
Betreiber von Kälte- und Klimaanlagen müssen eine Fülle von Vorschriften und Gesetzen beachten, die sich aus den Bereichen Chemikalienrecht, Betriebssicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz ergeben. Dies betrifft vor allem Anlagen mit fluorierten Kältemitteln, für die spezielle Anforderungen gelten. Hierzu zählen vor allem die F-Gase-Verordnung und die REACH-Verordnung.
Quellen
- https://www.bfs-kaelte-klima.de, Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik, Maintal (abgerufen am 9.2.2023)
Schlagworte
Kälte- und Klimatechnik Gesetz Verordnung
Autoren
Christoph Brauneis
Quelle
BRAUWELT 12-13, 2023, S. 304-306
Firmen
- VDKF - Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe e.V., Bonn, Deutschland