Omas alte Schlagfalle wieder im Rennen?
Die jüngsten Vorgaben zu den neuen Anwendungsvorschriften zur Prophylaxe und Bekämpfung von Schadnagern machten ein Umdenken nötig. Neue, teils restriktive und radikale Anwendungsvorschriften fordern, den Einsatz toxischer Köder mehr und mehr zu verbannen und durch biozidfreie Alternativen zu ersetzen. Bei Ratten ist dies aufgrund der biologischen Lebens- und Verhaltensweisen ein doch eher schwieriges Unterfangen, aber bei Mäusen scheint ein großer Wurf gelungen zu sein.
Die Schädlingsbekämpfung ist eigentlich erst mit Entwicklung der chemischen Industrie Anfang des letzten Jahrhunderts wirklich effizient und nachhaltig geworden. Bei der Schadnagerbekämpfung, die für die Menschheit spätestens mit Beginn der Vorratshaltung ein Thema war, kamen zunächst hochtoxische Wirkstoffe wie Thallium, Arsen oder Strychnin zum Einsatz. Doch waren diese sehr giftigen Rodentizide nicht von längerem Erfolg gekrönt. Denn erstens setzten die Vergiftungssymptome sehr rasch – unter Umständen schon am Köder – ein, was zur Folge hatte, dass zunächst Ratten, dann aber auch Mäuse eine Köderscheu entwickelten. Und zweitens stellten diese hochtoxischen Substanzen auch eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar, weshalb man schon in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts gezwungen war, von diesen Akutgiften Abstand zu nehmen und in eine andere Richtung zu denken. Die Alternative ließ nicht lange auf sich warten, schon 1948 kamen die sogenannten Blutgerinnungshemmer oder Antikoagulantien in der ersten Generation (Tab. 1) auf den Markt. Wesentliche Vorteile waren die weitaus geringere Toxizität gegenüber den Akutgiften und die zeitlich versetzte Wirkung, durch die Ratten und Mäuse nicht registrierten, dass sie Gift gefressen hatten. Wirkstoffe wie Warfarin, Coumatetralyl und Chlorphacinon machten sich nun als Rodentizide einen Namen. Der Wirkmechanismus war bei allen Wirkstoffen immer gleich: Die Blutgerinnungsfähigkeit wurde auf Null reduziert, parallel dazu stellte sich eine Kapillarbrüchigkeit ein, so dass Blut aus den Gefäßen ins Gewebe sowie in die inneren Organe austreten konnte und die Nager durch diesen Blutverlust schließlich an den Folgen eines massiven Kreislaufversagens starben. Doch auch der Erfolg dieser Wirkstoffe war nicht von allzu langer Dauer. Der größte Nachteil bestand darin, dass die Ratten und Mäuse mehrmals von diesen Ködern fressen mussten, weil sich eine letale Dosis im Körper erst kumulativ aufbauen konnte. Bei Ratten konnte dies zwei bis drei Wochen und bei Mäusen drei bis acht Wochen dauern. Erschwerend kam hinzu, dass sich der Körper unter Umständen regenerierte, wenn die Köderaufnahme nicht regelmäßig an aufeinander folgenden Tagen stattfand. Dies konnte wiederum Resistenzen zur Folge haben.
Der neue Ansatz waren die Antikoagulantien der zweiten Generation (Tab. 2). Eigentlich blieb alles beim Alten, nur war jetzt ein entscheidender Nachteil ausgemerzt, denn Ratte und Maus mussten bis zum zeitversetzten Einsatz der letalen Wirkung von den neuen Blutgerinnungshemmern nur noch einmal fressen – die sogenannten Single-Dose-Präparate waren gefunden. Doch auch dieser Vorteil war wiederum mit einem Nachteil verbunden: Die neuen Wirkstoffe der 2. Generation haben wieder eine höhere Toxizität, was unter anderem bedingt durch die Biozidgesetzgebung zu den sogenannten Risikominderungsmaßnahmen geführt hat, die ja bekanntlich biozidfreie Alternativen bei der Prophylaxe und Bekämpfung von Schadnagern präferieren.
Renaissance der Schlagfalle
Es ist nicht das erste Mal, dass man sich in Krisenzeiten auf alte Tugenden besinnt. So war es, zumindest in Fachkreisen, nicht weiter verwunderlich, dass die gute alte Schlagfalle bei der Prophylaxe und Bekämpfung von Mäusen heute in neuem Glanz erstrahlt. Zwar haben die Antikogulantien sie seinerzeit etwas vom Markt gedrängt, aber so richtig weg vom Markt war sie zumindest in der professionellen Schädlingsbekämpfung nie. Denn schließlich hat sie gerade bei der Bekämpfung von Mäusen gravierende Vorteile gegenüber der Ködertechnik. Mäuse sind neugierig, in keiner Weise argwöhnisch und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Mit Schlagfallen konnte man gerade zu Beginn einer Mäusebekämpfung die Populationen erheblich dezimieren, womit dieses Fallensystem für den Einsatz gegen Mäuse regelrecht prädestiniert ist. Und – nicht zu vergessen – Antikoagulantien wirken um Tage zeitversetzt, Schlagfallen wirken sofort. Da die Schlagfalle alleine auf die Maus keinerlei Lockwirkung ausübt, hat man sich oft mit Tricks beholfen und die Schlagfallen mit Nutella, Erdnussbutter, Speck oder Käse versehen, was die Attraktivität dieser Fallen natürlich wesentlich steigerte. Aber, waren die Reviere der kleinen Nager nicht bekannt, musste man unter Umständen je nach Raumgröße viele solcher Fallen aufstellen, um erfolgreich zu sein. Größter Nachteil war allerdings, dass die Schlagfallen täglich kontrolliert werden mussten, denn hatte man eine Maus erwischt, sollte diese schnellstens entfernt werden, damit die Falle neu gespannt werden konnte und einsatzbereit war. Der in der Falle befindliche Mäusekadaver wirkt abschreckend auf die Artgenossen, deshalb sollten nach der Kadaverentfernung alle Fallenteile auch gründlich gereinigt und desinfiziert werden.
Anis, Curry, Vanille… die neuen Verlockungen
Neu ist jetzt allerdings, dass man sich bei der Lockwirkung nicht mehr mit Tricks behelfen muss, da es mittlerweile professionelle Kunststoffköder gibt, die mit verschiedenen Lockstoffen aromatisiert sind und exakt in alle gängigen Schlagfallensysteme passen. Bei den Lockstoffen kann man je nach den Bedingungen am Einsatzort verschiedene Aromen wählen, wie z.B. Fisch, Fleisch, Vanille, Anis, Schokolade, Curry oder Erdnuss. Dies hat den Vorteil, dass man den Nagern ein alternatives Nahrungsangebot suggeriert, was die Schlagfallen ausgesprochen attraktiv macht, da die Aromen für Mäuse mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn selbst über Distanzen wahrnehmbar sind. Für extrem trockene Bereiche gibt es auch Lockflüssigkeiten mit den Aromen Bittermandel und Vanille. Die aromatisierten Lockstoffköder haben eine lange Haltbarkeit von mindestens 3 Monaten, sind allergenfrei und damit unbedenklich für alle Lebensmittelbereiche. Und selbst wenn einmal Wasser ins Spiel kommt, die Aromen bleiben erhalten, der Kunststoff zersetzt sich aufgrund der Feuchtigkeit nicht und es kommt zu keiner Schimmelpilzbildung.
Alarm- und Funkservice
Neu ist jetzt auch, dass zeitgemäße Mäuseköderboxen aus Kunststoff so gefertigt sind, dass sie mit Schlagfallen bestückt werden können. Mit diesen Systemen hat man dem Verhalten von Mäusen noch einmal mehr Rechnung getragen, denn sie schlüpfen gerne und neugierig in alle kleinen Löcher oder Spalten. Diese neuen Köderstationen sind in zwei Varianten auf dem Markt: einmal mit Platz für eine Schlagfalle oder als Tunnel mit zwei Schlagfallen, so dass die von rechts wie auch die von links kommende Maus immer zielsicher erwischt wird. Vorteilhaft ist, dass es bei diesen in Köderstationen integrierten Schlagfallen kein Entrinnen mehr gibt. Während bei einer frei stehenden Schlagfalle die Mäuse dem Schlagbügel mitunter seitlich ausweichen konnten, fehlt in der Köderstation der Platz zum seitlichen Ausweichen. Zusätzlich können diese Köderstationen mit einem Alarmmodul ausgestattet werden. Dieses Modul meldet nach Auslösen der Falle einen deutlich hörbaren Piepston, der bis zur Deaktivierung alle 30 Sekunden ertönt. Wesentlich komfortabler sind die Funkmodule: Anstelle des akustischen Alarmsignals gibt es eine SMS auf das Handy und/oder eine E-Mail auf den PC, so dass man sofort darüber informiert ist, welche Falle ausgelöst hat und man gezielt reagieren kann. Das erspart tägliche Kontrollgänge. Alarm- und Funkmodul können auch kombiniert werden. In den Bereichen, in denen Mitarbeiter tätig sind, setzt man die preisgünstigeren Alarmmodule mit akustischem Signal ein und dort, wo keine Beschäftigten oder nicht laufend Beschäftigte tätig sind, die Funkmodule. Positiv kommt hinzu, dass diese Systeme zwar den Vorgaben der Risikominderungsmaßnahmen bezüglich biozidfreier Alternativen entsprechen, nicht aber unter diese Bestimmungen fallen. Es handelt sich nicht um Antikoagulantien, deshalb kann und darf jeder Mitarbeiter eines Getränkeherstellers auch ohne Sachkunde diese Schlagfallen einsetzen. Mit solchen Systemen hat man als Lebensmittelbetrieb nicht nur die gesetzlichen Auflagen in vollem Umfang erfüllt, man spart sich zusätzlich die tägliche Kontrolle durch eigene Mitarbeiter oder Kontrollgänge des Schädlingsbekämpfers. Übrigens können diese Alarm- oder Funkmodule auch in Lebendfallen integriert werden.
Der richtige Platz
Aber Schlagfallen mit Lockstoffen und Hightech richten nichts aus, wenn sie falsch positioniert sind, das heißt abseits der Laufwege und außerhalb der Reviere. Also ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Fallen in den Revieren positioniert werden, denn die Fallen müssen zu den Nagern gebracht werden. Problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass bei Mäusen das rudelführende Männchen nur ein Männchen im Revier duldet. Werden die männlichen Nachkommen geschlechtsreif, was in der Regel acht Wochen nach der Geburt ist, werden sie vom Familienoberhaupt vertrieben, bilden mit ein paar Weibchen neue Familien und damit neu Reviere. Je nach Befallsintensität können also zwei, drei oder mehrere verschiedene Reviere in einem Objekt vorliegen. Zum Glück haben Mäuse aber einen sehr regen Stoffwechsel und scheiden pro Tag und pro Maus etwa 50 Kotkrümel aus, so dass anhand der Kotspuren die Reviere sehr gut erkannt werden können. Ist man sich nicht sicher, ob die Kotspuren alt oder frisch sind, empfiehlt es sich, zunächst die vorhandenen Kotpartikel zu entfernen. Liegt aktiver Befall von Mäusen vor, werden schon am nächsten Tag frische Kotspuren zu sehen sein, womit man nun auch um die Reviere weiß. Will man absolut sichergehen, kann man immer noch eigens für diese Zwecke entwickelte Nachtsichtkameras mit Bewegungssensoren einsetzen, die alle Bewegungen von Mäusen per Bild oder Video aufzeichnen. Hat man die Reviere der Nager erkannt, heißt es Fallen positionieren. Wie viele Fallen zum Einsatz kommen müssen, hängt natürlich vom Objekt und den jeweiligen Raumgrößen ab. Es reicht nicht aus, nur an einigen wenigen Stellen Fallen zu positionieren, vielmehr ist es unabdingbar erforderlich, an vielen Stellen in Abständen von wenigen Metern Fallen aufzustellen. Mäuse haben unter Umständen kleine Reviere und, wie schon zuvor erwähnt, breiten sie sich explosionsartig aus, was bei der Positionierung solcher Fallensysteme berücksichtigt werden muss.
Wer schreibt, der bleibt
Der Gesetzgeber wie auch die gängigen Lebensmittelstandards (IFS, BRC, etc.) schreiben eine Dokumentation bei allen Maßnahmen zur Prophylaxe und Bekämpfung von Schädlingen vor. Damit ist eine Dokumentation auch beim Einsatz von Schlag- und Lebendfallen gegen Mäuse zwingend notwendig. Wichtig ist hier im ersten Schritt ein Lageplan, der aufzeigt, wo diese Systeme und wie viele Systeme im Betrieb positioniert sind. Ein Verlaufsprotokoll sollte dann im zweiten Schritt Auskunft darüber geben, welche Falle, wann und wo ausgelöst hat, damit man im Laufe der Zeit die Aktivitäten der Mäuse und die Befallsareale erkennen kann. Aber eine Dokumentation sollte nicht nur dem Zweck dienen, die ergriffenen Maßnahmen und erkannten Fakten aufzeigen. Vielmehr sollte die Dokumentation auch zur Auswertung genutzt werden. Festhalten sollte man im Rahmen einer solchen Dokumentation immer auch, um welche Art von Mäusen es sich handelt, die man mittels Falle gefangen hat. Sind es Feldmäuse, so ist die Ursache im Außenbereich zu suchen, denn Feldmäuse sind Erdbewohner und werden das menschliche Umfeld nur zur Nahrungssuche aufsuchen. Die folgenden Fragen müssen jetzt schlüssig beantwortet werden können: Wo sind die Bauten der Feldmäuse? Ist der Außenbereich mit ausreichenden Köderstationen versehen? Warum haben die im Außenbereich befindlichen Köderstationen nicht dazu beigetragen, Feldmäuse bereits außerhalb von Gebäuden zu eliminieren? Sind es Feldmäuse, so müssen Zulaufmöglichkeiten gegeben sein, diese gilt es zu finden und zu eliminieren, damit ein weiterer Zulauf unterbunden wird. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass erwachsene Mäuse durch Löcher mit 5 mm Durchmesser passen. Sind es Hausmäuse, ist die Ursache im Innenbereich zu suchen: Irgendwo im Betrieb müssen Nester sein, wo sind diese? Hausmäuse können nicht im Freiland leben, sie kommen immer als blinde Passagiere mit irgendwelchen Waren in den Betrieb. Welche Waren sind es? Wird via Dokumentation erkannt, dass immer nur bestimmte Betriebsbereiche von Mäusen befallen sind, muss dies eine Ursache haben, die es zu identifizieren und eliminieren gilt.
Ist die Quadratur des Kreises gefunden?
Nein, die Quadratur des Kreises ist mit Sicherheit nicht gefunden, aber es ist ein hocheffizientes System für die zuverlässige Prophylaxe und Bekämpfung von Mäusen entwickelt worden, das es ermöglicht, ohne den Einsatz toxischer Substanzen Mäusen wirkungsvoll zu begegnen.
Gleichzeitig ist ein System entwickelt worden, das im Trend der Zeit liegt und den Vorgaben der jüngsten Gesetzgebung in vollem Umfang entspricht. Natürlich wird man zunächst bei der Einführung durch Kosten für eine solche Investition belastet, aber man wird im Laufe der Zeit auch durch die nicht mehr notwendigen Inspektionen von Kosten entlastet, so dass sich auf Zeit gesehen eine solche Investition immer rechnet.
Schlagworte
Betriebskontrolle Schädlingsbekämpfung Schlagfalle
Autoren
Thomas F. Voigt
Quelle
BRAUWELT 7, 2017, S. 189-192