14.02.2017

Ist Ihre Tourenplanung fit für die Saison?

Oder blicken Sie etwas angespannt auf die kommende umsatzstärkste Zeit? Dann gehören Sie vielleicht zu denjenigen, die die letzte Saison „irgendwie“ und nicht selten mit zu hohen Transportkosten hinter sich gebracht haben. Nicht, weil Ihre Mitarbeiter nicht motiviert sind, sondern weil Ihre Disposition zu einem komplizierten Vorgang geworden ist. Dann sollten Sie diesmal die ruhige Zeit nutzen, um sich für die nächste Saison grundlegend vorzubereiten.

Gerade die regional starke mittelständische Privatbrauerei soll am Markt über den Faktor „Kundenservice“ bestehen und sich von der Konkurrenz abheben. Kundenservice wird jedoch falsch interpretiert, wenn über Jahre Liefertermine als „der Kunde wünscht …“ beim Disponenten aufschlagen und am Ende verschiedenste Lieferrestriktionen (und aus Erfahrung: davon etliche nicht mehr aktuell!) berücksichtigt werden sollen. Sicherlich ist es in einigen Fällen sinnvoll, auf vom Kunden gewünschte Liefertermine einzugehen, allen werden Sie aber nicht gerecht werden können bzw. wollen diese aus Kostengesichtspunkten auch gar nicht ermöglichen. Und dann wird es am Ende dazu führen (ob bewusst oder durch Überlastung), dass viele Kunden unzufrieden sind. Weil die getroffenen Zusagen nicht eingehalten werden, obwohl Sie doch Ihr Bestes gegeben haben!

Was ist die Ursache? Meistens ist es das Ergebnis fehlender Strukturen und unzureichender Kommunikation. Diese Situation gipfelt dann nach Jahren in einer komplizierten Dispositionsaufgabe, in der es nicht selten vorkommt, dass täglich alle Liefergebiete angefahren werden müssen (Abb. 1).

Abb.1: Belieferungen nach Wochentagen farbig gekennzeichnet

 

Rahmentourenplanung

Da die Kundenstruktur im Zeitverlauf einem Wandel unterliegt, sollte in regelmäßigen Abständen eine detaillierte Tourenanalyse durchgeführt werden. Ein sehr bewährtes System zur Optimierung ist die strategische Rahmentourenplanung (RTP), bei der Kunden nach Liefertagsgebieten zusammengefasst werden. Diese so ermittelten Rahmentournummern werden in der EDV hinterlegt und sparen damit viel Arbeit bei der täglichen Disposition. Aus unserer langjährigen Erfahrung heraus, können je nach Ausgangssituation somit die Ausfuhrkosten um mindestens sieben Prozent, teilweise um bis zu 15 Prozent, gesenkt werden.

Für Brauereien mit kleinerem Fuhrpark und gastronomie- und heimdienstorientierter Auslieferung kann eine gute Lösung wie folgt aussehen:

  1. Optimierung der strategischen RTP als Projekt;
  2. Abwicklung der operativen RTP und Tourenauswertung mittels vorhandenem ERP-System;
  3. Von Zeit zu Zeit Überarbeitung und Aktualisierung der strategischen RTP durch Berater.

Dabei wird auf die Anschaffung eines eigenen Tourenplanungsprogramms verzichtet. Sollte allerdings die Dispositionsaufgabe durch verstärkte Handelsbelieferung im Tagesgeschäft komplexer sein, der Fuhrpark mehr als 15 bis 20 LKW umfassen, das ERP-System keine geeignete Dispomöglichkeit bieten oder einfach die Mitarbeiter in der Disposition durch Softwareeinsatz besser qualifiziert werden, sind das alles Argumente, um im Rahmen des Projektes auch gleich im Unternehmen eine Dispositionssoftware zu implementieren.

Für die Rahmentourenplanung sind folgende Vorarbeiten notwendig:

  1. Bei jeder Tourenplanung (ob operativ oder strategisch) ist die Qualität der Datengrundlage ausschlaggebend für das Ergebnis. Aus diesem Grund sind die Strukturierung und die Pflege der Abladebedingungen und Lieferrestriktionen besonders wichtig. Diese sind Voraussetzung für den praktikablen Einsatz und müssen als Stammdaten in der EDV hinterlegt werden. Aber Achtung: hier gilt es, nur zwingend notwendige Vorgaben vom Kunden zu akzeptieren. Im Zweifel sollte lieber mit dem Kunden eine Lösung für Problemfälle gefunden werden (z. B. Schlüssel etc.);
  2. Eine weitere grundlegende Voraussetzung ist die Ermittlung und regelmäßige Kontrolle von Vorgabezeiten und sonstigen Steuerungsparametern. Je realistischer die Touren geplant werden, desto weniger Eingriffe sind im Nachhinein notwendig;
  3. Ermittlung der kundenindividuellen Belieferungsmengen und Lieferrhythmen als Basis für die vergangenheitsbasierte RTP. Diese und die optimierten zukünftigen Stoppmengen und Lieferrhythmen sollten ebenfalls regelmäßigen Kontrollen unterliegen. Hier kann mitunter mit dem Kunden gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden (z. B. Reduzierung der Anlieferungen gekoppelt mit einer Erhöhung der Menge zur Stoppkostenreduzierung wird durch einen Bonus vergütet);
  4. Das Ausliefergebiet wird bei der Rahmentourenplanung kleeblattartig in fünf Sektoren eingeteilt. An jedem Wochentag wird ein Sektor des Ausliefergebietes von einem Großteil der Fahrzeuge des Distributionsfuhrparks schwerpunktmäßig angefahren.

Diese Daten sind die Grundlage, auf der mit einer auch für strategische Zwecke zu nutzenden Tourenplanungssoftware die tatsächliche Überarbeitung der Rahmentourenplanung hinsichtlich einer kosten- und serviceoptimierten Gebietseinteilung nach Wochentagen durchgeführt werden kann (Abb. 2).

Abb. 2: Liefertagsoptimierung mit  Tourenplanungssoftware Optitool

 

Optimierte  Auslastung des Fuhrparks

Im Rahmentourenplanungsprojekt werden dann verschiedene Ziele verfolgt:

  • Erstens werden Kunden, bei denen Beifahrer auf Grund der Abladebedingungen nötig sind, besonders berücksichtigt. Beifahrer reduzieren die Standzeiten im Vergleich zu Solotouren in der Regel nur um ca. 30 Prozent, was auf Leerzeiten des Beifahrers zurückzuführen ist. Der Beifahrer ist zudem während der gesamten Einsatzzeit, also auch während der unproduktiven Fahrtzeiten, dabei. Dadurch entstehen insgesamt höhere Belieferungskosten. Es werden so wenige reine Beifahrertouren wie möglich geplant, um die Kosten für den Beifahrereinsatz so gering wie möglich zu halten;
  • Zweitens wird bezüglich der Auslas-tung des Fuhrparks eine Optimierung der Auslastung der einzelnen Fahrzeuge angestrebt. Dabei werden so viele Kunden eines Gebietes sinnvoll auf die Fahrzeuge verplant, dass die vorhandene Nutzlast oder Stellplatzkapazität maximal ausgenutzt wird, aber die Einsatzzeiten der Fahrer in den gesetzlichen Grenzen gehalten werden;
  • Drittens wird eine Glättung der Wochentagspitzen für die Auslastung des Fuhrparks angestrebt. Hierbei kommt es darauf an, dass an allen Tagen das jeweilige Optimum aus Menge, Kundenanzahl und zeitlicher Auslastung geplant wird, und somit die Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge und Fahrer/Beifahrer pro Tag gleich ist.

Diese Maßnahmen führen zur Freisetzung von Überkapazitäten im Fuhrpark, da nicht der stärkste Tag in der Woche die vorzuhaltenden Kapazitäten bestimmt. Eine Unterscheidung in einen Sommer- und einen Wintertourenplan zur Abbildung von Saisonschwankungen ist dabei möglich. Um nicht nur einmal in der Woche in einem Gebiet präsent zu sein, kann ein kleiner Teil der Fahrzeuge an einem weiteren Tag der Woche die jeweiligen Sektoren noch einmal anfahren.

Lösung für die Nebensaison

Der Vorteil der Rahmentourenplanung liegt in der Möglichkeit, bei schwankendem Bestellaufkommen die Mengen einzelner Kunden innerhalb der Touren zu verdichten. Die benötigten Fahrzeuge können zeitlich und gewichtlich voll ausgelastet die Tour abarbeiten. Insbesondere in der Nebensaison bei schwachem Absatz besteht dann die Möglichkeit, auf komplette Touren zu verzichten.
Das Ergebnis der Planung kann durchaus zu unterschiedlichen Einsatzszenarien führen. So werden zum Beispiel bei der Privatbrauerei M. C. Wieninger GmbH & Co. KG, Teisendorf, die optimierten Rahmentouren im Warenwirtschaftssystem als Grundgerüst für die Disposition hinterlegt. Der Disponent kann dann die tagesaktuellen Aufträge als Tourenvorschlag sehen und die Touren an die tatsächlichen Erfordernisse anpassen. Relativ regelmäßige Belieferungen sind von Vorteil und bewirken, dass es in der täglichen Disposition zu einem überschaubaren Umplanungsaufwand kommt. Eine regelmäßige Prüfung und Anpassung der Rahmentouren findet dann im Jahresrhythmus, rechtzeitig vor der Saison, statt. Damit werden Veränderungen im Liefergebiet bzw. bei der Kundenstruktur berücksichtigt.

Kombinationsmöglichkeiten

Abweichend von dieser Vorgehensweise können, wie bei der Zwettl Karl Schwarz GmbH, Zwettel/Österreich, mehrere Planungssystematiken im Tagesgeschäft miteinander verbunden werden. Für die regionale Distribution werden in der EDV hinterlegte Rahmentouren genutzt. Überregional wird erst bei der täglichen
Disposition verplant. Die Basis der Verplanung, in diesem Fall die Kundenbestellungen für einen Tag, sind aber in beiden Bereichen zuvor in sinnvolle Liefergebiete unterteilt worden. So ist auch hier gewährleistet, dass die nach der Kleeblattsystematik zu fahrenden Touren eine Optimierung ermöglichen. Im Fall der Privatbrauerei Zwettl hat man sich zusätzlich für den Einsatz einer Dispositionssoftware mit Kartenunterstützung entschieden. Zum einen, um dem Disponenten ein geeignetes Instrument für die umfangreichere tägliche Disposition an die Hand zu geben, zum anderen, um gleichzeitig wichtige Kennzahlen für eine Kundenergebnisrechnung zu ermitteln.
Zu der bisher beschriebenen Optimierung der Tourenplanung liefert die Rahmentourenplanung als wichtiges Zusatzergebnis entscheidende Informationen zur Festlegung der optimalen Fuhrparkkonzeption hinsichtlich Dimensionierung, Struktur und technischer Auslegung der LKW (Fahrgestelle und Aufbauten, Abb. 3) und ist damit die Basis für die Beschaffung neuer Fahrzeuge. Dabei kann aber „der erste Wurf“ der neuen RTP mit bestehendem Equipment für die anstehende Saison umgesetzt werden und in einem zweiten Schritt werden dann weitere Optimierungen mit erneuertem Fuhrpark realisiert.
Die Qualität der Planungsergebnisse bzw. der Disposition steht und fällt mit der durchgängigen Kommunikation. Hiermit ist nicht nur der Kunde gemeint, der einmalig über mögliche Änderungen informiert werden muss, sondern es ist ebenso wichtig, den Außendienstmitarbeitern die Informationen über die Liefergebiete zur Verfügung zu stellen. Hier wird der Grundstein dafür gelegt, dass die so geplanten Touren auch bei hinzukommenden oder wegfallenden Kunden weiterhin optimiert gefahren werden können und allen (!) Kunden eine zuverlässige Belieferung mit genauem Liefertag und -zeit genannt wird. Auch die Forcierung des aktiven telefonischen Vorverkaufs ist ein weiteres wichtiges Bindeglied zwischen Logistik und Kunde und ein wesentlicher Servicefaktor, damit weitere Unsicherheitsfaktoren wie z. B. „vergessen, die Bestellung abzugeben“ oder Nachbestellungen eliminiert werden.
So vorbereitet, sind Sie definitiv fit für die nächste Saison:

  • Die Kunden sind zufrieden, da sie sich auch in der stärksten Zeit auf Ihren Liefertag verlassen können;
  • Die tägliche Disposition wird durch eine klare Vorstrukturierung um vieles einfacher und die Fahrer haben klare Vorgaben für den Tourverlauf;
  • Für das Unternehmen resultieren im Inneren klare Strukturen und ein nach außen hin kommunizierbarer, klar definierter Kundenservice, woraus sich optimierte Transportkosten ergeben.
Abb. 3: LKW-Konzept der Brauerei Zwettl für einen  Teil des Fuhrparks

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