GGB-Jahrbuch 2012
Ende 2012 legte die Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e.V. (GGB) das neue Jahrbuch vor. Wie immer wurde ein Streifzug durch die Vergangenheit des Brauwesens unternommen, über Betriebe geschrieben, die oft niemand mehr kennt, und es wurden Menschen vorgestellt, die in den vergangenen Jahrhunderten Brauwirtschaft und Brauwissenschaft geprägt und gefördert haben.
Ein großes Lob gebührt den Fachkollegen, die nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben ihre Verbundenheit mit der Branche mit interessanten Beiträgen in diesem Sammelband dokumentieren.
An erster Stelle sei Peter Lietz genannt, der zum Autorenstamm gehört und mit zwei Beiträgen vertreten ist. Zuerst schreibt er über Paul Lindner, den Pionier der mikrobiologischen Betriebskontrolle, der als praktischer Wissenschaftler an der VLB Berlin sehr zur mikrobiologischen Durchdringung des Brauwesens beitrug, und danach über den „Alten Fritz“, den Preußenkönig, dem ein enger Bezug zur Braukunst und sogar die Brauerlehre nachgesagt werden. Die Recherchen ergaben, dass er zwar als Kronprinz auf Geheiß seines strengen Vaters auf einem Bauerngut landwirtschaftliche Tätigkeiten und so auch das Bierbrauen (und -trinken) kennenlernte, aber als Freund der Franzosen den Wein bevorzugte.
W. D. Speckmann erinnert anlässlich des 200. Todestages an Benno Scharl, der große Verdienste um das Brauwesen in Bayern hat. Startend als Lehrling erarbeitete er als Autodidakt und Verwalter von landwirtschaftlichen Gütern und Brauereien ein Fachbuch mit theoretischen Grundlagen für die Bierherstellung.
Die „Verwissenschaftlichung“ des Bierbrauens im 19. Jahrhundert beschreiben Franz Meußdoerffer und Martin Zarnkow. Ihre sehr fleißige Untersuchung (91 Literaturstellen) zeigt, dass sich die sich empirisch entwickelnde Braukunst im Zeitalter der Industrialisierung an die Naturwissenschaften anlehnt, davon profitiert und so zu einer eigenen Wissenschaftsdisziplin wird. Eine gute Ergänzung dazu ist der Aufsatz von Oliver Landsberger zur Brauer- und Mälzerausbildung, die früher unkoordiniert erfolgte und ab 1934 in Deutschland einheitlich mit konkreten Lehrinhalten begann und trotz Krieg und deutscher Teilung bis heute in acht Berufsschulen immer noch erfolgreich betrieben wird.
Breslau bildete sich in der Vergangenheit zu einer „Bierstadt“ mit mehreren Brauereien und einer Malzfabrik heraus, über die in früheren Beiträgen Andreas Urbanek berichtet hatte. Nachdem die polnische Piast-Brauerei durch den Carlsberg-Konzern 2004 stillgelegt wurde, kam auch das Aus für die Breslauer Aktien-Malzfabrik, die von Urbanek von der Entstehung bis zur Sprengung nachträglich gewürdigt wird.
Über die ehemalige Landbrauerei Herold in Weidnitz/Oberfranken schreibt Siegfried Rübensaal und über das „Brauhaus der Hanse“, das gesamte Brauwesen der Stadt Hamburg von der Entstehung bis zur Gegenwart, berichtet Gunter Freudenthal.
Auch die schlesische Stadt Schwiebus (Swiebodzin) hat eine Geschichte, die eng mit den Brauereien verbunden war, so schreibt Piotr Szarek. Die Brauerei Peschel als letzte der Stadt produzierte bis kurz vor Kriegsende, überstand unversehrt den Krieg, nahm aber die Produktion nie wieder auf. In der Folge hatten die Behörden Probleme mit der Zuordnung des Betriebes, bis 1953 die Umsetzung des Sudhauses in die ehemalige Sternbrauerei in Vietz (Witnica) erfolgte und die Gebäude anderweitig genutzt wurden.
Mit einem Blick in das westfälische Wirtschaftsarchiv wird die „Goldene Zeit“ der Bierstadt Dortmund gewürdigt, und der Leser lernt weiterhin die Ritter vom Hopfenorden kennen, die vom Internationalen Hopfenbaubüro in Straßburg jährlich kurz vor der Hopfenernte ausgezeichnet werden.
Auch Lyrik steht wieder im Jahrbuch – das gelungene Gedicht „Vom Fass“ von Jürgen Zettler, das er auf dem Dresdner Brauertag im Frühjahr vortrug.
Den Schluss bilden wie immer Mitteilungen des GGB, u. a. eingegangene Literatur, Niederschrift der letzten Hauptversammlung, Satzung und Mitgliederliste des GGB.
Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e.V. (Hrsg.) Berlin 2012, 302 Seiten mit Abb. und Tab., broschiert, ISSN 1860-8922, Eigenverlag, 15 EUR.