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Gut Wildshut, ein wirklich besonderer Ort
29.09.2020

Lernen, austauschen, netzwerken, genießen

Braumeistercamp 2020 | In diesen ungewöhnlichen Zeiten ist das Abhalten von Seminaren eine wirkliche Herausforderung. Auch das 2. Braumeistercamp der Kiesbye Akademie war im Frühjahr verschoben worden, bevor im August dann ein neuer Anlauf unternommen wurde.

Und so trafen sich vom 19. bis 22. August 2020 ca. 25 Bierenthusiasten – eine fröhliche Mischung aus gestandenen, „klassischen“ Brauern, Craft- und Hobbybrauern sowie interessierten Biersommelieren, um mit einigen erfahrenen Braumeistern, den so genannten „Braustars“, unter Einhaltung der üblichen Corona-Abstandsregeln gemeinsam ein paar besondere Biere zu brauen.

Treffpunkt war das Bierkulturhaus in Obertrum, von wo aus es aber, nach einem bade- und mückenintensiven Grill-abend am See (einen Dank an Seppi Sigl für die Einladung), weiterging zum Stiegl Gut Wildshut in St. Pantaleon, welches sich für die nächste drei Tage als Gastgeber der Extraklasse präsentierte. Das Wetter spielte auch mit, so dass die drei kleinen Brauanlagen – von 50 bis 150 Liter – im weiträumigen Hof des Guts aufgebaut werden konnten, was das Einhalten der gebotenen Abstände noch mehr erleichterte.

Gebraut wurden am ersten Tag eine Echte Berliner Weisse mit der Berliner Schneeeule-Braumeisterin Ulrike Genz, ein Perfektes Pils mit dem Akademieleiter Axel Kiesbye und ein historischer Bayerischer Bock Anno 1852 mit Günther Thömmes (ehemals Bierzauberei).

An Tag zwei braute Oliver Wesseloh von der Kehrwieder Brauerei ein Double Dry Hopped Imperial Lager, Michael Lembke von Brlo aus Berlin hatte ein Grätzer-Rezept mitgebracht, und Kursleiter Jens Luckart maischte ein Belgian Quadrupel ein. Den Teilnehmern war somit die größtmögliche Bandbreite und Abwechslung geboten, man konnte in Ruhe zwischen den Brauanlagen hin und her wandern, und alle „Braustars“ standen allzeit und gerne Rede und Antwort. Ständig bereit standen auch alkoholische, alkoholarme und -freie Erfrischungen, um der Hitze Paroli zu bieten.

Einmaischen auf die altmodische Art (Foto: Evelyn Olak, Kiesbye Bierkulturhaus)

Zwischen längeren Maischerasten und Kochzeiten gab es zur Abwechslung einen bunten Reigen aus Fachvorträgen, Buchlesungen und musikalischer Untermalung durch anerkannte Experten im Seminarraum, der ebenfalls großzügige Sitzabstände bot. Abends konnte man am „Kraftplatz“, dem spirituellen Zentrum des Guts Wildshut, am Lagerfeuer sitzen. Neben den „Braustars“ referierten auch Braumeister Markus Trinker, Stiegl Brauerei, über seine Urbier-Experimente und Hubert Hanghofer, netbeer.org, über „Hefejagd und Hefekultivierung in der Praxis“.

Autarker Gutshof

Das Gut Wildshut zeigte sich, genau wie das Wetter, von seiner allerbesten Seite, atmosphärisch wie kulinarisch-gastronomisch. Diese wohl einmalige Einrichtung ist seit 1917 im Besitz der Stiegl-Besitzer-Familie Kiener, die dort exemplarisch seit einigen Jahren einen autarken Gutshof aufbaut, in dem nicht nur alle Rohstoffe für das hauseigene Bier selbst erzeugt werden, sondern u.a. auch Fleisch, Brot, Butter, Kräuter und Gemüse aus eigener, landwirtschaftlicher Produktion stammen. Und das alles nicht nur qualitativ auf höchstem Niveau, sondern auch ästhetisch eine Augenweide.

Nicht nur die eigenen Hausbiere erfreuten die Gaumen der Teilnehmer, sondern auch Verkostungen des allerersten hauseigenen Whiskys – die erste Abfüllung ist 2022 geplant – sowie selbsthergestellter Gins und Bierbrände. Abgeschlossen wurde mit einem Galadiner mit Bierbegleitung, präsentiert von der Biersommelière Evelyn Olak. Unterm Strich verlebten alle Teilnehmer drei außergewöhnliche Tage in kameradschaftlicher, genussvoller Atmosphäre, bei der jedoch auch das Lernen, Netzwerken und der gegenseitige Erfahrungsaustausch nicht zu kurz kamen.

Die perfekte Organisation dieser Veranstaltung zeigte, dass auch in Corona-Zeiten gemeinsame Veranstaltungen möglich und machbar sind. Bei den vielen Online-Events, so löblich sie sind, fehlt einfach der menschliche Faktor. Und der ist im Grunde unersetzlich. Hoffen wir alle auf bessere Zeiten…

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