Ist „Craft“ schon wieder out?
Die Craft Brewers Conference 2017 in Washington D.C. ist schon wieder eine Weile her. Doch der Eindruck, dass der Enthusiasmus der Szene zu einem guten Stück der Ernüchterung gewichen ist, schwingt noch nach. Und in Deutschland wollen sich Brauer das „Craft“ gar nicht mehr ans Revers heften und nennen sich lieber Kreativbrauer. Das hat auch einen Grund, wie zum Beispiel der Verband der deutschen Kreativbrauer bei seiner Gründung darstellte (S. 524).
Angesagter Trend – Andererseits: „Craft“ hat schon noch Strahlkraft. Der Welle der Craft Bier Branche folgt aktuell sogar eine zweite: Die der Craft-Malting-Szene. Johannes Lauer, Kaspar Schulz GmbH, Bamberg, zeigt das anhand der Zahlen der US-Craft Malting Guild. Die Zahl der Craft Maltsters (also alle zwischen 5 und 10 000 t
Jahresproduktion, bei Verwendung regionaler Rohstoffe und größtenteils in eigener Hand) stieg in den USA zwischen August 2016 und Januar 2017 um immerhin elf Betriebe. Zusätzlich befänden sich Anfang des Jahres 17 weitere in Bau und 30 in der Planungsphase. Lauer nimmt ab Seite 541 Technik und Geschäftsmodelle der Craft Maltsters unter die Lupe.
Zwei Medaillenseiten – Handwerkliches Bier aus handwerklichen Zutaten gebraut – ist das also die Lösung, um den Craft Trend endgültig weltweit stabil zu etablieren? Zweifel sind berechtigt, denn kleine Malz- und auch Hopfenproduzenten stehen vor Herausforderungen, die die „industriellen“ Pendants so nicht kennen. Dennoch soll die Qualität beim Brauer möglichst in bekannter unveränderter Form ankommen. Andererseits bietet natürlich etwa aus regionalen Rohstoffen hergestelltes Malz auch einen tollen Marketing-Ansatz. Ein differenzierter Blick auf das Thema ist also wichtig, ab Seite 527 setzt Elva Ellen Kowald den Startpunkt.
Etabliertes Können – Wie hoch die Qualität der Rohstoffe für unser Bier ist, dass zeigt eine Anpassung im Berliner Programm 2016. Das Berliner Programm dient dazu, neu zugelassene Braugerstensorten hinsichtlich ihrer Verarbeitungseigenschaften in Mälzereien und Brauereien zu bewerten und zu prüfen. Wie Henrike Vorwerk ab Seite 531 zusammenfasst, sind die Züchtungen aber mittlerweile so gut geworden, dass mit den bisherigen Kriterien kaum mehr Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Braugerstensorten auszumachen sind – aktuelle Braugerstensorten lägen auf einem einheitlich hohen Qualitätsniveau. Um dennoch eine Beurteilung zu ermöglichen, wurden die Parameter des Berliner Programms nun angepasst. Wie, das lesen Sie ab Seite 531.
Auf sehr hohem Niveau heben sich die einzelnen Sorten jetzt wieder voneinander ab, und so sollte es ja auch sein. Bei Gerste und Malz genauso wie beim fertigen Bier, ob es nun Craft-Bier, Kreativbier oder eben einfach nur Bier heißt. Qualität kommt nicht aus der Mode.
Quelle
BRAUWELT 18-19, 2017, S. 519
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- 519_brauwelt_2017.pdf