Weltmeisterliche Getränkevielfalt in Deutschland
Auf die weltmeisterliche Biervielfalt hat die CMA in einer ungewöhnlichen Aktion hingewiesen: ein Auswahl-Team der deutschen Biere in einem eigens errichteten Braugersten-Stadion (S. 779), eine rundum gelungene Image-Kampagne für die Geschmacks- und Genussvielfalt der deutschen Biere unter Einhaltung des deutschen Reinheitsgebotes.
Vielfalt erwartet auch die Besucher der BRAU Beviale 2006. Die NürnbergMesse geht von rd. 1500 Ausstellern und ca. 37 000 Fachbesuchern aus. Das Leitmotiv der BRAU Beviale 2006 „Mit Charisma, Charme und Emotionalität“ steht dafür, dass die Bedürfnisse der Besucher im Vordergrund stehen: Beratung und Kommunikation statt Maschinenparaden früheren Stils (S. 773).
Produktvielfalt stellt hohe sensorische Anforderungen auch bei den Fruchtgetränken. Beim DLG-Test wurden 459 Fruchtgetränke mittels eines differenzierten Prüfschemas geprüft und bewertet. 79 Produkte erhielten Gold, 160 Silber und 161 Bronze. Im Trend liegen, wie die Einsendungen zeigten, Fruchtsaftschorlen sowie exotische Fruchtgeschmacksrichtungen wie Granatapfel oder Passionsfrucht, aber auch Kombinationen aus Kräutern und Gewürzaromen mit verschiedenen Fruchtaromen (S. 775).
Trotz aller Vielfalt stagniert der Getränkekonsum in Deutschland, allerdings auf hohem Niveau. Der geringe Rückgang von insgesamt knapp zwei Litern ist zurück-
zuführen auf die Einbußen bei alkoholischen Getränken sowie bei den Heiß- und Hausgetränken, während die alkoholfreien Getränke einen leichten Zuwachs verzeichneten (S. 777).
Nicht nur die Vielfalt bringt dem deutschen Getränkemarkt einen Sonderstatus. Dieser ist auch gekennzeichnet dadurch, dass bisher Konzentration und Konsolidierung im deutschen Markt noch nicht so zum Tragen gekommen sind, wie in anderen Ländern. Noch fehlt z. B. beim Bier eine starke nationale Marke, die es auf einen Marktanteil von über 20 Prozent bringt. Hinzu kommt die „Ertragsschwäche“ des deutschen Bier- und Getränkemarktes. Bei den profitablen Biermärkten rangiert Deutschland mit einem geschätzten Ertrag (EBITDA) von durchschnittlich 4,6 EUR/hl im hinteren Bereich im Vergleich zum Spitzenverdiener Kanada mit 36 EUR/hl.
Eine weitere Sonderrolle bescherte das Einwegpfand dem deutschen Getränkemarkt mit der Folge, dass die Dose fast völlig aus dem Markt verschwand. Ob diese Verpackungsart sich von diesem Schlag je wieder erholt, bleibt abzuwarten (S. 776), auch wenn sich die einschlägige Industrie optimistisch gibt, bundesweite Werbekampagnen für die Dose gestartet hat (Brauwelt Nr. 18, 2006, S. 518) bzw. durch Brand zerstörte Kapazitäten in Deutschland wieder aufbauen will (S. 778).
Vielfalt und Marktchancen der Getränkebranche spielen bei den Sommertagen Getränkewirtschaft eine wichtige Rolle. Erwartet werden über 500 wichtige Repräsentanten, Entscheider und Unternehmenslenker der gesamten Getränkebranche. Die Teilnehmer werden nach dieser Veranstaltung besser wissen, in welche Richtung die Branche in den kommenden Jahren steuert (S. 778).
Trotz Vielfalt wächst der deutsche Getränkemarkt nicht mehr wie gewohnt. Die Unternehmen, die dies erkannt haben, versuchen über regionale Expansion sowie durch eine kluge Preis- und Markenpolitik organisches Wachstum zu erzielen, das die Marge steigen lässt und somit die Kapitalbasis für notwendige Investitionen verbreitert.
Wie sagte Peter Rikowski bei der Brauwirtschaftlichen Tagung 2006 in Freising (Brauwelt Nr. 24, 2006, S. 685): „Nicht der hl-Rekord zählt, sondern das Rekordergebnis!“ Manchmal kann weniger durchaus mehr sein. Denn nicht jedes Jahr ist Fußballweltmeisterschaft.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 27, 2006, S. 771