Bildung, Bildung, nochmals Bildung
Als einziges größeres Risiko für einen nachhaltigen Aufschwung in Deutschland stufte Prof. Dr. Michael Hüther, Institut der Deutschen Wirtschaft, in seinem Referat beim Forum des Deutschen Brauertages in Augsburg den Mangel an Akademikern und Facharbeitern ein (S. 710). Für ihn muss das Motto lauten: „Bildung, Bildung und noch einmal Bildung“. Darüber hinaus kritisierte er die Bildungsmisere als hausgemacht und verursacht von der verfehlten Schulpolitik der Länder. Hier ist er einer Meinung mit Bundesbildungsministerin Annette Schavan, die in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 2. Juli 2007 die Schulpolitik der Länder ebenfalls kritisiert, aber auch die Zurückhaltung mancher Unternehmen bei der Ausbildung.
Bildung vor Innovationen. Immer wieder fordern die Fachleute Innovationen, wenn es um das Bestehen in gesättigten Märkten geht. Allerdings liegt Deutschland insgesamt gesehen im „Innovationsbenchmarking“ des Instituts der Deutschen Wirtschaft mit 42,7 von möglichen 100 Punkten lediglich auf Platz 11. Angeführt wird die Liste von den USA mit 79,2 Punkten (Innovate!, Magazin für Forschung und Technik Nr. 2, 2007, S. 4). In Europa wird mit 2,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert (Japan: 3,0 Prozent). Seit 1980 hat sich der Staat immer mehr aus der Forschungsförderung zurückgezogen und seinen Anteil an den gesamten volkswirtschaftlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung von 42 Prozent auf rd. 30 Prozent zurückgefahren. Ob sich beim „Innovationsbenchmarking“ durch verstärkten Einsatz von Fachkräften aus dem Ausland Verbesserungen erzielen lassen, wie Anette Schavan hofft, bleibt abzuwarten. Besser wäre, die deutsche Wirtschaft würde sich wieder auf ihre alten Ausbildungstugenden besinnen. Denn das duale System der Berufsausbildung hatte doch international jahrzehntelang Vorbildcharakter.
Brau-Know-how aus Deutschland ist nach wie vor international gefragt. Das zeigte nicht zuletzt auch die 21. Brasil Brau in Sao Paulo, die mit über 800 Besuchern und mehr als 60 Ausstellern größte Veranstaltung auf dem latein-amerikanischen Brauereisektor (S. 709). Auf großes Interesse war im März 2007 das 1. Technisch-Technologische Seminar für die Führungskräfte der vier japanischen Großbrauereien gestoßen (Brauwelt Nr. 12/13, 2007, S. 328). Die Unterstützung durch die Sponsoren war so großzügig ausgefallen, dass Michael Schmitt, Geschäftsführer des Fachverlags Hans Carl, Nürnberg, anlässlich des Hochschultages in Weihenstephan für die Verbesserung der Forschungsbedingungen für Diplom- und Master-Arbeiten insgesamt 7000 EUR überreichen konnte (S. 713). Auf diese Weise wurde nicht nur Wissen aus Weihenstephan ins Ausland transferiert, sondern auch gewissermaßen als Feedback eine Förderung des Nachwuchses in Weihenstephan erreicht.
Die Förderung der Ausbildung und der angewandten Forschung sollte sich auch die neu gebildete „Arbeitsgemeinschaft mittelständischer Privatbrauereien im Deutschen Brauer-Bund“ auf die Fahnen schreiben (S. 712). Gerade die kleineren und mittleren Brauereien sind in Zukunft weitaus stärker auf Fachleute und entsprechende Forschungsergebnisse angewiesen, um auch in Zukunft mit den Großen mithalten zu können. Oft sind es ja nicht die großen Würfe, die sich auszahlen, sondern die ständigen Verbesserungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die im Wettbewerb Vorteile bringen. Schon bezweifeln Fachleute wie Matthias Horx, ob aus dem utopischen Reich der Technologie derzeit noch etwas wahrhaft Neues zu erwarten sei (Zukunftsletter Juli 2007). Eventuell geht der Trend mehr in Richtung (Re-)Konstruktion der Gesellschaft, Erweiterung und Verbesserung zwischenmenschlicher Systeme, Entwicklung intelligenter Humannetzwerke. Aber auch dazu benötigt man Bildung, Bildung und noch einmal Bildung.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 27, 2007, S. 707