Automatik kontra Zertifizierungen
Die Brauerei der Zukunft wurde auf der 97. Arbeitstagung der VLB im März 2010 am Beispiel der neuen Brauerei Martens in Bocholt/Belgien vorgestellt (S. 385). In nur einer Halle ist die gesamte Produktion für 2,5 Mio hl pro Jahr untergebracht – vom kontinuierlichen Sudhaus über die semikontinuierlichen Anlagen von der Würzekühlung bis zu den Bierdrucktanks inklusive einer Membranfilteranlage, einer Kohlensäurerückgewinnung sowie einer Abwasserwiederaufbereitung, sodass der Gesamtwasserverbrauch von vier auf 1,7 hl/hl Bier reduziert werden konnte. Alle Abläufe werden natürlich automatisch gesteuert. Das ganze ist ein Meisterwerk moderner Brautechnik.
Zertifizierungen und Managementsysteme dagegen lassen sich nicht automatisieren. Sie erfordern oft einen erheblichen Aufwand in den Brauereien (S. 386 und 388). Die Verantwortlichen sind gezwungen, die Zeit, die sie in der Produktion durch die Automation einsparen, in die Managementsysteme und Zertifizierungen zu stecken. Zeit zur Entwicklung von innovativen Bieren bleibt da kaum noch, wenn auch einige Bier-Quer-Denker immer wieder Wege zu innovativen Bieren aufzeigen, wie der nächste Workshop am 29. April 2010 in Altomünster wieder unter Beweis stellen wird.
Energieeffizienz und Ressourcenschonung werden in Zukunft auch beim Verbraucher eine größere Rolle spielen. Unternehmen mit hoher Energieeffizienz können sich jetzt um das Label „Good Practice Energieeffizienz“ bewerben, wenn sie die Energieeffizienz deutlich gesteigert und den Gesamtenergieeinsatz gesenkt haben. Diese Ziele verfolgt auch das Energiemanagementsystem nach DIN 16001, das im Sommer 2009 in Kraft getreten ist. Die BRAUWELT wird darüber noch berichten.
Bierfiltration zwischen Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit, diesen Schwerpunkt behandelt die heutige Ausgabe der BRAUWELT. In einem Heft werden alle zurzeit in der Entwicklung bzw. bereits im Markt befindlichen Systeme zur Bierfiltration vorgestellt, vom Einsatz der Cellulose (S. 392, S. 396, S. 405) über das System „Filtercheck“ zur praxisgerechten Ermittlung der Filtrierbarkeit (S. 400), bis hin zu möglichen Ursachen von Filtrationsproblemen (S. 402), zur Biermembranfiltration (S. 408), zur Nanofiltration (S. 411) und schließlich zur größten Cross-Flow-Mikrofiltrationsanlage weltweit (S. 414).
Ein hohe Bierqualität steht bei allen Verfahren im Vordergrund, wird aber als gegeben vorausgesetzt. In erster Linie geht es um Wirtschaftlichkeit und Ersatz für die Kieselgurfiltration. Das Bierbrauen, ob voll- oder semikontinuierlich oder chargenweise, wird für den Brauer vor Ort dabei nicht einfacher. Da ist es schon manchmal schwierig, den Überblick zu behalten. Dass das gelingt, dazu trägt mit Sicherheit die BRAUWELT mit ihren entsprechenden Fachartikeln, aber auch mit ihrem in der Branche einzigartigen, elektronisch zugänglichen Archiv bei.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 14, 2010, S. 383