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Gerade während der Corona-Krise entscheidend: Umsatzeinbrüche und Lieferengpässe durch gutes Einkaufs-Management abfedern
24.03.2020

Einkauf in der Corona-Krise – Zehn-Punkte-Plan

COVID-19 | Veranstaltungen werden abgesagt, Schulen sind geschlossen und selbst der Fußball rollt nicht mehr. Unternehmen sehen sich durch COVID-19 handfesten Bedrohungen durch Umsatzeinbrüche und Unterbrechung von Lieferketten gegenüber, der Einkauf nimmt in dieser Situation eine Schlüsselfunktion ein.

Dr. Bernhard Höveler und Jan Laakmann von der Höveler Holzmann Consulting haben als Spezialisten für das Einkaufs- und Supply-Chain Management einen Zehn-Punkte-Plan für den unternehmensspezifischen Einkauf in der Corona-Krise zusammengestellt.

Die Ausbreitung des Corona-Virus legt das öffentliche Leben lahm und beeinflusst die gesamte Wirtschaft, wie man an der negativen Entwicklung an den Aktienmärkten weltweit erkennen kann. Für die Unternehmen bedeutet das einerseits Bedrohungen durch den Einbruch von Umsätzen wie z.B. in der Touristikbranche und andererseits Versorgungsengpässe aufgrund von Unterbrechungen von Lieferketten, wie z.B. in der Nahrungsmittelindustrie.

Für viele Unternehmen nimmt in der Corona-Krise gerade der Einkauf in doppelter Hinsicht eine Schlüsselrolle ein:

  • Durch aktives Risikomanagement zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit;
  • Durch Sicherstellung der Liquidität, um die Folgen von Umsatzeinbußen schnellstmöglich abzumildern.

Der nachfolgende Zehn-Punkte-Plan zeigt, wie der Einkauf diese doppelte Schüsselrolle bestmöglich ausfüllen kann.

1. Bilden Sie eine Corona Einkaufs-Task-Force

Das Ausmaß der Krise ändert sich täglich. Damit Ihr Unternehmen schnell und agil auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren kann, ist die Bildung einer Einkaufs-Task-Force notwendig. Stellen Sie ein funktionsübergreifendes Team aus Einkaufs- und Fachbereichsvertretern zusammen. Diese können in täglichen Meetings aktuelle Herausforderungen und sofortige Gegenmaßnahmen im Einkauf und entlang der gesamten Lieferkette bewerten und anstoßen. Achten Sie darauf, dass sich in der Task Force Teilnehmer mit der nötigen Fachexpertise in Bezug auf Einkauf, Logistik, Produktion etc. befinden und auch mit entsprechenden Handlungsbefugnissen versehen sind.

2. Sorgen Sie für eine persönliche und gleichzeitig risikofreie Kommunikation

Corona ist im direkten Kontakt hochansteckend und hindert den persönlichen Austausch enorm. Sich jedoch nur via E-Mail oder Telefon abzustimmen und die Zusammenarbeit auf ein Minimum zu reduzieren, ist gerade in der aktuellen volatilen Marktlage keine sinnvolle Alternative. Sichten Sie daher den Markt nach entsprechenden digitalen Lösungen und beschaffen Sie die geeigneten Tools für Ihr Unternehmen, um einen kontinuierlichen Austausch mit Kollegen und Lieferanten bspw. über Videokonferenzlösungen, digitale Lieferantenaudits etc. weiterhin sicherzustellen.

3. Bewerten Sie Ihre Gefährdungssituation durch ein Lieferanten- & Warengruppen-Screening

Bevor Sie in Aktionismus verfallen, behalten Sie die Ruhe und verschaffen Sie sich einen Überblick. Es gilt systematisch zu bewerten, in welchen Warengruppen bzw. bei welchen Lieferanten ein erhöhtes „Corona-Risiko“ vorhanden ist und welche einkaufsrelevanten Auswirkungen bei Lieferausfall für Ihr Unternehmen entstehen können. Klären Sie im Rahmen des Warengruppen-Screenings daher folgende Fragestellung je Warengruppe:

  • In welchen Ländern produzieren meine Lieferanten? (Geographisches Risiko: bspw. der „Shutdown“ ganzer Industriesektoren, wie aktuell in Italien zu verzeichnen)
  • Wie ist die Lieferkette meiner Lieferanten ausgestaltet? (Logistisches Risiko: bspw. bei Containerfracht über asiatische Häfen)
  • Wie lange reichen meine Lagerbestände?
  • Habe ich Lieferantenalternativen in weitestgehend „Corona-freien“ Ländern oder bin ich an meinen Lieferanten gebunden? („Single Source“ Risiko: bspw. Verlust von produktionswichtigen Teilen oder Rohstoffen aufgrund von fehlenden Ausweichoptionen)
  • Wie stark trifft ein möglicher Lieferantenausfall unsere Produktion bzw. gefährdet das Geschäftsergebnis?

4. Priorisieren Sie Ihre Ausgaben neu

Es ist noch nicht absehbar, wie lange die Krise andauert und welche Umsatzeinbußen die verschiedenen Wirtschaftssektoren hinnehmen müssen. Was jedoch sicher ist, dass die Liquidität vieler Unternehmen stark beeinträchtigt wird. Priorisieren Sie daher schon heute Ihre Ausgaben und fokussieren sich auf die Produkte und Dienstleistungen, die Sie zur Aufrechterhaltung des Geschäfts unbedingt benötigen. Im Gegenzug verschieben Sie nicht unbedingt notwendige Investitionen und verschärfen Sie Ihre Bedarfsrichtlinien und Bedarfskontrolle.

5. Verlängern Sie die Zahlungsziele mit Ihren Lieferanten

Ein weiterer Ansatz zur Absicherung des Cash Flows ist die Verlängerung der Zahlungsziele mit Ihren Lieferanten. Auch der vorübergehende Verzicht auf Skontoerträge zu Gunsten längerer Nettozahlungsziele kann ein Mittel sein, die Liquidität im Unternehmen sicherzustellen. Sprechen Sie mit Ihren Lieferanten über die Möglichkeiten, schließlich sind diese in den meisten Fällen genauso von dem gegenseitigen Geschäft abhängig und entsprechend kompromissbereit.

6. Passen Sie Ihre Spezifikationen an und versorgen sich mit Restbeständen

Neben dem Erhalt der Liquidität ist die Absicherung der Versorgung mit kritischen Materialien und Dienstleistungen für Unternehmen die oberste Priorität im Einkauf. Da das Angebot in vielen Märkten bereits sehr eng ist, überprüfen Sie, ob Sie durch Anpassungen an Spezifikationen den Markt wieder ein Stück über alternative Lieferanten öffnen können. Prüfen Sie zudem, ob Sie sich beispielsweise über Händler mit Restbeständen eindecken können, um kurzfristige Lieferschwierigkeiten zu überbrücken.

7. Erhöhen Sie gezielt Ihre Lagerbestände

Um auf eine Unterbrechung Ihrer Lieferkette vorbereitet zu sein, sollten Sie zudem gezielt die Sicherheitsbestände für wichtige Artikel erhöhen. So können Lieferausfälle kompensiert bzw. verzögert und die eigene Produktion abgesichert werden. Natürlich sind die Lagerkapazitäten begrenzt. Auf Basis des Warengruppen- & Lieferanten-Screenings (vgl. Punkt 3) können Sie systematisch die Artikel identifizieren, deren Ausfallrisiko sowie die Bedeutung für Produktion und Vertrieb am höchsten ist.

8. Führen Sie Nachverhandlungen mit Ihren Lieferanten

Nutzen Sie Nachverhandlungen, um die letzten Kostenreserven in der Krise zu heben. Hierbei ist ein Hebel die intelligente Neuverteilung bzw. Konsolidierung Ihres Einkaufsvolumens. So kann bei Artikeln, die von mehreren Bestandslieferanten bezogen werden, die Lieferfähigkeit durch die intelligente Umverteilung der Bestellmengen und des Bestellzeitpunktes erhöht werden.

Fallweise kann kleineren Lieferanten Zusatzgeschäft ermöglicht sowie Ihre Leistungsfähigkeit getestet werden oder durch Konsolidierung des Einkaufsvolumens auf einen Hauptlieferanten, dessen Lieferfähigkeit abgesichert werden. Neben der erhöhten Versorgungssicherheit werden im Rahmen der Nachverhandlungen konditionelle Einsparungen realisiert.

9. Stimmen Sie sich mit Ihrer Produktion, Vertrieb und Logistik ab

Sollte sich die Pandemie im gleichen Tempo weiter ausbreiten, wird der Einkauf keine 100 Prozent Lieferfähigkeit sicherstellen können. Stimmen Sie sich daher eng mit Ihren Kollegen aus Produktion, Vertrieb und Logistik ab, um Ihre Bereichsstrategien zu synchronisieren und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Beachten Sie dabei die Punkte 1 und 2 zur Corona Task Force und dem risikofreien, persönlichen Austausch.

10. Prüfen Sie Ihre Transportwege

Neben der Produktion Ihrer Lieferanten sind auch die Transportwege gefährdet. So kann zum Beispiel ihr Lieferant in China noch produzieren, doch die Lieferkette über Flugzeug oder Schiff durch Ausfälle unterbrochen sein. Daher sollten sie prüfen, über welche Transportwege aktuell ihre Produkte beschafft werden und alternative Lösungen zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit geprüft werden. Weiterhin sollten sie einen größeren Puffer für die Kontrolle durch den Zoll etc. einplanen, diese sind durch die Krise teilweise verzögert.

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