Vom „Intelligenzblatt“ zur globalen Fachzeitschrift
Die BRAUWELT, Wochenzeitschrift für das Getränkewesen, feiert am 8. August 2011 ihr 150-jähriges Jubiläum. Sie ist als weltweites Kommunikationsmittel für die Brau- und Getränkebranche gleich alt wie das Telefon von Johann Philipp Reis, ohne das eine globale Kommunikation und Vernetzung nicht vorstellbar wäre. Die Kommunikation und Vernetzung der globalen Brau- und Getränkebranche ist ohne die BRAUWELT kaum denkbar. Das Gründungsjahr 1861 markierte den Einzug der neuesten Erkenntnisse der Naturwissenschaften und der Technik auch in das Braugewerbe. Der damit verbundene hohe Informationsbedarf war Anlass zur Gründung der BRAUWELT, der ältesten heute noch bestehenden Brauerei-Fachzeitschrift der Welt. Der Fachverlag Hans Carl ist damit einer der ältesten noch aktiven Fachverlage Deutschlands. Er verstand es, in seiner wechselvollen Geschichte alle Herausforderungen zu meistern, waren sie nun wirtschaftlicher oder publikationstechnischer Natur.
„Allgemeine bayerische Hopfen-Zeitung“ – so lautete der Titel der neuen Zeitschrift, die am 8. August 1861 mit dem Untertitel „Amts- und Intelligenzblatt der Stadt Roth im Rentamtsbezirke Spalt“ erstmals erschien. Das war der offizielle Geburtstag der heutigen Fachzeitschrift BRAUWELT. Gründer und Herausgeber war Johann Carl (1819 - 1897). Der gelernte Schneidermeister hatte schon in dem von ihm 1856 gegründeten Intelligenz-Blatt der Gerichts- und Amtsbezirke Cadolzburg, Kloster Heilbronn und Pleinfeld mit den Städten Roth, Spalt und Abenberg mit einer Hopfenberichterstattung begonnen. Das war damals inmitten des Hopfenanbaugebietes Spalt neu, da es noch keinen Hopfenmarkt, sondern nur mündliche Abmachungen gab. Da neben den Pflanzern und Händlern auch die Brauer größtes Interesse an den Hopfenberichten hatten, entschloss sich Johann Carl, die „Allgemeine bayerische Hopfen-Zeitschrift“ herauszugeben, die schon bald auch über anderes berichtete, was für den Brauer wichtig und interessant war.
Brauer verstärkt im Fokus
Fünf Jahre später entschloss sich Johann Carl zum Umzug nach Nürnberg, in das Zentrum des deutschen Hopfenhandels. Die Zeitschrift wurde umbenannt in „Allgemeine Hopfen-Zeitung“. Zu ihrem wirtschaftlichen Erfolg trug die Nähe zum Hopfenhandel bei, aber ebenso die Ausweitung der redaktionellen Arbeit auf das gesamte Brauwesen.
Schon 1861 hatte Johann Carl auf einer Brauer-Versammlung in Nürnberg angeregt, einen Fachverein der Brauereien zu gründen. Erst zehn Jahre später kam es in Dresden zur Gründung des Deutschen Brauer-Bundes (DBB). Rund 1500 Brauereien waren in Dresden versammelt. Sie wählten als ersten Präsidenten Johann Stein, Brauereibesitzer aus Frankfurt. In Anerkennung dieser Verdienste wurde die „Allgemeine Hopfenzeitung“ 1871 satzungsgemäß zum alleinigen Organ des DBB und aller später gegründeten Landesverbände sowie des Deutschen Braumeister- und Malzmeister-Bundes (DBMB) ernannt.
Seit 1882 führte die Zeitschrift entsprechend ihrer immer umfangreicheren Berichterstattung den Titel „Allgemeine Brauer- und Hopfen-Zeitung“.
Die Zusammenarbeit mit dem DBB war sehr eng und erfolgreich. Das kam nicht zuletzt zum Ausdruck dadurch, dass Johann Carl zum 25-jährigen Jubiläum des DBB eine prächtige Bundeschronik und eine kostbare Truhe stiftete, die im Germanischen Museum in Nürnberg aufgestellt wurde. Auch ließ er eine Gedenkmünze prägen. Die „Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung“ hatte mittlerweile Weltruf erlangt.
1897 starb Johann Carl. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Ferdinand Carl (1853 - 1913), der bereits seit 1876 in der Redaktion tätig war. Unter seiner Leitung wurde das Unternehmen weiter ausgebaut und die Erscheinungsweise von dreimal wöchentlich auf täglich umgestellt. Er baute das neue Verlagshaus in der Breiten Gasse, das 1903 bezogen wurde. Im ersten Stock des großzügigen Neubaus an Stelle von zwei älteren Häusern richtete der Kgl. Bayerische Kommerzienrat Ferdinand Carl ein modernes brauereitechnisches Laboratorium ein, das den Brauereien und dem Hopfenhandel zur Verfügung stand. Der solide Neubau überstand, wenn auch mit schweren Schäden, selbst die wiederholten Luftangriffe auf Nürnberg.
Diversifikation ins Geisteswissenschaftliche
Nach dem Tod von Ferdinand Carl übernahmen sein Sohn Dr. Hans Carl (1880 - 1966) und sein Schwiegersohn Heinrich Hahn (1876 - 1934) das Unternehmen. Dr. Hans Carl gründete 1912 einen zweiten Verlag philosophischer und geistesgeschichtlicher Richtung. Dieser wurde nach dem 2. Weltkrieg infolge des Lizenzzwanges mit dem Fachverlag zu einer Firma vereinigt. Dieser nicht fachgebundene Buchverlag war und ist die Grundlage für das heutige Programm – von Literatur über Nürnberg und Franken bis hin zu unterhaltender Literatur rund um das Bier.
Schwierige Jahre
Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit Inflation und Weltwirtschaftskrise trafen nicht nur das Braugewerbe, sondern auch die „Allgemeine Brauer- und Hopfen-Zeitung“. Sie erschien von 1934 an viermal und im 2. Weltkrieg dreimal pro Woche. Ab 1943 wurde sie als Kriegsgemeinschaftsausgabe „Die deutsche Brauerei“ zusammen mit anderen Brauer-Fachzeitschriften zuerst zweimal monatlich, dann monatlich herausgegeben.
Engagement für die Brauwissenschaft
1921 wurde die 1867 gegründete wissenschaftlich-technisch ausgerichtete „Zeitschrift für das gesamte Brauwesen“ der „Allgemeinen Brauer-und Hopfen-Zeitung“ als wissenschaftliche Beilage – Ausgabe B – angegliedert. ...
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 2011, S. 34-42