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Für die Arbeiten im Hopfengarten werden viele helfende Hände benötigt
02.04.2020

Komm in die Hopfencrew!

Bierversorgung sichern | Die aktuelle Lage betrifft branchenübergreifend fast alle von uns. Durch die Corona-Krise werden viele Unternehmen auch in der Braubranche vor eine große Herausforderung gestellt. Allen voran die Brauereien, deren Absatzkanal Gastronomie aktuell komplett wegfällt, und die Gastronomen selbst, die auf Anordnung derzeit ihre Objekte geschlossen halten müssen.

Darüber hinaus betrifft es auch die Hopfenbauern. Für sie steht jetzt die kritische Saison des Hopfenausputzens vor der Tür, für die es normalerweise eine Vielzahl an Saisonarbeitern braucht. Üblicherweise kommen diese hauptsächlich aus Rumänien und Polen. Auf Grund der Corona-Krise dürfen nun aber die einen nicht einreisen und die anderen trauen sich nicht. Sollten sich nicht ausreichend Helfer finden, droht die Hopfenernte in diesem Jahr deutlich geringer auszufallen, was wiederum einen steigenden Hopfenpreis für die Brauereien in Zukunft zur Folge hätte oder noch schlimmer: keine ausreichende Rohstoffversorgung.

Neben vielen weiteren Aktionen in der Braubranche (z.B. Initiativen des Maschinenrings oder der IGN) veröffentlichte BarthHaas bereits am 20. März 2020 die dafür ins Leben gerufene Initiative „Komm in die Hopfencrew“, worüber Freiwillige sich auf der Plattform anmelden können und somit ihre Hilfe beim anstehenden Hopfenausputzen anbieten.

Was genau sich hinter der Initiative verbirgt und welche neuen Ideen hinzukamen, fragten wir uns und bekamen Antworten von Annika Redl, BarthHaas, Mainburg, und Dorothea Wächtler, Bierbegeisterung, Bamberg.

Bitte erläutern Sie nochmals kurz den genauen Ablauf, wenn sich freiwillige Helfer bereiterklären, die Hopfenbauern in dieser schweren Lage zu unterstützen.

BarthHaas: Das ganze erfolgt auf freiwilliger Basis und richtet sich branchenübergreifend an alle, die aktuell Zeit haben und sich etwas dazuverdienen wollen. Die Helfer bekommen von den Hopfenbauern die Verpflegung gestellt und einen Stundenlohn von elf EUR bezahlt. Auch Unterkünfte werden von den Betrieben bei Bedarf zur Verfügung gestellt.

Wie ist die aktuelle Resonanz auf Ihre Initiative?

BarthHaas: Erfreulicherweise sehr gut, wir sind echt begeistert von der großen Bereitschaft, die uns entgegenschlägt. Dennoch sind wir noch weit von der Personenanzahl entfernt, die besonders ab Ende April benötigt wird. Von Ende April bis Ende Mai steht das Hopfenausputzen an, für das in allen Hopfenanbaugebieten zusammen ca. 10 000 Helfer benötigt werden. Aktuell haben wir Anmeldungen im dreistelligen Bereich über unsere Plattform verzeichnen können und auch die anderen Initiativen sind fleißig am Sammeln.

Es spielen bei der ganzen Situation verschiedene Faktoren eine Rolle: Wir wissen nicht, ob die Universitäten am 20. April wieder aufmachen und damit viele der Freiwilligen entfallen. Wir wissen auch nicht, wie sich die Einreisesituation der ausländischen Saisonarbeitskräfte entwickelt. Trauen sie sich vielleicht bis Ende April doch noch einzureisen? Dürfen sie es dann auch noch bzw. wieder? Unser Aufruf kann sich auch nur an Helfer richten, denen es körperlich möglich ist, draußen zu arbeiten. Das Anforderungsprofil besagt, dass die Helfer „Outdoor Explorer, Anpacker & Team Player“ sein sollen. Alle weiteren Infos hierzu sind auf unserer Plattform zu finden: www.barthhaas.com/hopfencrew

Wichtig zu wissen ist, dass die Notlage alle deutschen Hopfenanbaugebiete betrifft, d.h. neben dem größten Gebiet, der Hallertau, sind auch Hersbruck, Tettnang und Elbe-Saale betroffen.

Hopfengarten in der Hallertau

Die Runde derer, die sich bereit erklärt hat, das Projekt zu unterstützen, hat sich vergrößert. Wie kommts, dass Bierbegeisterung sich engagiert?

Bierbegeisterung: Wie wir alle wissen, betrifft die aktuelle Lage die komplette Wertschöpfungskette in der Braubranche: vom Hopfenbauern über die Brauerei bis hin zur Gastronomie/Handel und schlussendlich den Biertrinker. Da auch uns, wie viele andere unserer Kollegen, für Seminare und Weiterbildungen aktuell die Hände gebunden sind, haben wir darüber nachgedacht, wie wir der Branche durch diese schwere Zeit irgendwie helfen können. Hierbei ist uns dann die Idee gekommen, ob es nicht sinnvoll wäre, einen „Deal“ zwischen allen Beteiligten zu schließen: Da es alle betrifft, sollten wir auch jetzt alle zusammenhalten, denn wir sitzen alle in einem Boot. Es ist gut, dass es schon viele Initiativen gibt, die alle eins zum Ziel haben: die Hopfenbauern zu unterstützen und die Rohstoffverfügbarkeit zu sichern.

Welche neuen Ideen hat Bierbegeisterung konkret mit ins Spiel gebracht?

Bierbegeisterung: Durch die jahrzehntelange Branchenerfahrung meines Vaters, Hans Wächtler, ist die Idee entstanden, befreundete Brauereien zu kontaktieren und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Rettung der Hopfenernte konkret aussehen könnte. Dies sind jedoch ausdrücklich nur Möglichkeiten und keine Vorgaben, da wir niemandem in sein Geschäft reden wollen und auch nicht können! Möglichkeiten wären z.B., dass Brauereien den Gastronomen die Pacht für einen definierten Zeitraum (z.B. Anleitsaison von 4-6 Wochen) erlassen und die Gastronomen im Gegenzug ihr Personal, welches aktuell aufgrund der Krise ohnehin in Kurzarbeit geschickt worden ist (oder noch schlimmer, aufgrund von bevorstehenden Schließungen ganz entlassen werden muss), bei der Hopfenpflanz-Aktion zur Verfügung stellt. Das hieße also: Pachterlass gegen Arbeitseinsatz bzw. für Rohstoffsicherung. Damit wäre uns langfristig sicher allen geholfen. Das ist nur ein Ansatz, der sich natürlich von Brauerei zu Brauerei unternehmensspezifisch anpassen lässt: Man könnte auch nur einen Teil der Pacht verrechnen oder eine Aufschiebung gewähren etc.

Die Ideen klingen interessant, wird sich was an der Plattform für Interessierte ändern?

BarthHaas: Nein, Interessenten (in diesem Fall dann hoffentlich auch einige Gastronomen und deren Mitarbeiter) können sich weiterhin über die bekannte Plattform bei BarthHaas anmelden, und wir vermitteln dann direkt weiter zu den einzelnen Hopfenbauern. Wir konnten auch bereits einen ganz besonderen Kontakt vermitteln. Eine Brauerei entsendet ihre Auszubildenden in die Hopfengärten für eine bemerkenswerte Win-Win-Situation: Den Hopfenbauern wird in der höchsten Not geholfen und die Azubis lernen aus erster Hand alles über den Braurohstoff Hopfen. Wir von BarthHaas finden das genau den richtigen Ansatz und setzen noch einen oben drauf: Alle Azubis und weitere Mitarbeiter aus Brauereien, die beim Hopfenausputzen helfen, werden dann zur Ernte wieder von uns zu einer kleinen Erntetour mitgenommen, bei der sie dann sehen können, was aus den Pflanzen geworden ist, die sie selbst im Frühjahr in die Höhe gebracht haben. So wird sowohl die Vegetationsperiode, als auch der Lernzirkel geschlossen.

Bierbegeisterung: Wir dienen in diesem Fall lediglich als Kontakt-Hersteller und wir hoffen, dass viele die Notwendigkeit erkennen und entsprechend auch zeitnah handeln, trotz der anderen Probleme, die jeder aufgrund der Krise zu bewältigen hat. Die Horrorvorstellung vieler Leser der BRAUWELT ist sicherlich, dass die Bierversorgung nicht gewährleistet werden kann. Das wäre zumindest für uns persönlich ein echter Alptraum (lacht). Die Existenzängste, die in den Köpfen vieler Unternehmer aktuell herumschwirren, seien es die Hopfenbauern, die Brauereibesitzer oder die Gastronomiebetreiber, teilen wir selbst auch. Darum ist es uns eine Herzensangelegenheit, dass wir alle in dieser herausfordernden Zeit zusammenhalten und das Beste daraus machen.

Vielen Dank für das Interview!

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