Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Mit dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) hat der Bundestag am 18. April 2019 die Richtlinie (EU) 2016/943 vom 8. Juni 2016 umgesetzt. Geheimnisse müssen gemäß des neuen Stammgesetzes nachweisbar adäquat geschützt werden – und die Analyse von Produkten der Konkurrenz ist nun straffrei möglich. Die Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek empfiehlt deutschen Unternehmen, sich darauf vorbereiten.
Auch wenn das Reinheitsgebot die grundlegenden Zutaten vorgibt – wie ihre Bierrezepte genau aussehen, behalten die meisten Brauereien für sich. Schließlich handelt es sich um Geschäftsgeheimnisse – könnte man meinen! Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie ins deutsche Recht ist es damit aber jetzt vorbei. Der Grund: Der Geheimnisschutz hat sich geändert und Reverse Engineering – das systematische Rückentwickeln von Produkten der Konkurrenz – wird in bestimmten Situationen legal.
Geheimnisse gehören geschützt
Eine wesentliche Änderung dieses Gesetzes betrifft die bisher geltende Definition dessen, was ein schützenswertes Geheimnis eigentlich ist. Denn nun ist es nicht mehr damit getan, eine Information lediglich als geheim zu klassifizieren, um rechtlichen Schutz dafür geltend zu machen. Stattdessen gilt: Geheim ist nur das, was als geheim eingeordnet und in angemessener Weise vor unberechtigtem Zugriff geschützt wird. Heißt: Wird eine Information nicht ihrem Wert entsprechend geschützt, wird sie vor Gericht auch nicht als Geschäftsgeheimnis anerkannt.
So weit, so nachvollziehbar. Eine Konsequenz daraus ist, dass Informationen, die freiwillig an die Öffentlichkeit gegeben wurden, kein Geheimnis mehr sein können. Im Klartext heißt dies, dass Produkte auf dem Markt straffrei analysiert werden können, um Rückschlüsse auf Zusammensetzung, Herstellungsverfahren oder Funktionen zu gewinnen. Ein Alptraum – und das nicht nur für so verschwiegene Getränkeunternehmen wie Coca-Cola. Also, was tun
Erste Hilfe für Unternehmen
Als Basis für den Schutz der eigenen Geschäftsgeheimnisse im Lichte des neuen Gesetzes sind folgende drei Schritte zu empfehlen:
Einordnen: Prüfen, welche Informationen wirkliche Geschäftsgeheimnisse sind, und sie als solche designieren. Nicht alles muss mit gleicher Priorität geschützt werden.
Absichern: Strategien entwickeln, um die Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Dies kann sowohl technische Lösungen, wie Firewalls und Verschlüsselungstechnologie beinhalten, als auch Regelungen wie Non-Disclosure-Agreements mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern.
Nachhalten: Regelmäßig nachsehen, ob sich an den bisherigen Sicherheitsentscheidungen etwas getan hat, und bei Bedarf entsprechende Anpassungen vornehmen.
Wichtig ist dabei, alle Schritte möglichst detailliert zu dokumentieren. Denn vor Gericht muss in einem Streitfall zunächst nachgewiesen werden, dass eine Information angemessen geschützt wurde. Reverse Engineering lässt sich gleichwohl schwer verhindern. Denn – wie bereits erwähnt – gilt: Sobald ein Produkt auf dem Markt ist, ist auch die darin verkörperte Information frei zugänglich. Einen möglichen Schutz bieten in diesem Fall höchstens Verträge mit Geschäftspartnern, die das Analysieren der Produkte ausschließen. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist dabei keine Einbahnstraße. So müssen auch fremde Geschäftsgeheimnisse respektiert werden. Unternehmen müssen Maßnahmen treffen, damit sie nicht die Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen kapern – wenn beispielsweise neue Mitarbeiter geheime Informationen von der Konkurrenz mitbringen.
Konkrete Verantwortliche schaffen
Das neue Gesetz stellt eine Herausforderung für die Produzenten von Getränken dar. Es ist daher empfehlenswert, eine konkrete Person im Unternehmen auszuwählen, die Entscheidungskompetenzen für den Schutz der eigenen und fremden Geschäftsgeheimnisse innehat. Oftmals sind dies die Unternehmensjuristen. Am Ende ist es mit dem neuen Gesetz wie mit einem guten Bier: Man sollte es nicht zu lange warten lassen – das macht es selten besser.