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29.04.2024

women4beverages – ein neues Netzwerk entsteht

Diversität und Gleichstellung | Auf der BrauBeviale 2023 fand der Kick-Off für women4beverages statt – ein neues Netzwerk für Frauen der Getränkebranche, das auch interessierte Männer willkommen heißt. Initiiert von Yontex, lebt women4beverages vom Engagement der Teilnehmerinnen. BRAUWELT-Autorin, Mitgründerin und frischgebackene Community Managerin Sylvia Kopp beschreibt, welchen Weg women4beverages nimmt.

Ein Netzwerk für Frauen der Getränkebranche zu gründen, ist wie unbekanntes Territorium zu betreten. Wo geht’s lang? Um was soll es gehen? Wem soll es dienen? Angestellten oder Selbstständigen, Führungskräften oder Unternehmerinnen, Frauen am Braukessel, im Weinkeller oder an der Brennblase, Spirituosenverkäuferinnen oder Brauwissenschaftlerinnen? Die Interessen der Kolleginnen in der Getränkebranche sind so vielfältig wie die Rollen, in denen sie sich profilieren. Viele Fragen – wenig Orientierung: Der Weg zu women4beverages entsteht beim Gehen.

Ursprünglich war „women4beverages“ eine monatliche Serie, die ich für das Portal der BrauBeviale produziert habe: Textporträts plus Video-Interviews mit Frauen wie die Orval-Braumeisterin Anne-Françoise Pypaert und Tankbauerin Sandra Gresser, geschäftsführende Inhaberin der Gresser GmbH. Der Titel der Serie inspirierte Andrea Kalrait, Yontex Executive Director BrauBeviale, zu Größerem. Sie initiierte die Gründung von women4beverages (w4b), dem Netzwerk für Frauen der Branche. Ihre Motivation beruhte auf einer, wie sie selbst sagt, „tiefen Leidenschaft für die Branche und dem Wunsch, eine Plattform zu schaffen, die Frauen stärkt“.

v.li.: Lucia Baier, Sylvia Etter, Victoria Schubert, Sylvia Kopp, Andrea Kalrait, Christina Schönberger und Linh Nguyen diskutierten auf dem Forum BrauBeviale, warum ein Netzwerk für Frauen sinnvoll ist (Fotos: Yontex GmbH & Co. KG / Heiko Stahl / Frank Boxler / Thomas Geiger)

In den Vorgesprächen mit Branchen-Kolleginnen ergab sich ein vielfältiges Bild: Die meisten Fürsprecherinnen erwarten von einem Netzwerk Inspiration und Coaching in Führungsaufgaben. Alle waren sich einig, dass w4b vor allem der Geselligkeit und Freundschaft dienen sollte. Ein Punkt fand jedoch nur zögerlich Anklang, und das war kurioserweise das Thema „Gleichstellung“, welches unter anderem die ungleiche Bezahlung und Behandlung von Frauen im Vergleich zu Männern sowie die Förderung von Frauen beispielsweise in Führungspositionen, im Sales, im Handwerk oder in der Wissenschaft beinhaltet. Wie sich zeigte, sind die Perspektiven auf diese Themen zunächst unterschiedlich, je nach Erfahrung und je nachdem, ob eine Angestellte oder Unternehmerin ist.

Geschlechtsspezifische Ungleichstellung und Vorurteile

Das intuitive Zurückweichen vor der Gleichstellungsproblematik zeigt, wie unangenehm dieses Thema besetzt ist. Kein Wunder, geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung ist wie ein blinder Fleck in der Karriere von Frauen. Sie ist verdeckt, geschieht oft unbewusst, selten vorsätzlich und erscheint meist pragmatisch begründet. So manche berufstätige Frau – auch in der Getränkebranche – hat sich damit arrangiert und ist trotzdem ihren Weg gegangen. Bloß nicht die Büchse der Pandora öffnen. Sich verdrängten Realitäten zu stellen, fühlt sich immer zunächst unangenehm an, erweist sich dann jedoch häufig als Offenbarung: Erkenntnisse, die den Wert der eigenen Leistung heben und den Selbstwert stärken. Ein Netzwerk wie w4b muss sich nicht per se zum Ziel setzen, für die Gleichstellung von Frauen zu kämpfen, das liegt den Gründerinnen fern, aber wir dürfen uns darüber informieren – auch dies eine Form von Empowerment!

So weiß w4b-Mitgründerin und BarthHaas HR-Managerin Linh Nguyen, dass fast die Hälfte der deutschen Arbeitskräfte weiblich ist, „aber in den Unternehmen der Getränkeindustrie arbeiten immer noch deutlich mehr Männer als Frauen – vor allem in der Brauwirtschaft sowie in der Getränkeherstellung beträgt der Frauenanteil lediglich rund 20 Prozent.“

Sylvia Kopp begrüßte die Mitgründerinnen auf dem Kick-Off von women4beverages

Dies mag zum Teil an dem besonderen Selbstbild der Brau- und Getränkewirtschaft liegen, die sich vor allem über die körperlich harte Arbeit in der Herstellung sowie über die maskulin geprägte Trinkkultur identifiziert. Wie dringlich gerade in Zeiten wie diesen eine Neuausrichtung ist, betont Sylvia Etter, w4b-Mitgründerin und Geschäftsführerin des deutschen Büros der Personalberatung Etter & Partner: „Um dem existierenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und das Potential diverser Teams auszuschöpfen, ist es wichtig, die Getränkebranche auch für Frauen attraktiv zu machen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Frauen die gleichen Zugangs- und Karrierechancen haben.“

Dabei sind oft geschlechtsspezifische Vorurteile die größten Hürden, so Linh Nguyen: „Eines der häufigsten Vorurteile ist die Annahme, dass Frauen, die ihre Karriereambitionen weniger deutlich kommunizieren, möglicherweise kein Interesse am beruflichen Fortschritt haben. Auch besteht oft die Vorstellung, dass technische Berufe eher für Männer geeignet sind.“ Aus ihrer Praxis in der Personalvermittlung von Führungskräften berichtet Sylvia Etter: „Leider gibt es in der Getränkebranche auch häufig genug noch bewusste Vorurteile, kombiniert mit den unbewussten Vorurteilen begegnen sie uns in unserer Arbeit fast täglich.“ Typische Bedenken seien „eine Frau kann ein bestehendes, männlich zusammengesetztes Team nicht führen“ oder „eine Frau könnte die Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben“. Etter dazu: „Auch wenn dies im Einzelfall vielleicht zutreffend sein könnte, sind diese Aussagen nicht mehr oder minder valide als ähnlich gelagerte Bedenken über Männer.“ Die kämen allerdings nur äußerst selten zur Sprache, wie beispielsweise „Männer sind untereinander viel kompetitiver, eine männliche Führungskraft könnte deshalb nicht anerkannt werden“ oder „Männer wechseln schneller und häufiger eine Position, beispielsweise wenn sie ein attraktives Angebot bekommen, bei dem sie sich schneller entwickeln könnten“.

Breites Themenspektrum

Am w4b-Kick-Off-Event auf der BrauBeviale nahmen rund 30 Frauen teil, davon einige aus anderen Ländern. Sie folgten der Einladung, ihre Stimmen für die Themen abzugeben, die für sie am relevantesten sind. Das Gewinnerthema war „Diversität und Gleichstellung“, gefolgt von „Co-Mentoring/Freundschaft feiern“ mit jeweils gleicher Stimmzahl, dann weiter mit „Wenn Karriere, dann erfüllend“, „Verhandlungen führen“ und „Wie Frauen die Branche verändern“. Ein reiches, abwechslungsreiches Themenspektrum, auf das sich die Branchen-Kolleginnen freuen: „Den Austausch mit anderen Frauen finde ich spannend“, so Victoria Schubert, Mitgründerin und geschäftsführende Inhaberin der Brauerei Karg. „Jede verfolgt andere Strategien, um ihr Leben zu organisieren: Familie, Haushalt, Freizeit und Berufsleben.“ Die Erfahrungen anderer seien eine Bereicherung.

Die Messebetreibergesellschaft Yontex sieht sich dabei in der Rolle der Gastgeberin für w4b. Sie stellt Mittel für das Netzwerk-Management, den Newsletter sowie die On-Site- und Online-Treffen zur Verfügung: „Wir möchten damit einen aktiven Beitrag zur Förderung von Frauen in der Getränkebranche leisten und gleichzeitig das Bewusstsein für die Herausforderungen steigern, mit denen Frauen in diesem Bereich konfrontiert sind“, so Andrea Kalrait. „Dies ist eine Chance, Werte wie Gleichheit, Empowerment und Zusammenarbeit zu demonstrieren und zu leben.“

Kick-Off women4beverages: Die Anwesenden tauschten sich aus, vernetzten sich und wählten die Themen, die sie am meisten interessieren

Das erste w4b-Meeting fand im März im kleinen Kreis von 15 engagierten Frauen statt – für den Anfang beachtlich. „Gleichstellung von Frauen – Brauch ich nicht, ich kann was“, so der Titel des Impulsvortrages von Sylvia Etter und Linh Nguyen. Er drehte sich um Gleichstellung, Diversität und Inklusion und endete mit wertvollen Tipps für eine bewusste Karriereplanung. Dabei lautet Linh Nguyens Super-Tipp für Frauen in der Getränkebranche, sich auf persönliches Wachstum und Persönlichkeitsentwicklung zu konzentrieren. „Ich möchte alle Frauen dazu ermutigen: Teilt eure Erfahrungen und euer Wissen, um voneinander zu lernen und euch gemeinsam weiterzuentwickeln!“ Eine ideale Plattform dafür sei w4b.

Der beste Networking-Tipp stammt von Sylvia Etter und schließt direkt an die Getränkebranche an. Es gebe kaum ein Branchen-Event, das nicht mit einer attraktiven Abendveranstaltung in lockerer Atmosphäre und vielen tollen Getränken endet. „Auch wenn sie sehr männlich geprägt ist, besteht die Getränkebranche auf allen Ebenen aus überaus offenen, unprätentiösen und sehr herzlichen Menschen. Gerade das macht sie so attraktiv, und es gibt keine bessere Möglichkeit, als solche Veranstaltungen zu nutzen, um Branchenteilnehmer mit echtem Interesse kennenzulernen.“ Das neue Netzwerk w4b stelle hier eine willkommene Erweiterung des bisherigen Angebotes dar.

Offenes Netzwerk

w4b darf organisch wachsen. Statt Kampagnen gibt es Treffen. Die Gründerinnen haben bewusst auf eine starre Vereinsstruktur verzichtet: w4b ist ein flüssiges und ein offenes Netzwerk, das vom Engagement der Teilnehmerinnen lebt. Keine muss, jede darf sich einbringen. Das gilt für die Linked­In-Gruppe ebenso wie für die Planungstreffen und Events. Drei Online-Events und ein Präsenztreffen auf der BrauBeviale sind für 2024 vorgesehen. Jederzeit können Frauen weitere Aktionen initiieren. Das Netzwerk ist zudem offensiv inklusiv, das heißt, interessierte Männer, Unterstützer und Botschafter sind willkommen. Bisher haben an allen w4b-Angeboten männliche Kollegen partizipiert. Zu den ersten Einträgen in die w4b-Mailing-Liste gehörte die Unterschrift von Dirk Reinsberg, geschäftsführender Vorsitzender des Bundesverbandes des Getränkefachgroßhandels.

Neben „Diversität und Gleichstellung“ und „Freundschaft feiern“ fand auch das Thema „Inspiration“, beispielsweise „Wie Frauen die Branche verändern“, großen Anklang

„Für die Zukunft von women4beverages wünsche ich mir“, so Andrea Kalrait, „dass hier ein Netzwerk entsteht, das von den teilnehmenden Frauen getragen wird. Ich wünsche mir eine Gemeinschaft, die durch gemeinsame Erfahrungen, Wissen und Unterstützung wächst und so letztlich ein Mehrwert für die Teilnehmerinnen sowie für die gesamte Branche entsteht.“

Darin liegt eine große Chance. Denn die Getränkebranche – wie alle anderen Wirtschaftsbereiche – braucht mehr denn je Diversität. Nur durch die Partizipation vielfältiger Perspektiven, Kompetenzen und Erfahrungen lassen sich Lösungen für immer komplexere Herausforderungen entwickeln. In Zeiten von Fluktuation auf vielen Ebenen greifen die herkömmlichen linearen Strategien nicht mehr. Frauen sind in den Teams, Abteilungen und Führungsetagen oft der Türöffner für Diversität und agile Strategien. So ist es wohl ein Zeichen der Zeit, dass das neue flüssige, offene Netzwerk von women4beverages alle Frauen und interessierten Männer der Getränkebranche dazu einlädt, sich mit auf den Weg zu machen, der erst entsteht, wenn wir ihn gehen.

Wer sich für w4b engagieren oder sich einfach nur anschließen möchte, schließe sich der LinkedIn Gruppe an (https://www.linkedin.com/groups/12989170/) oder schreibe an .

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