Beer-Consumer-Value statt Shareholder-Value
Dies haben sich „Die Freien Brauer“ auf die Fahne geschrieben, eine Initiative von unabhängigen mittelständischen Privatbrauereien (S. 430). Als Ziel streben diese Brauereien an, die traditionelle Bierkultur in Deutschland und Österreich gegen den Ansturm von Billigbieren und Brauereikonzernen zu erhalten und dies angesichts der Tatsache, dass schon 60 Prozent des deutschen Bierabsatzes in Brauereigruppen- und Konzernhand sind.
Regionale Spezialitäten und Biergenuss müssen stärker herausgestellt werden. Eine Forderung, die hier an dieser Stelle unzählige Male bereits gestellt wurde. Jetzt scheint aber der Druck vom Markt doch größer zu werden, zum einen vom Discount her, der immer noch an Bedeutung zunimmt, zum anderen auch von der Verpackungsseite her.
Mehr Sinnlichkeit und mehr Genuss sollte der Verbraucher beim Bierkonsum verspüren. Beim Pro Carton Kongress in Frankfurt ging es in erster Linie um das Bestreben, mit der Verpackung alle fünf Sinne des Verbrauchers anzusprechen, vor allem vor dem Hintergrund, dass 82 Prozent der Verbraucher vor dem Regal innerhalb von 11 Sekunden über Kauf oder Nicht-Kauf entscheiden (S. 429).
Glas als Verpackungsrohstoff erhöht den Genuss beim Trinken. Das hat ein wissenschaftlicher Test ergeben, der jetzt beim Zukunfts- und Trendtag Glas in Berlin vorgestellt wurde (S. 430). Dose, PET und Karton werden offenbar als weniger „wertig“ empfunden und zum Teil deutlich abgelehnt. Vielleicht ist das der Grund, warum Bier in Dosen der PET zu so niedrigen Preisen angeboten wird, sicher nicht zum Nutzen des Image.
Produktinnovationen lassen sich mit der neuen Versuchs- und Lehrbrauerei des Lehrstuhls für Technologie der Brauerei II in Weihenstephan, die am 28. März 2006 offiziell in Betrieb genommen wurde, in enger Zusammenarbeit mit der Industrie entwickeln (S. 429). Internationale Biervielfalt präsentierte sich kürzlich in London bei der Verleihung der „Brewing Industry International Awards“ im historischen Ambiente (S. 431). Hier war die internationale Brauwelt im wahrsten Sinne des Wortes vertreten. Das Verkosten einiger der prämierten Biere war wirklich ein Erlebnis.
Faszination Wasser ist der Beitrag ab S. 448 überschrieben. Er steht am Anfang einer Reihe von Artikeln, die sich sehr detailliert mit einem der wichtigsten Grundstoffe der Getränkebranche beschäftigen. Die Mitarbeiter des Instituts Romeis werden sich detailliert mit den verschiedenen Wassergattungen, deren Entwicklung und Bedeutung sowie mit den wichtigsten Aufbereitungs- und Herstellungsverfahren ausein-andersetzen. Mit der „Faszination Wasser“ lässt sich beim Konsumenten sicher punkten. Es muss ja nicht immer nur der Hinweis auf das Felsquellwasser sein.
Wissenstransfer kann auf sehr unterschiedlichen Ebenen ablaufen. Meistens denkt man dabei an die Ausbildung, Weiterbildung, Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis, Seminare und last but not least an Fachzeitschriften. Der Beitrag „Aus Projekten lernen“ (S. 441) zeigt auf, wie Unternehmen das in Projektgruppen erarbeitete Wissen für die ganze Organisation für laufende und künftige Vorhaben nutzen können.
Mit der Nutzung neuer Kommunikationsformen können auch mittelständische Unternehmen neue Einkaufsformen einsetzen, wie der Beitrag ab S. 443 zeigt. So könnten sich im Einkauf finanzielle Vorteile für die Betriebe ergeben.
Reisen bildet und erweitert den Horizont, auch eine Art Wissenstransfer. Ina Verstl, unsere Brauwelt-Korrespondentin, geht der Frage nach, wie sich die Wirtschaft, insbesondere die Brauwirtschaft in Aserbaidschan entwickelt. Diese Frage dürfte in erster Linie für die Zulieferindustrie von Interesse sein. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch Bier von 4,4 Litern und steigendem Wohlstand durch Öl, sollten neue Braustätten doch durchaus Chancen haben.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 15-16, 2006, S. 427