Danke, uns geht es gut
So lautet die Überschrift eines Beitrages von Robert von Heusinger in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 17. August 2006. Für ihn sind die Zeiten für Untergangspropheten vorbei. Deutschlands Wirtschaft wächst so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Firmen, so von Heusinger, verdienen klotzig, investieren kräftig, schaffen neue Jobs – und die Menschen stecken das Geld in einen höheren Konsum. Die Binnennachfrage ist wieder da und stößt einen sich selbst tragenden Aufschwung an. Die deutsche Wirtschaft scheint den EUR – und den Wiedervereinigungsschock endlich verdaut zu haben. Nichts spricht gegen einen weiter kräftigen Aufschwung. Bleibt zu hoffen, dass dieser Aufschwung nicht wieder zerredet wird und dass sich die positive Stimmung auch auf den Biermarkt auswirkt. Der Ausstoß ist im Juni insgesamt um 1,8 Prozent gestiegen, im ersten Halbjahr 2006 um lediglich 0,7 Prozent. Die letzte Phase der Fußballweltmeisterschaft und der heiße Juli haben den Konsum sicher noch einmal angehoben.
Der Getränkefachgroßhandel spielt dabei natürlich eine große Rolle. Er muss sich einer Reihe von Herausforderungen stellen, von der Kontrolle des MHD über die steigende Anzahl der Sorten und Gebinde, bis hin zum Spagat bei der Belieferung von Zentrallägern und Kiosk, Unsicherheiten beim Einwegpfand, Top-Kosten-Controlling bei geringer Spanne. Insgesamt hat der Getränkefachgroßhandel die Logistik besser im Griff. So scheint es sinnvoll, dass die Brauereien sich auf ihre Kernkompetenz, das Bierbrauen und die Marke, konzentrieren, die Logistik aber dem Getränkefachgroßhandel überlassen (S. 997).
Mehr Transparenz in den Getränkefachgroßhandel bringt die Befragung der größten Getränkefachgroßhändler durch Brauwelt-Autor Dr. Kai Kelch bezüglich ihrer Absatzschwerpunkte. In dieser Ausgabe geht es ab S. 1000 um den Schwerpunkt Gastronomie im Getränkefachgroßhandel. Auffallend ist dabei die große Schwankungsbreite von 100 Prozent Gastronomieanteil bis 3 Prozent.
Mehr Konsum wirkt sich auch auf den Verpackungsbereich aus. Die Entwicklung des Verpackungsverbrauches zeigt eindeutig, dass Metall und Glas rückläufig sind, Kunststoff dagegen auf dem Vormarsch ist. Dabei ist im Bereich Getränke entscheidend, die passende Kombination von Verpackung und Produkt zu erreichen, nicht nur wegen einer möglichen Permeation von Sauerstoff bzw. Kohlensäure, sondern auch hinsichtlich der Wasserdampf-durchlässigkeit bei längeren Haltbarkeitsfristen (S. 993).
Auch die Rohstoffe beeinflussen bekanntlich die Haltbarkeitsfristen. Dass der Rohstoff Hefe in manchen Betrieben immer noch ein Schattendasein führt, ist kaum zu glauben. Sich mit Hefemanagement zu befassen, ist ein ungemein spannendes Thema, wie das 3. Hefesymposium in Freising wieder einmal gezeigt hat (S. 994). Gärtemperatur und Anstellzellzahlen haben z. B. einen großen Einfluss auf die kolloidale Stablität und das Redoxpotenzial, wichtige Aspekte im Hinblick auf zunehmende Distributionswege und Haltbarkeitszeiträume.
Wie sich die Qualität der diesjährigen Braugerste darstellt, lässt sich zur Zeit noch nicht vorhersagen. Nach Schätzungen der Braugersten-Gemeinschaft ist mit einem Braugerstenaufkommen in Deutschland von lediglich 1,4 Mio t zu rechnen, da in erster Linie die Sortierung unter den extremen Witterungsbedingungen des Sommers 2006 gelitten hat.
Die Brauer sind, wie man sieht, sehr stark witterungsabhängig. Zum einen hält sich der Bierdurst in Grenzen, wenn es zu kalt bzw. zu heiß ist, zum anderen leidet die Qualität bzw. die Menge der Rohstoffe Gerste, Weizen und Hopfen, wenn die Witterung nicht passt. Dass sich das konjunkturelle Klima nachhaltig verbessert hat, sollte die gesamte Branche positiv stimmen, auch wenn einige Wolken, wie Mehrwertsteuererhöhung und Alkoholdiskussion (S. 995), am Horizont auftauchen.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 34-35, 2006, S. 991