Ungeheure Dramatik im Markt
Nicht nur im Malzmarkt ist eine ungeheure Dramatik, wie Hans Albert Ruckdeschel bei der Mitgliederversammlung des Bayerischen Mälzerbundes feststellte (S. 1081), sondern im gesamten Biermarkt. Alle Beteiligten starren, wie das Kaninchen auf die Schlange, auf die Preisentwicklungen bei den Lebensmitteln allgemein und bei den Getränken insbesondere. Jeder wartet mit den notwendigen Preiserhöhungen auf den anderen. Großbrauereien, die jetzt mehr auf Menge als auf den Ertrag setzen, gehen mit den Preisen sogar noch nach unten. Und das vor dem Hintergrund der gestiegenen Rohstoffpreise.
Die Mehrkosten für die Rohstoffe bezifferte Dr. G. Seeleitner, Präsident des Bundes Österreichischer Braumeister und Brauereitechniker, anlässlich der 57. Arbeitstagung seines Bundes am 21. September 2007 in Villach, auf über 4 EUR/hl. Nicht mit einbezogen sind dabei die steigenden Kosten für die Energie, für das Personal, die Verpackungen oder die Anlagen. Die Frage steht im Raum, wie diese Mehrkosten kompensiert werden können. Für Dr. Seeleitner könnte sich der Rationalisierungsdruck erhöhen. Allerdings gilt nach wie vor der Satz von Henry Ford in abgewandelter Form: „Maschinen kaufen kein Bier“.
Rohstoffe beeinflussen die Qualität des Endproduktes. Eine Binsenweisheit, sollte man meinen, die wohl in den letzten Jahren von den Unternehmen verdrängt worden ist. Immer stärker hört man heute in der Branche, dass der Rohstoffeinkauf wieder mehr von den Fachleuten getätigt und nicht den Einkaufsabteilungen überlassen werden sollte. Auch Dr. M. Zepf schlug in seinem Referat bei den DLG-Lebensmitteltagen 2007 am 26. September in Bad Soden in diese Kerbe (S. 1082). Denn die Technologen müssen die schlechteren Qualitäten im täglichen Betrieb ausbaden. Wie sich diese in der Praxis auswirken und welche Mehrkosten in der Produktion durch schlechtere Gersten- und Malzqualitäten entstehen, darüber referierte Dr. Klaus Hartmann, TU München-Weihenstephan, in Villach. Die Brauwelt wird in der nächsten Ausgabe über diesen Vortrag berichten.
„Kein Bier für Öl“. So könnte man die Überschrift „Kein Brot für Öl“ über einem Beitrag in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 27. September 2007 umwandeln. In diesem Artikel setzt sich der Autor äußerst kritisch mit dem Thema Biospritbeimischungen zu Diesel und Benzin auseinander. Diese sollen bis zum Jahre 2020 auf einen Anteil von 17 Prozent ansteigen, und das, obwohl Biomasse ein knappes Gut ist, für das, wie für Öl und Gas, höchste Effizienz zu fordern ist. Viel wirkungsvoller, so der Autor, wäre es, die Anbauflächen aufzuforsten, um Holz zum Heizen zu gewinnen. Pflanzen die Bauern in Zukunft mehr Bäume als Braugerste? Das ist nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit. In der Diskussion zum Beitrag von Dr. Zepf wies ein Landwirt darauf hin, dass die Braugerstenpreise jetzt stark angezogen hätten, allerdings die für die Konkurrenzpflanzen eben auch, sodass sich die Relationen noch nicht zu Gunsten der Braugerste verschoben hätten.
Ob die Braugerste in naher Zukunft im Kampf um die Anbauflächen wieder mithalten kann, hängt also auch stark vom politischen Umfeld ab. Hier sollte man den Verantwortlichen u. a. klar machen, dass z. B. der Mais, der für die Herstellung von
einer einzigen Tankfüllung Bioäthanol benötigt wird, ausreicht, einen Erwachsenen ein ganzes Jahr zu ernähren.
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 40, 2007, S. 1079