Entspannung auf dem Rohstoffmarkt?
Nach dem aktuellen Braugerstenreport sind die Sommergerstenflächen in Deutschland und Europa in diesem Jahr regional zum Teil deutlich ausgedehnt worden (S. 661). Dagmar Hufnagel, Korrespondentin des Ernährungsdienstes, führt dies zum einen auf die besseren Preise für Braugerste zurück, zum anderen auf die Aufhebung der Flächenstilllegung. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die in Deutschland um zwei bis drei Wochen verzögerte Aussaat auf den Erntezeitpunkt und die Erntemenge auswirken wird.
Beim Hopfen kommt der Züchtung und dem Pflanzenschutz eine große Bedeutung zu, wenn es um die Sicherung der Versorgung der Branche geht. Allerdings, so Dr. E. Seigner, muss man schon heute wissen, welche Sorten man in zehn bis 15 Jahren benötigt, um als Hopfenpflanzer auf Dauer erfolgreich sein zu können (S. 662). Bei der nach wie vor klassischen Züchtung neuer Hopfensorten müssen über 30 Selektionskriterien erfasst werden, um heute die Sorten von morgen erkennen zu können, u. a. auch neue Aroma- und Bitterstoffprofile auf Grund sich ändernder Verbraucherwünsche beim Biergeschmack.
Verbraucherwünsche ändern sich auch im Verpackungsbereich. Das von Thorsten Schmidt kürzlich vorgestellte Einweg-PET-Keg folgt dem Trend zu kleineren Gebinden, bedient neue Kundensegmente und erleichtert den Vertrieb in neue Länder (S. 664), und das zu überschaubaren Kosten. Ausführliche Lagertests bei Temperaturen von bis zu 45 °C mit diesem neuen KeyKeg zeigten weder beim Druck noch beim Gasaustausch bzw. beim Biergeschmack Unterschiede im Vergleich zum herkömmlichen Stahlfass (S. 665). Diesem neuen Gebinde werden zunächst einmal in erster Linie in Russland oder in Asien Chancen eingeräumt. Ob es sich in Deutschland schneller durchsetzt als die PET-Flasche bleibt abzuwarten. PET-Einweggebinde für Bier werden sich hier, so G. Birnbaum, GfK, Nürnberg, erst in der kommenden Generation durchsetzen, wenn Bier in PET-Flaschen „gelernt“ ist (Brauwelt Nr. 20, 2008, S. 540). So bleibt für Birnbaum PET ein erfolgreiches Verpackungsmaterial – nur (noch) nicht für deutsche Biertrinker. Für GEVA-Geschäftsführer Andreas Vogel dagegen schwebt die PET-Flasche für Bier wie ein Damokles-Schwert über dem Getränkefachhandel, wie er bei der Pressekonferenz seiner Kooperation am 6. Juni 2008 in München feststellte (s. nächste Ausgabe der Brauwelt). Er fürchtet Verhältnisse wie früher beim Dosenbier, wenn sich der deutsche Verbraucher erst einmal an Bier in PET gewöhnt haben sollte. Auch hier gilt: „Des einen Freud, des anderen Leid“ bzw. der Satz: „Der Markt wird´s schon richten“.
Auf die Verbraucherwünsche nach mehr Biervielfalt wurde an dieser Stelle schon des Öfteren hingewiesen. Zahlreiche internationale Bierinnovationen mit ausgefallenen Geschmacksrichtungen wie z. B. Schokolade wurden auf der Pianeta Birra Beverage & Co in Rimini erfolgreich vorgestellt (S. 665). In Deutschland machte im letzten Jahr das alkoholfreie Weißbier Furore. Ihm sei es, so Dr. Kelch, zu verdanken, dass der Absatz des alkoholfreien Bieres im Jahr 2007 um 9,4 Prozent auf 2,753 Mio hl angestiegen ist. Fast ein Viertel des alkoholfreien Biermarktes entfällt mittlerweile auf alkoholfreies Weißbier, nicht zuletzt getrieben durch die Privatbrauerei Erdinger Weißbräu, die diese Innovation als erste auf den Markt gebracht hat. Produktinnovationen, konsequent entwickelt und auf den Markt gebracht, können also durchaus auch im Land des Reinheitsgebotes Erfolg haben. Es müssen nicht immer nur die Biermischgetränke sein, wie auch schon Rüdiger Ruoss kürzlich in Höhr-Grenzhausen festgestellt hat (Brauwelt Nr. 21-22, 2008, S, 574).
Autoren
Karl-Ullrich Heyse
Quelle
BRAUWELT 24, 2008, S. 659