Malzproben (Foto: sirmarkdavid on pixabay)
04.11.2019

Malzanalytik: Branchenweite Umstellung der Analysenbasis für helles Gerstenmalz

Isothermes 65°C-Maischverfahren | Seit 1907 wird auf Basis des Kongressmaischverfahrens die Qualität von Braumalz in verschiedenen Merkmalen analysiert. Der enorme Züchtungsfortschritt, der in über 100 Jahren intensiver Braugerstenzüchtung geleistet wurde, brachte Braugerstensorten mit immer besseren Lösungseigenschaften in den Markt. Das Maischverfahren wurde aber nie an die neuen Lösungseigenschaften angepasst, sodass die Bewertung der Cytolyse und Proteolyse nicht mehr zeitgemäß dargestellt wird. Insbesondere die Differenzierung verschiedener Malzqualitäten ist damit nicht mehr ausreichend gegeben. Zwar gab es aus wissenschaftlicher Sicht schon lange die Empfehlung, die Analysenmerkmale Mehl-Schrot-Differenz und VZ 45 °C zu eliminieren, den entscheidenden Schritt aber machte die Braugersten-Gemeinschaft e.V. im Schulterschluss mit dem Bundessortenamt.

Lange  Vorlaufzeit und breite Datenbasis

Nach intensiven Beratungen gab die Braugersten-Gemeinschaft im Frühjahr 2012 bekannt, dass ab der Ernte 2012 zum bis dato üblichen Kongressmaischverfahren für die Braugerstenevaluierung parallel das isotherme 65 °C-Maischverfahren angewandt werden sollte. Ziel war es, eine praxisnähere Beurteilung neuer Braugerstenzüchtungen zu gewährleisten. Seitdem sind durch die parallele Analyse beider Verfahren gewaltige Datenmengen und viele Erkenntnisse zusammengekommen. Darüber hinaus sollte das neu etablierte Analyseverfahren zur Bestimmung der Malzqualität und der Verarbeitungseignung möglichst nahe an der Verarbeitungspraxis in den Brauereien liegen. Die durch den Züchtungsfortschritt erreichte hohe Malzqualität hat viele Braumeister veranlasst, ihre Maischarbeit anzupassen und auf Hoch-Kurz-Maischverfahren umzustellen. Die Analyse der Malze nach dem isothermen 65 °C-Maischverfahren erlaubt somit eine praxisnähere Beurteilung. Gleichzeitig kann die Maischzeit in der Laborpraxis zur Erstellung der isothermen 65 °C-Würze um nahezu die Hälfte verkürzt werden.

Auch Brauereien, die traditionelle Maischverfahren anwenden erhalten mit der neuen Analysebasis eine bessere Qualitätsbeschreibung der Malze.

Umstellung im Jahr 2020

Die Umstellung innerhalb des Berliner Programms war nach drei Jahren (2012 - 2015) vollzogen. Danach galt es – mit möglichst vielen parallelen Untersuchungen an Praxismalzen – eine breite Datenbasis zu erstellen, die zeigt, welche Merkmale sich auf der Basis der isothermen 65 °C-Maische bezogen auf die Richtwerte (Spezifikationen) verschieben. Dabei galt es auch Jahrgangseffekte auszuschließen.

Bis heute haben die Institute (z. B. im Rahmen der Sortenbewertungen und Ringanalysen), die Mälzereien und Brauereien über sieben Jahre ausreichend Datenmaterial erhoben und Erfahrungen gesammelt, um der Branche neue Richtwerte auf Basis der isothermen 65 °C-Maische zur Verfügung zu stellen. Somit kann die Umstellung innerhalb kurzer Zeit problemlos vollzogen werden.

Was müssen Brauereien und Mälzereien beachten

Viele Malz-Lieferverträge wurden bereits mit Malzspezifikationen auf der Basis beider Maischverfahren geschlossen. Lieferverträge, die zum Umstellungszeitpunkt noch mit Qualitätsmerkmalen auf der Basis der Kongressmaische geschlossen wurden, bedürfen eines Änderungsvertrages, der die vereinbarte Malzqualität auf die Basis der isothermen 65 °C-Maische überträgt. Alle sonstigen Vertragsbestandteile bleiben unberührt.

Bei den Qualitätsmerkmalen verschieben sich im Wesentlichen:

  • der Extrakt (Abnahme um 0,3 - 0,5 %);
  • der lösliche N (Abnahme um 40 - 80 mg/100g Malz-Trs.);
  • der FAN (Abnahme um 20 - 30 mg/100g Malz-Trs.).

Die Viskosität und der β-Glucan-Wert steigen geringfügig an (bestehende Erfahrungswerte), Würzefarbe und Kochfarbe nehmen um 0,4 - 0,7 EBC ab.

Die Änderungen sind moderat, müssen aber berücksichtigt werden, da sich die genannten Malzmerkmale zum Teil oder in Gänze in den Malzkontrakten wiederfinden. Wichtig ist es jedoch zu wissen, dass sich die absolute Qualität der Malze nicht ändert!

Umstellung der Malzanalytik für helles Gerstenmalz auf isotherme 65°C-Maische

Nachdem es sich bei den beiden Maischverfahren um zwei grundlegend verschiedene Herangehensweisen zur Herstellung der Würzen handelt (verschiedene Enyzme werden bei den Rasten angesprochen), sind die Analysenwerte auch nicht einfach umrechenbar. Die neuen Korridore der Richtwerte müssen mit der Zeit gelernt werden.

Der Eiweislösungsgrad (Kolbachzahl/ELG) errechnet sich aus dem Verhältnis löslicher Stickstoff (N) zu Gesamtstickstoff. Der Gesamtstickstoff errechnet sich aus dem Rohproteingehalt durch den Faktor 6,25. Der ELG ist also ein reiner Rechenwert, der zur Orientierung der proteolytischen Lösung dient. Würde man den Eiweißlösungsgrad in der angegebenen Spanne von 9 bis 11,5 Prozent Rohprotein und 570 bis 670 mg/100 g Malz-Trs. errechnen, würde sich der Korridor von ca. 35 bis 52 Prozent erstrecken, was einer deutlich größeren Spanne entspräche als der in vielen Kontrakten enthaltene orientierende Korridor von 35 bis 42 Prozent. Zielgröße zur Beurteilung der Malzqualität sollte deshalb immer der lösliche Stickstoff sein.

Mehl-Schrot-Differenz und VZ 45 endgültig  Vergangenheit

Im Zuge der Umstellung der Analysenbasis für die Malzanalytik werden die beiden Merkmale Mehl-Schrot-Differenz (MSD) und VZ 45 °C endgültig aus der Beurteilung von Braumalzen eliminiert. Die Aussagekraft beider Merkmale wurde bereits vielfach in Frage gestellt; zur Beurteilung der Verarbeitungsqualität stehen differenziertere Merkmale zur Verfügung.

Richtwerttabelle Malzqualität

Zur Orientierung haben die beteiligten Verbände und Institute eine Tabelle für die Standard-Malzqualität erstellt (siehe Tab. 1). Sie dient als Richtwerttabelle sowohl für die individuelle als auch für bilateral zwischen den Vertragspartnern festzulegende Spezifikationen für die Malz-Lieferverträge.

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