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06.10.2005

„Retro-Visionen“ bei den Großen, Koopera­tionen beim Mittelstand

Im Vorfeld der drinktec 2005 fand das 4. World Beer and Drinks Forum statt. Es stand unter dem Motto „Visionäre und ihre Visionen“. An zwei Nachmittagen wurde über Entwicklungen und Tendenzen im globalen und nationalen Biermarkt zum Teil sehr kontrovers diskutiert (S.1311). Ob die Entwicklungen immer so eintreffen, wie Branchenkenner sie manchmal vorhersagen, bleibt abzuwarten. Ganz von der Hand zu weisen sind die Szenarien, die in München aufgezeigt wurden, sicherlich nicht (S.1312), auch wenn sie dem einen oder anderen nicht so genehm sind. Allerdings fiel dem stillen Beobachter der Szenerie auf, dass sich gerade die Großen der Branche auf Werte besannen, die in den letzten Jahren eher als überholt und altmodisch eingestuft worden waren. Auf einmal braucht Bier wieder mehr Geschmack, mehr Vielfalt, mehr Charakter, mehr Image und natürlich höhere Preise. Und das, nach dem man über Jahre hinaus ganze Managementebenen in den Brauereien abgebaut, Gelder für die Öffentlichkeitsarbeit für Bier gestrichen und auch bei der Förderung der Brauwissenschaft die Bremse gezogen hat. Mit Interesse haben sicher die anwesenden Mittelständler vernommen, dass die Großen sie am Leben erhalten sollten, da nur sie das Absacken des gesamten Biermarktes verhindern könnten.

Lokale Marken bringen Stärke und Erträge. Internationale Marken lassen sich nur mit großem Aufwand in den lokalen Märkten etablieren. So lautete fast einhellig das Credo der sieben Global-Player. Über diese Diskussion wird die Brauwelt noch eigens berichten, gab sie doch einen guten Einblick in die Denke dieser Unternehmen, die sich immer stärker Gedanken darüber machen, wie man dem Konsumenten die Vorzüge eines guten Bieres näher bringen kann. Gerade den deutschen Brauern müssen ja die Ohren geklingelt haben, als August A. Busch IV, Präsident von Anheuser Busch, nicht nur die positiven gesundheitlichen Aspekte eines mäßigen Biergenusses aufgezählt, sondern auch eine Gemeinschaftswerbung für Bier in den USA in Kooperation mit seinen Mitbewerbern angekündigt hat.

Für Kooperationen unter Brauern scheint die Zeit allmählich zu reifen. So stellten z.B. vier mittelständische Brauereien aus Bayern ihre Exportoffensive Griechenland vor und das „als Waffe gegen die deutlichen Veränderungen in der Bierlandschaft“ (S. 1316) und natürlich auch gegen die Global-Player, die ihre Muskeln immer stärker spielen lassen (S. 1315).

Die „Freien Brauer“, die sich der Öffentlichkeit Mitte September in München präsentierten, haben zum Ziel, die Bierkultur öffentlichkeitswirksam darzustellen und zu fördern. Sie wollen aber keine generische Bierwerbung betreiben, sondern vielmehr den Brauer als Unternehmer und die Bierkultur in seiner Region herausstellen (Brauwelt 38/39, 2005, S. 1270). Sicher ein wirkungsvoller Beitrag zur Verbesserung des Bierimage und zum Erhalt der Biervielfalt.

Zum Thema Kooperation gehört auch das Abkommen zwischen der Erdinger Weissbräu und der Bitburger-Gruppe in der Gastronomie, das von beiden Seiten als sehr positiv dargestellt wird, da hier starke Marken miteinander kooperieren (S. 1316).

Für eine echte Innovation, das Weißbierpils, ­bildet

sich eine weitere Kooperation von mittelständischen Brauereien. Einige Intere­s­senten haben sich am 27. September 2005 bei der Fürst Wallerstein Brauhaus AG getroffen, um Einzelheiten über die Herstellung und die Ver­mark­­­tung dieser neuen Bierspezialität zu besprechen, die das Fruchtige eines Weißbieres mit dem Hopfenaroma eines Pilsbieres kombiniert und verfeinert. Die Brauwelt wird da­rüber noch berichten. Die Zeit scheint reif zu sein für Weißbiere mit ausgeprägtem Hopfenaroma. Der Braukunst und ihrem Spiel mit der Hefe und dem Hopfen sind hier Tür und Tor geöffnet, auch ein Vorteil der eher handwerklich operierenden mittelständischen Brauereien, die jetzt wohl unter dem zunehmenden Druck des Marktes eher an Kooperationen denken als noch vor einigen Jahren.

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