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20.01.2020

„Die Nische in der Nische“ – Exporterfolg mit Biergeschenken

Aus dem Allgäu in die Welt | Kann man als Brauerei im Exportgeschäft erfolgreich sein, wenn man nicht auf Menge setzt? Ja, aber dann muss man sich etwas Besonderes einfallen lassen, wie das Beispiel von Hans-Hermann Höss zeigt. Er hat sich auf Biergeschenke spezialisiert.

Für viele deutsche Brauereien war der Export lange nur ein Weg, um Überkapazitäten zu verkaufen, inzwischen setzen die meisten jedoch auf eine strategische Entwicklung von Exportmärkten. Doch auch bei einer gut konzeptionierten Exportstrategie ist es am Ende wichtig, wie viele Hektoliter exportiert werden.

Da fällt es schon auf, wenn ein Brauer sagt: „Bei uns spielen die Hektoliter eigentlich nicht die entscheidende Rolle.“ Wie verdient Hans-Hermann Höss dann sein Geld im Bierexport? Nun ja, er hat sich auf den Vertrieb von Spezialitätenbieren in Geschenkverpackungen spezialisiert – bei ihm findet die Wertschöpfung auf einem anderen Weg statt. Im Gespräch mit der BRAUWELT erzählt Höss, wie es zu dieser Spezialisierung kam und warum es für ihn der richtige Weg ist.

Hirschbrauerei Sonthofen

Angefangen hat alles 1657, als der Hirschwirt in Sonthofen eine Braulizenz bekam. 1859 kaufte Josef Anton Höss dann die Brauerei und das Wirtshaus. Die Hirschbrauerei ist seither im Besitz der Familie Höss. 1993 übernahmen Hans-Hermann Höss und seine Cousine Claudia Höss-Stückler die Familienbrauerei in 5. Generation und führten sie bis Juli 2008 gemeinsam.

Exporteur mit Leib und Seele: Hans-Hermann Höss

Unter dem Motto „von Gold bis Craft“ zählen zum Sortiment Klassiker wie helles Exportbier oder Weizen, verschiedene Bockbier-Spezialitäten, ein Black Bock mit englischen Spezialmalzen und ein Sommerlager mit Galaxy und Amarillo gehopft. Seit 2015 gibt es zudem holzfassgereifte Spezialbiere. Ein breites Sortiment, das für jeden Bierliebhaber einen passenden Schluck zu bieten hat.

Die ersten Geschenkartikel kamen 2003/2004 auf den Markt. Zunächst waren sie als Probierpaket gedacht, kamen bei den Kunden aber so gut an, dass Höss die Idee weiterentwickelte. „Es war mein Ziel, neue Geschäftsfelder zu erschließen und ein zweites Standbein zu bekommen, neben dem klassischen regionalen Geschäft“, erklärt Höss die Hintergründe. Anfang der 2000er zeichnete sich langsam ab, dass Hans-Hermann Höss und seine Cousine im Brauereigeschäft auf verschiedene Schwerpunkte setzten. Dies führte dann zu dem Entschluss, das Brauereigeschäft in zwei Unternehmen aufzuteilen.

Trennung Brauerei und Vertriebsgeschäft

Zum 1. August 2008 erfolgte die Realteilung in die Privatbrauerei Höss GmbH & Co. KG als klassische Regionalgesellschaft, die das Bier produziert und die Gastronomie beliefert, und in die Höss Brau- und Vertriebs GmbH & Co. KG. „Wir verkaufen das Hirschbier komplett im nationalen Vertrieb über den Handel und in den Auslandsmärkten. Wir bekommen das Bier von meiner Cousine geliefert und packen es dann hier in unserer eigenen Betriebsstätte in Sulzberg bei Kempten in alle möglichen Verpackungsvarianten um“, erklärt Höss.

Mit den rustikalen Holzkisten als Probierpack hat alles angefangen

Rund ein Drittel des Bieres wird regional über die Gastronomie vertrieben, ein Drittel geht in den nationalen Vertrieb und ein Drittel in den Export. Die Brauerei hat inzwischen 25 Mitarbeiter. Bei der Vertriebsgesellschaft sind es 18 und rund 50 Aushilfen in der Hochsaison – zur Oktoberfestzeit. Dann sind bayerisches Bier und die Bierkultur des Freistaates auf dem ganzen Globus ein Thema. Diese mediale Aufmerksamkeit macht sich Höss in seinem Unternehmen zu Nutze und bringt die bierselige bayerische Gemütlichkeit in Form von 3er-Trägern in Lederhosenoptik oder im Hirschtascherl sowie 6er-Trägern aus Holz in die Supermarktregale und die Duty-Free-Shops an zahlreichen deutschen Flughäfen.

Spezialisierung auf Biergeschenke

Wie kam es zu dieser Spezialisierung auf Biergeschenke? „Ich wollte aus der Abhängigkeit raus. Wenn wir im Allgäu einen Winter mit wenig Schnee haben, bricht der Absatz um 20 Prozent ein. Davon wollte ich mich lösen“, so Höss. In den Preiskampf beim Export wollte er sich aber auch nicht hineinziehen lassen und so konzentrierte er sich auf „die Nische in der Nische“: den nationalen und internationalen Vertrieb von Biergeschenken.

Hirschbräu setzt auf Bierspezialitäten wie den Allgäuer Doppelbock

Als Exportgut sind die 3er- und 6er-Träger allerdings nicht wirklich leicht zu handhaben. „Bei uns ist es beim Thema Zoll fast noch extremer als bei anderen Brauereien, weil wir sehr viele Mischpackungen haben, mit unterschiedlichen Alkoholgehalten. Das sind sehr komplexe Zollfragen, die da geklärt werden müssen“, erklärt Höss.

Botschafter bayerischer Bierkultur

Von so manchem Brauerkollegen wird er zwar belächelt, die Biergeschenke wirken auf den ersten Blick teilweise etwas kitschig, doch am Ende geht es darum, Kundenwünsche zu bedienen. Hier gibt der Erfolg Höss ganz eindeutig Recht. Im Gespräch, bei dem er begeistert von den engen Kontakten zu seinen Partnern auf der ganzen Welt erzählt, wird klar, dass er seinen Weg gefunden hat: „Meine persönlichen Vertriebsaktivitäten sind auf die Auslandsmärkte fokussiert. Das ist mein Herzblut, weil es mir sehr viel Spaß macht, v. a. der persönliche Kontakt zu den Importeuren.“

Wie hier in Korea ist Hans-Hermann Höss weltweit als Botschafter der bayerischen Bierkultur unterwegs

So ist der Allgäuer weltweit als inoffizieller Botschafter der bayerischen Bierkultur unterwegs. „Aufgrund der kleinen Absatzmengen und unserem Wunsch, nicht in Abhängigkeiten zu geraten, ist unser Vertriebsgebiet breit gestreut. Am weitesten entfernt ist sicherlich Australien, wir liefern aber z. B. auch nach China, Hongkong, Brasilien und Mexiko.“ Im europäischen Ausland sind Russland und Italien die beiden wichtigsten Märkte für Höss. Verkauft werden die Biergeschenke v. a. über den Handel. Da ist ein enger Draht zu den Importeuren vor Ort besonders wichtig. „Deshalb möchte ich alle unsere Kunden einmal im Jahr sehen. Viele besuche ich vor Ort, viele kommen aber auch sehr gerne zu uns ins Allgäu und verbinden ihren Besuch mit einem Abstecher zum Oktoberfest“, verrät Höss. „Bei einem Besuch können wir die Emotionen und die Bierkultur vor Ort in unserer schönen Region ganz anders zeigen als mit unseren Werbemitteln allein.“

Enger Kontakt zu Importeuren

In den Gesprächen mit seinen Kunden lernt Höss die Besonderheiten der Zielmärkte kennen und lässt dann die länderspezifischen Vorlieben, z. B. bei Farben und Design, in seine Produktentwicklung einfließen. „Wir wollen die Kundenwünsche berücksichtigen, um nicht am Markt vorbei zu entwickeln. Die Kundennähe und die individuellen Lösungen, die wir dadurch unseren Kunden bieten können, sind unser Aushängeschild“, so Höss.

Mit dieser Strategie und seiner ständigen Suche nach neuen Ideen und kreativen Verpackungslösungen für seine Bierspezialitäten hat der Exportprofi sich einen treuen Kundenstamm aufgebaut, für dessen Erweiterung er vielfältige Möglichkeiten zum Netzwerken nutzt. „Eine Kernfrage für mich ist: Wie komme ich an die entsprechenden Kunden heran? Da wir natürlich keinen riesigen Apparat haben, kommt es auf kurze Wege an“, betont Höss.

Die Geschenktaschen in Lederhosenform oder mit Allgäuer Berghütte sind ein Exportschlager

Als Teilnehmer am Beverage2Business Buyers Meeting in Südkorea, das aus dem Export Forum German Beverages entstanden ist, hat er z. B. den Kontakt zu einem neuen Partner in Seoul hergestellt. „Das war ein guter Weg, um direkt in Kontakt zu kommen. Dann ist die Nacharbeit entscheidend, um den Markt mit dem richtigen Partner und dem richtigen Produkt zu bearbeiten. Da sind wir gerade mittendrin: Der Vertrag ist unterschrieben, und wir sind bei der ersten Lieferung und beim Thema Marketing“, beschreibt Höss den Neuzugang in seinem Kundenstamm.

Aber selbst ein Exportprofi wie Höss hat mit den allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die sein Exportgeschäft beeinflussen, zu kämpfen. Da geht es ihm in seiner Nische nicht anders als Global Playern wie BMW oder Krones. Durch seinen engen Kontakt zu den Importeuren versucht er, diese Unabwägbarkeiten auszugleichen. Schwierig wird es dann, wenn der Einkäufer bei seinem Importpartner wechselt und alles wieder auf Anfang steht. „Dann muss man sich immer wieder neu vorstellen und die neuen Partner von seinen Produkten überzeugen.“ Fertig wird Hans-Hermann Höss also so schnell nicht. Aber wenn man mit ihm über sein Geschäft spricht, hat man auch nicht den Eindruck, dass er das möchte. Dazu hat er noch viel zu viele Ideen, die er mit seinen Partnern umsetzen will.

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