Die Flasche fährt, bevor es gärt
Die inhabergeführte Erdinger Weißbräu stellt in einem mehrjährigen Prozess ihre Abfüll- und Verpackungsanlagen auf flexiblere Technik um. Einer der Gründe dafür ist die zunehmende Nachfrage an unterschiedlichen Flaschentypen und neuartigen Gebinden.
Herzstück der Umrüstung ist eine Vario-line-Anlage von Krones, die Flaschen in unterschiedlichen Kartonagen zusammenfassen kann. Die Verpackung wird in der Produktionsstraße „on demand“ aufgefaltet: Das System kommt mit verschiedensten Zuschnitten zurecht und kann Verpackungsbestandteile flexibel kombinieren. Dadurch ist die Brauerei in der Lage, auftragsbezogen schneller auf Kundenwünsche zu reagieren.
Zwei komplette Produktionsstraßen und etliche Zusatz-elemente haben die Erdinger Brauer bei Krones geordert. Die Systeme bewältigen einen Durchsatz von jeweils rund 55 000 Flaschen pro Stunde. Die Anlagen sind durchweg mit Antriebstechnik von SEW-Eurodrive ausgerüstet, darunter neben dezentralen mechatronischen Movigear-Einheiten auch Getriebe- und Servomotoren. Gegenüber den alten Schneckengetriebemotoren erzielen die mechatronischen Antriebe 46 Prozent Einsparung. Schon zur Markteinführung erfüllten die Movigear-Einheiten den Standard IE4. „Gesetzlich vorgeschrieben war damals erst IE2“, sagt Kundenbetreuer Albert Schenker vom Drive Technology Center Süd der SEW-Eurodrive in Kirchheim bei München.
Der niedrige Energiebedarf bringt eine erhebliche Einsparung, denn die Transportstraßen in der Brauerei sind als Folge der komplexen Intralogistik viele Kilometer lang. Die Erdinger Weißbräu produziert jährlich rund 1,5 Mio hl Bier. Das Jungbier ist nach dem Abfüllen aber noch nicht genießbar. Es folgt eine dreiwöchige „Edelreifung“ in der Flasche bzw. im Fass in einem Hochregallager unter temperierten Bedingungen. Dieses Hochregallager befindet sich jedoch auf der anderen Straßenseite gegenüber der eigentlichen Brauerei, ebenso die Leergutsortieranlage. Unter der Straße verläuft daher ein 200 Meter langer Tunnel in bis zu fünf Metern Tiefe. Frisch abgefüllte Gebinde wandern durch diese Unterführung ins Lager, das Leergut läuft in demselben Tunnel zurück in die Produktion. Insgesamt drei Transportstraßen bilden diese firmeneigene U-Bahn, bestückt mit rund 160 Movigear-Systemen aus Bruchsal. Ein großer Vorteil dieser dezentralen Systeme: Die Anlage kann wegen des hohen Losbrechmoments der Antriebe nach dem Wochenende problemlos wieder angefahren werden. Eine Überdimensionierung der Motoren für diesen Zweck ist nicht erforderlich. Im Hochregallager werden rund 20 000 Palettenplätze in sechs, jeweils 20 Meter hohen Gassen von Regalbediengeräten organisiert. Rundherum verläuft ein vollautomatisches Palettentransportsystem. Diese Anlage und die Regalbediengeräte werden über Getriebemotoren von SEW-Eurodrive angetrieben: Seit dem Jahr 2010 hatte die Brauerei auch ihr Lager mit Unterstützung der SEW-Niederlassung Kirchheim modernisiert.
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Quelle
BRAUWELT 27, 2021, S. 688
Firmen
- SEW-Eurodrive GmbH & Co. KG, Bruchsal, Deutschland