Der direkte Nutzen für die Branche
Chicago im Juni 2014: Die American Society of Brewing Chemists (ASBC) und die Master Brewer Association of the Americas (MBAA) halten den zweiten „BrewingSummit“ in Chicago ab. Ein Vortrag folgt dem nächsten, zwischendurch erfolgt die Ehrung verdienter Brauer, die die verschiedensten Preise überreicht bekommen. Den Eric Kneen-Preis der ASBC für eine wissenschaftliche Arbeit, die „Honorary Life“-Mitgliedschaft der ASBC, den Brewery Award of Excellence der MBAA … Und wir? Haben wir keine Brauer, auf die wir stolz sein können? Wissenschaftler, die sich um die Forschung verdient gemacht haben?
Diese Fragen treiben mich um, während ich mir für die Berichterstattung in der BRAUWELT alle Namen und Verdienste notiere. Eigentlich sollte man auch … Aber wie könnte man eine solche Ehrung aufziehen? Wer würde seinen Namen für einen deutschen Forschungspreis in der Brauwirtschaft zur Verfügung stellen können? Während ich vor mich hin grübele, wer ein geeigneter Namensgeber sein könnte, fällt mein Blick auf meinen Nachbarn. Neben mir sitzt, fast 90 Jahre jung, top fit und trotz der langen Anreise in die USA auch schon morgens um 9 Uhr sehr aufmerksam bei der brauwissenschaftlichen Sache, Prof. Ludwig Narziß. Und dann ist eine Idee geboren …
Engagierte Ex-Doktoranden
Mittlerweile ist ein Jahr vergangen, in dem viele Pläne entstanden sind und wieder verworfen wurden. Doch hat sich nun ein Konzept herauskristallisiert, das wir Ihnen hier vorstellen möchten. An der Entstehung haben vor allem ehemalige Doktoranden von Prof. Narziß mitgeplant und organisiert. Beispielhaft seien hier Dr. Hans-Georg Eils, Dr. Horst-Gevert Bellmer, Dr. Adrian Forster und Dr. Jörg Lehmann als Vorsitzender des Verbandes ehemaliger Weihenstephaner (VeW) genannt. Der Dank gilt aber allen Doktoranden, die sich an der Preisgestaltung ideell wie finanziell beteiligt haben. Ihnen ist es zu verdanken, dass Prof. Narziß, der sein genaues Geburtsdatum nicht preisgegeben wissen möchte, zu seinem runden Geburtstag „im Herbst“ ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk gemacht werden kann: Zur BrauBeviale 2015 wird erstmals der Ludwig-Narziß-Preis für Brauwissenschaft verliehen.
Zum Wohle der Brauereien
Mit dem Ludwig-Narziß-Preis für Brauwissenschaft soll jene Veröffentlichung eines Jahrgangs der BrewingScience ausgezeichnet werden, deren Ergebnisse von besonderer Bedeutung für eine Umsetzung in die Brauerei-Praxis sind. Im Fokus steht also der Transfer von Wissenschaft in die Brauerei-Praxis hinein. Wer wäre besser geeignet als der langjährige Lehrstuhlinhaber des damaligen Lehrstuhls für Technologie der Brauerei I (heute Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie) Prof. Ludwig Narziß?
Der Namensgeber
„Sind Sie sich da sicher?“, fragt mich Prof. Narziß bescheiden, als ich ihn wegen eines Gespräches zur weiteren Gestaltung und zum Ablauf der Preisvergabe in Freising besuche. Das steht außer Frage. Prof. Narziß ist in seinen aktiven Jahren am Lehrstuhl derjenige Autor mit den häufigsten Publikationen in der damaligen Monatsschrift für Brauwissenschaft, der heutigen BrewingScience, und auch in der weniger wissenschaftlich, sondern mehr auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichteten BRAUWELT. Und das kam nicht von ungefähr.
Nach seiner Lehrzeit, Praxis und Studium des Brauwesens in Weihenstephan war Ludwig Narziß von 1951 bis 1953 als Betriebsberater an der Versuchsanstalt für Bierbrauerei in Nürnberg tätig. Um promovieren zu können, wechselte er auf eine gleiche Position an die Prüf- und Versuchsanstalt in Weihenstephan. Von 1958 bis 1964 war er erster Braumeister der Löwenbräu München, die damals größte Brauerei Bayerns mit zwei Mälzerei-Abteilungen. Steigender Bierausstoß, davon ein Drittel in den Export, Kapazitätserweiterung, Ersatzbeschaffung und reichlich Instandhaltungsarbeiten sorgten für ein erfülltes Tagwerk. Im April 1964 wurde er als Nachfolger von Prof. Karl Schuster auf den Lehrstuhl für Technologie der Brauerei I in Weihenstephan berufen. Hier nahm er viele Fragen aus der Praxis wie Filtrierbarkeit oder kolloidale und geschmackliche Stabilität mit in die Forschungsaktivitäten auf. „Ich kann mich aus eigener Erfahrung in die Rolle eines Betriebsleiters versetzen. Ich kenne die Nöte und Probleme, die man in der Position hat“, erinnert er sich …
Autoren
Lydia Junkersfeld
Quelle
BRAUWELT 27-28, 2015, S. 796-797
Veranstalter
- Fachverlag Hans Carl GmbH, Nürnberg; Verband ehemaliger Weihenstephaner der Brauerabteilung e.V., Türkenfeld